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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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Däne, dafür zahlst du uns!«
    Wie schon bei Seyfried handelte Eriks Körper, bevor sein Verstand wusste, was er tat. Ein schneller Faustschlag ins Gesicht seines Gegners, dann ein Tritt in dessen Gemächt. Stöhnend brach der Mann zusammen. Hinter ihm keuchte Brida hörbar auf.
    Gerade als sein Verstand wieder einsetzte und der Schmerz in der Brustwunde etwas nachließ, brach die Hölle los. Von allen Seiten wurde er gepackt, steckte Schläge ein, wollte sich wehren, doch es waren zu viele. Man riss ihm die Arme nach hinten und trat ihm so heftig in die Kniekehlen, dass er stürzte. Irgendwer stemmte ihm ein Knie schmerzhaft in den Rücken und hielt ihn am Boden fest. Er hörte Brida schreien, sie sollten ihn loslassen. Keiner beachtete sie. Ihre Stimme verstummte. Hatten sie ihr etwa was angetan? Vergeblich versuchte er, den Kopf in ihre Richtung zu drehen.
    »Los, hängt den Kerl auf!«, brüllte einer. Erik wurde hochgerissen, kam auf die Füße, versuchte zu treten, sich zu wehren. Ein Faustschlag traf ihn im Gesicht, er schmeckte Blut. Für einen Moment verschwamm alles vor seinen Augen. Sie zerrten ihn zum erstbesten Speicher. Jemand warf ein Seil über den Lasthaken.
    »Nu macht schon!« Das war Seyfrieds Stimme. Verzerrt, näselnd. Eine Schlinge tauchte vor Eriks Kopf auf. Mit aller Kraft wehrte er sich dagegen, aber der Mann, der ihm die Arme auf den Rücken gedreht hatte und seine Handgelenke mit eisenhartem Griff umschloss, zwang ihn erneut in die Knie. Auf einmal war all seine Kraft aufgezehrt. Der letzte Funke Lebenskraft hatte nicht gereicht, sich der Gegner zu erwehren. Selbst wenn ihn niemand mehr gehalten hätte, er bezweifelte, dass er noch die Kraft hatte, sich wieder zu erheben. Erst jetzt bemerkte er, dass sein Hemd blutig war. Seyfrieds Schlag hatte seine Wunde wieder aufbrechen lassen. Alles, was jetzt noch blieb, war, Würde zu bewahren. Trotzig hob er den Kopf und sah dem Mann, der die Schlinge hielt, herausfordernd in die Augen.
    Da kam plötzlich erneut Tumult auf. Der Mann mit der Schlinge wurde niedergerissen. Der harte Griff, der ihm die Arme auf den Rücken gezwungen hatte, lockerte sich und ließ ihn schließlich ganz los.
    »Was’n nu los?«, brüllte einer. Das hätte Erik auch gern gewusst. Er brauchte eine Weile, bis er begriff. Die Seeleute, die zu dem Kraier gehörten, kamen ihm zu Hilfe. Warum? Dann sah er Brida mitten unter ihnen. Er wollte sich aufrichten, aber er kam einfach nicht mehr auf die Füße. Das blutige Hemd klebte kühl und feucht auf seiner Haut.
    Eine Stimme, lauter als alle anderen. Befehlsgewohnt.
    »Was geht hier vor?«
    Etwas abseits stand ein Mann von etwa Mitte dreißig. Seiner Kleidung nach schien er zu den Oberen der Stadt zu gehören. Allein die reich bestickte dunkelblaue Heuke, die er zum Schutz vor dem Wetter trug, musste ein Vermögen gekostet haben. Erik atmete tief durch. Einen ähnlichen Umhang hatte sein Vater getragen. Sein Vater … Vater … Name? Gesicht? Verdammt, wieder nur der weiße Nebel, der alles verschluckte.
    »Wir … äh …« Seyfried war vorgetreten. »Herr Stadtrat, dieser Däne hat mich angegriffen.« Er wies auf Erik, der immer noch am Boden kniete.
    »Das ist nicht wahr!«, rief Brida. »Der Seyfried ist als Erster auf ihn losgegangen. Erik hat sich nur gewehrt.«
    Das war also der Stadtrat. Erneut versuchte Erik, sich aufzurappeln. Wieder vergeblich. Einer der Seeleute reichte ihm die Hand und half ihm auf die Beine.
    »Ihr seid also der geheimnisvolle Gast von Kapitän Hinrich.« Der Stadtrat kam näher und musterte ihn von oben bis unten.
    »Das is ’n dänischer Spion!«, brüllte Seyfried. »Weiß doch jeder hier.«
    »Dann weißt du mehr als ich, Seyfried«, fuhr der Stadtrat dem Schreihals über den Mund. »Obwohl – es gibt so einiges zu überprüfen. Vor allem Eure Herkunft, Herr Erik. Oder könnt Ihr uns inzwischen schon wieder Auskunft über Eure Verhältnisse geben?«
    Erik schluckte. Zwar klangen die Worte des Stadtrats nicht so kalt wie die des Pfarrers, aber auch sie waren nicht frei von Misstrauen.
    »Wenn ich es könnte, täte ich es gern«, antwortete er.
    »Der lügt doch, wo er’s Maul aufmacht!«, schrie Seyfried. »Man sollte dieses dänische Pack allesamt totschlagen.«
    Vom Kirchberg her näherte sich ein weiterer Mann. Pfarrer Clemens. Ob er den Vorfall von oben beobachtet hatte? Oder hatte ihn jemand gerufen?
    Die Männer machten ihm Platz, sogar der Stadtrat trat einen Schritt beiseite,

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