Schicksalspfad Roman
Nachricht hinterlassen, als sie erfahren hatte, dass man Matt auf ihre Intensivstation verlegen würde. Jetzt nahm sie flüsternd das Gespräch entgegen. »Ich bin in der Kapelle im Krankenhaus. Hast du meine Nachricht bekommen?«
»Yeah, tut mir leid. Ich war wieder eingeschlafen. Kommst du vorbei, oder soll ich dich irgendwo treffen?«
»Treffen?«
»Wegen der Medizin.«
Das Morphium! Joanne hatte es völlig vergessen. »Du meinst jetzt?«
»Yeah. Jetzt. Ich nehme ein Taxi und bin in zwanzig Minuten bei dir. Hallo?«
»Ich bin müde, Donny, und ich kann hier nicht reden. Hast du meine Nachricht wegen Matt Conner bekommen? Er ist hier im Krankenhaus, auf meiner Station …«
»Matt Conner ist mir doch scheißegal«, erwiderte Donny. »Meine Arme bringen mich fast um. Können wir uns treffen, oder willst du mich noch länger leiden lassen?«
Leiden! Das war das Schlimmste, was er sagen konnte. Es war ihre Aufgabe, Leiden zu lindern. Das war ihre Berufung. Sie konnte ihn nicht leiden lassen.
Aber wie konnte sie sicher sein, dass dies nicht zur Gewohnheit werden würde? Donny hatte es versprochen, aber konnte man sich darauf verlassen?
»Äh … warte mal«, antwortete Joanne und versuchte nachzudenken. Da begann Donny sie anzubrüllen, und Joanne beendete das Gespräch. Sie war immerhin in der Kapelle, und er hörte ihr nicht einmal zu! Klar, er litt Schmerzen. Aber Matt Conner stand auf der Schwelle des Todes, und Donny war das völlig egal!
Sie wusste, dass es Wahnsinn war, für ihn Medikamente zu stehlen. Sie fragte sich nun, wie er sie dazu überreden
konnte. Warum hatte sie es bloß getan? Um sich bei ihm einzuschmeicheln? Ihn von sich abhängig zu machen? Um ihn auf Abstand zu halten?
Das Handy klingelte. Okay , dachte Joanne. Ich rede ihm gut zu.
» Hallo?«, sagte sie.
»Warum hast du das Gespräch abgebrochen?«
»Wie kannst du nur so egoistisch sein? Der Mann ist nur knapp dem Tod entkommen, und du denkst bloß an deine … blöden Arme.« Joanne hörte ein Klicken. »Hallo? Donny?«
»Hmmm«, dachte Joanne. »Blöd hätte ich nicht sagen dürfen. Donny mochte es nicht, wenn andere ihn so bezeichneten.
Sie beschloss, zurück nach Turtle Island zu rasen, weil sie das dumme Gefühl hatte, dass Donny unterwegs zum Krankenhaus war.
12
U m Punkt acht Uhr trug Cherry schnell alles in die Karteikarten ein und rannte zum Lift, ohne sich von Grace zu verabschieden, die dabei war, sich mit ihrem prominenten Patienten und dessen Team vertraut zu machen. Grace war die offensichtliche Wahl für diesen Job, eine ausgezeichnete Krankenschwester mit genügend Reife und Erfahrung, um einen Hollywoodsuperstar zu pflegen. Cherry hätte zwar liebend gerne allen Freunden
und Angehörigen zu Hause erzählt, dass sie selbst Matt Conner pflegte, aber alle ihre Gedanken und Gefühle waren derzeit von Rick gefesselt. Matt Conner spielte für sie kaum eine Rolle.
Draußen zog sie das Oberteil ihrer rosa Uniform aus. Darunter trug sie ein enges graues T-Shirt, auf dem in roten Lettern »Cowgirl« stand, und ging in Richtung Süden statt zur U-Bahn. Irgendwie trieb ein Instinkt sie dazu. Sie musste zu Ricks Wohnung. Die ganze Schicht über war sie nervös gewesen, voller intensiver, widerstreitender Emotionen. Sie fragte sich, warum Rick sie noch nicht angerufen hatte. Ihr war natürlich sonnenklar, dass es weniger als vierundzwanzig Stunden her war, dass sie sich getrennt hatten, aber sie verstand nicht, warum er sie nicht bei der Arbeit angerufen hatte, nur um ihr zu sagen, dass er an sie dachte. Nicht, dass es bedeutete, dass er überhaupt nicht anrufen würde … vielleicht wollte er nicht allzu aufdringlich sein? Sie wollte bloß wissen, ob er sich wieder mit ihr treffen wollte, oder ob das gestern ein Einzelfuck gewesen war.
Rick wohnte in einem Gebäude mit Portier auf der 66. East - so betrunken sie gestern auch gewesen war, sie hatte sich seine Adresse gemerkt. An vieles in der Wohnung selbst konnte sie sich nicht erinnern, außer, dass das Bad dringend geputzt werden musste und es keine Extrazahnbürste gab, mit der sie sich hätte die Zähne putzen können.
Da hatte Cherry eine Idee. Sie ging in die nächste Drogerie, kaufte eine Flasche Scheuermittel, ein paar Schwämme und eine Zahnbürste. Anschließend kaufte sie in einem Delikatessengeschäft eine teure Tafel Bitterschokolade.
Fast hätte sie ihm noch eine Flasche Wein gekauft, überlegte es sich aber. Sie wollte ihn nicht überschütten.
Mit den
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