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Schicksalspfad Roman

Schicksalspfad Roman

Titel: Schicksalspfad Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Bourne
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sehen konnte. Die Augen hatte er geschlossen. Die Bierspritzer aus der Flasche blitzten im Licht auf. Er landete sicher auf beiden Beinen. Die Flasche schäumte über. Alle klatschten, nur Donny nicht.

5
    D ie letzte Stunde ihrer Schicht verbrachte Grace im Gespräch mit Anders, einem Pfleger aus Schweden, über dessen Eheprobleme. Anders vermutete, dass seine Frau eine Affäre hatte. Grace war zu müde, um sich weiter darauf einzulassen, und riet ihm, nicht irgendwelche voreiligen Schlüsse zu ziehen. Um acht holte sie ihre Tasche aus dem Schrank und ging hinaus. Sie wollte im Deli an der Ecke noch einen Kaffee trinken, ehe sie sich auf die lange U-Bahn-Fahrt nach Hause machte.
    Als sie am Bordstein stand, um die Straße zu überqueren, hörte sie hinter sich ein lautes Brummen. Sie drehte sich um und sah zu ihrer Überraschung Joanne hinter
sich auf ihrem großen, dröhnenden Motorrad. Ihre dunklen Haare quollen unter dem Helm hervor. Mit weit ausgebreiteten nackten Armen umklammerte sie fest die Lenkstange.
    »He, Sexy«, rief sie laut, um das Motorgeräusch zu übertönen. »Willst du aufsteigen?«
    »Was machst du denn hier?«, fragte Grace. »Arbeitest du nicht?« Aber Joanne war nicht in Uniform. Sie trug ihre engste Jeans und ein Top, das jede Menge von ihrem Busen zeigte. Ehrlich gesagt hatte Grace Joanne immer ein wenig um deren Busen beneidet. Zumindest hatte sie sich zuweilen gefragt, wie man sich damit fühlte.
    »Ich habe eine unglaubliche Nacht hinter mir«, rief Joanne. »Komm schon, ich erzähle dir auf dem Heimweg alles.«
    Grace zögerte. »Hast du getrunken?«, fragte sie.
    »Ein Bier«, erwiderte Joanne, »und zwar schon vor Stunden.«
    Grace glaubte es - Joanne wirkte nüchtern -, aber das beruhigte sie kaum.
    »Ich habe keinen Helm«, sagte sie.
    »Hier«, erwiderte Joanne, nahm den eigenen Helm ab und reichte ihn Grace. »Komm schon. Es ist in Ordnung.«
    Grace hielt den Helm in der Hand, als wüsste sie nicht genau, was sie damit anfangen sollte. »Aber du kannst doch nicht ohne Helm fahren«, sagte sie. »Das geht überhaupt nicht.«
    »Es sind doch bloß ein paar Meilen. Wie bin ich denn wohl vor drei Jahren in Griechenland herumgekurvt? Oder davor in Italien? Ich habe doch einen Beschützer.«

    Grace warf ihr einen knappen Blick zu. »Wen denn? Etwa den heiligen Antonius?«
    »Mach mir Tony ja nicht schlecht. Er hat sich immer schon gut um mich gekümmert.«
    Grace war nicht sehr überzeugt, aber es hatte etwas sehr Verführerisches, sich auf die Maschine zu setzen und die Kontrolle abzugeben. Es verlockte sie, diese Chance, sich an eine Grenze vorzuwagen. Doch wenn sie damit gerechnet hätte, einen Unfall zu haben, wäre sie nie aufgestiegen. Die Erschöpfung nach der langen Nachtschicht spielte allerdings bei ihrer Entscheidung, das Risiko einzugehen, eine Rolle. Sie war einfach zu müde, um die U-Bahn bis zur Endstation zu nehmen, um dann noch in einen Bus zu steigen. Sie hatte auch ziemliches Vertrauen in Joannes Fahrkünste - ob sie nun von einem Heiligen beschützt wurde oder nicht. Joanne schien irgendwie unverletzlich. Sie war wie Mr. Magoo, der tagtäglich nur um ein Haar irgendeiner Katastrophe auswich. Sie war Mr. Magoo auf Speed.
    »Okay«, sagte Grace, setzte den Helm auf und war plötzlich nicht mehr müde. »Fahr nur nicht zu schnell.«
    Dann stieg sie auf und schlang die Hände um Joannes Taille. Mit einem lauten Aufbrummen fuhren sie an und beschleunigten auf der First Avenue zu einem beängstigenden Tempo. Joanne hatte die grüne Welle erwischt. Grace versuchte, sich zu entspannen und die kühle Morgenluft zu genießen, während die Welt an ihr vorbeiflog: Schaufenster, Menschen, die Hunde ausführten, gelbe Taxis, offene Türen und gut gekleidete East-Side-Damen unterwegs zu ihrem Schönheitsalon. Mit den großen Sonnenbrillen wirkten sie wie Riesenkäfer.

    »Du rätst nie, wer auf der Party war«, brüllte Joanne gegen den Wind. »Rate mal.«
    »Keine Ahnung.«
    »Matt Conner und Farren Thrush.«
    »Ehrlich?«, rief Grace. Der Wind pfiff in ihrem Helm und peitschte ihre Haare. Sie kannte die Namen zwar, konnte sich aber die Gesichter dazu nicht vorstellen.
    »Alles nur wegen Donny«, fuhr Joanne fort. »Er schneidet Farren die Haare. Sie ist eine richtige Zicke, falls dich das interessiert.«
    Hör auf zu reden und konzentrier dich aufs Fahren, hätte Grace am liebsten gesagt, doch sie wusste auch, dass Joannes Konzentration beim Reden immer noch schärfer wurde.

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