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Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Titel: Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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daß Sie Miß Dwoning nur flüchtig kannten", meinte Morry.
    „Das stimmt genau. Aber es stimmt auch, daß die Zeitungen alles ungeheuerlich aufgebauscht hätten. Sie kennen doch die Leute aus der Fleet-Street. Die brauchen Sensationen, und wenn ihnen die Umwelt keine echten zur Verfügung stellt, bauschen sie harmlose Dinge zu Sensationen auf. Papier ist geduldig und eine knallige Schlagzeile ist ohne Rücksicht auf die Existenz eines Menschenlebens rasch zusammengebastelt."
    „Hm", machte Morry.
    Graham legte ein Bein über das andere. „Wie haben Sie eigentlich herausgefunden, daß ich die Tote kannte. Ich erinnere mich nicht, ihr jemals einen Brief geschrieben zu haben."
    „Ich entdeckte unter den Büchern der Ermordeten einen Roman, der Ihr ex libris trägt."
    „Ach so . . . ja, ich lieh ihr zuweilen ein Buch."
    „Zuweilen? Demnach kamen sie also häufiger mit ihr zusammen?"
    „Häufiger? Wir haben uns insgesamt wohl acht- oder zehnmal gesehen und gesprochen. Hinzu kommen drei oder vier Telefonate. Ich fand Miß Dwoning hübsch und geistreich, und ich kann Ihnen von Mann zu Mann gestehen, daß ich zuweilen meine Sympathie etwas durchschimmern ließ . . . denn Miß Dwoning gab mir zu verstehen, daß sie verlobt sei und im übrigen den Mann ihrer Wahl liebe. Ja, sie liebte ihn wirklich", fügte Graham mit grimmiger Erregung hinzu, „und ich zittere noch jetzt vor Empörung bei dem Gedanken, daß dieser Mann sie tötete..."
    „Wo und unter welchen Umständen lernten Sie sie kennen?"
    „Auf dem White Roses Ball, den ich alljährlich mit meiner Frau besuche. Miß Dwoning befand sich in Begleitung ihres Onkels, eines Mr. Hobbart, der im Aufsichtsrat der Bank of England sitzt, und den ich durch meine verstorbenen Eltern gut kenne. Wir wurden einander vorgestellt und ich tanzte einige Male mit Miß Dwoning."
    „Und?"
    „Kein und, Kommissar. Das war alles. Zunächst jedenfalls. Etwa vierzehn Tage später traf ich Miß Dwoning ganz zufällig in der Lounge des Ritz-Hotels, wo ich einen ausländischen Diplomaten erwartete."
    „Haben Sie eine Ahnung, was Miß Dwoning dort tat?"
    „Nein, Sir. Ich fragte natürlich nicht, und sie sah ebenfalls keine Veranlassung, mir ihre Gegenwart zu erklären. Nun, wir kamen ins Gespräch und entdeckten dabei einige gemeinsame Interessen. Ich trug ein Buch unterm Arm, ,The Stubborn Heart' von Frank G. Slaughter, und sie sagte, daß sie die Absicht habe, den Roman zu lesen. Daraufhin gab ich ihr das Buch mit, mußte aber versprechen, es nach vierzehn Tagen persönlich wieder abzuholen. Als Leihgebühr, wie sie das scherzend nannte, sollte ich eine Einladung zum Tee annehmen."
    „Sie waren demnach bei ihr in der Wohnung?"
    „Insgesamt dreimal, Kommissar. Immer zum Tee, niemals abends . . . wenn Sie verstehen, was ich meine."
    „Wann war es das letzte Mal, daß Sie Miß Dwoning gesehen und gesprochen haben?"
    „Vier Tage vor ihrem Tod."
    „Wo war das?"
    „In der Regent-Street, Sir. Wieder eine Begegnung durch puren Zufall. Wir hatten uns vorher gut einen Monat nicht gesprochen und kamen in ein lebhaftes Gespräch."

„Wurden Sie dabei von irgend jemand beobachtet?"
    Graham hob verwundert die Augenbrauen. „Wer hätte uns beobachten sollen?"
    Morry lächelte. „Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Ich meine: wurden Sie gesehen? Ich persönlich kann keine fünf Minuten auf der Regent-Street stehenbleiben, ohne nicht von diesem oder jenem Bekannten begrüßt zu werden. Manchmal finde ich, daß die Regent- und Oxford-Street die gleiche Aufgabe erfüllen, wie der Markt eines Provinzstädtchens. Es läßt sich nicht vermeiden, dort gesehen zu werden."
    „Ach so? Ja, ich habe schon ähnlich empfunden, und mir ist es bereits genauso ergangen, — aber an dem betreffenden Tag sah ich kein mir vertrautes Gesicht."
    „Fiel Ihnen an Mrs. Dwoning irgend etwas auf? War sie anders als sonst . . . hektisch vielleicht, nervös?"
    „Sie war so frisch und gut gelaunt wie immer. Wenn Sie auf gewisse Anzeichen von Depression anspielen, auf eine Vorahnung dessen, was sie erwartete, muß ich Sie enttäuschen. Im Gegenteil, sie war die personifizierte Heiterkeit."
    „Worüber unterhielten Sie sich?"
    „Ueber dieses und jenes, über Nichtigkeiten. Ja, über das Ascot Rennen. Und über den Skandal um ,Lady Chatterley‘. Ich versprach ihr, in den nächsten Tagen einmal anzurufen . . . aber ich kam nicht mehr dazu."
    Morry erhob sich plötzlich so abrupt, daß Graham aus seiner

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