Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry
Zusammenprall mit dem Mast führte.“
„Halten Sie diese Behauptung denn für glaubwürdig?"
„Nein. Mir erscheint sie unsinnig, aber es könnte ja sein, daß die Polizei den Fall erneut auf gegriffen hat. Versicherungen sind ja sehr hartnäckig, wenn es um die Wahrung ihrer finanziellen Interessen geht."
„Das wird allgemein behauptet. Mir jedenfalls ist nichts davon bekannt, daß meine Dienststelle sich mit diesem Problem beschäftigt.“
„Darf ich erfahren, was Sie nun wirklich zu mir geführt hat?"
„Es handelt sich um Patricia Dwoning, Mr. Graham", sagte Morry und blickte Graham mit gesammelter Aufmerksamkeit an.
Der Hausherr hielt dem Blick des Kommissars ruhig stand. „Das ist es also", sagte er.
„Ja, das ist es."
„Sie glauben doch nicht etwa, daß ich etwas mit ihrem Tod zu schaffen haben könnte?"
„Es geht nicht um das, was ich glaube, Mr. Graham ... es kommt darauf an, möglichst viele Informationen und Einzelheiten zu sammeln, um den Mörder zu stellen."
„Sie sprechen von Mr. Crane, vermute ich?"
„Ich habe keinen Namen genannt."
„Aber es ist doch erwiesen, daß Crane das Mädchen getötet hat, nicht wahr?"
„Es liegen einige Hinweise vor . . . aber wenn Sie mich fragen, so bin ich mit der Sachlage nicht ganz einverstanden. Alles ist ein wenig zu simpel, zu gewollt einleuchtend."
Graham schüttelte den Kopf. „Manche lieben's kompliziert", meinte er.
„Ich nicht. Aber ich bin ein Mann, der etwas von den Gesetzen der Logik hält, und wenn die Logik so fugenlos aneinander gekittet ist, wie im Fall Crane, schlägt bei mir die Wirkung leicht ins Gegenteil um . . . alles erscheint mir dann plötzlich unglaubhaft."
„Was Sie sagen, kommt mir sensationell vor."
„Finden Sie?"
„Naja . . . das ist ein gefundenes Fressen für die Zeitungen! Scotland Yard glaubt an Cranes Unschuld'! Was meinen Sie wohl, würde der Durchschnittsleser zu dieser Schlagzeile sagen?"
„Gar nichts", meinte der Kommissar trocken, „denn er wird sie nie zu Gesicht bekommen. Ich bin nicht Scotland Yard, Mr. Graham, und der Standpunkt, den ich Ihnen gegenüber vertrete, ist absolut inoffizieller Natur. Wir haben guten Grund, den Steckbrief auch weiterhin aufrecht zu halten."
„Haben Sie eine Theorie, wo sich Crane aufhalten könnte?" erkundigte sich Graham.
„Irgendwo in der Nähe", sagte der Kommissar trocken.
Grahams Mundwinkel senkten sich. Er hatte plötzlich das Gefühl, einen Schritt zu weit gegangen zu sein.
„In der Nähe?" fragte er heiser.
Der Kommissar nickte. „Addington ist eine ideale Gegend für Leute, die einen Unterschlupf suchen. Große Parks, verwilderte Grundstücke, verlassene Villen . . . nun, Sie wissen, wie ich das meine."
„Hat man ihn denn gesehen?"
„Bereits einige Male. Wir erhielten schon eine ganze Reihe von Hinweisen aus der Bevölkerung . . . leider immer zu spät. Erst heute morgen rief uns der Wirt eines Lokals an, wo Crane frühstückte. Als unser Streifenwagen dort eintraf, war Crane bereits wieder verschwunden."
„Hat ihn der Wirt denn nicht aufzuhalten vermocht?"
„Das sagt man so leicht, Mr. Graham. Sie vergessen, daß die meisten Menschen in Crane. einen gemeingefährlichen Mörder, einen verzweifelten Desperado sehen. Sie betrachten ihn als einen bewaffneten Mann, der vor nichts zurückschreckt. Kein Wunder also, daß niemand den Mut findet, ihn zu überrumpeln. Aber wir kriegen ihn schon noch . . . und zwar sehr bald."
„Sie haben eine Spur?"
Morry winkte ab. „Lassen wir Cranes Festnahme einmal beiseite. Kannten Sie ihn eigentlich?"
„Ich habe seine Bilder in der Zeitung gesehen."
„Aber sie kannten seine Verlobte, nicht wahr?"
„Ja . . . flüchtig.“
„Warum haben Sie sich nach Patrica Dwonings Ermordung nicht bei uns im Yard gemeldet? Sie wußten, daß wir dringend Zeugen suchten."
„Ich hätte nichts bezeugen können, Kommissar."
„Mag sein. Immerhin hätten Sie uns ein paar wichtige Dinge über die Lebensgewohnheiten der Toten zu erzählen vermocht."
„Das bezweifle ich. Ich weiß herzlich wenig von ihr."
„Oft sind es die scheinbar nichtigsten Kleinigkeiten, die uns weiterhelfen, Mr. Graham. Warum sind Sie nicht zu uns gekommen?"
„Ist das so schwer zu erraten, Kommissar? Ich stehe im diplomatischen Dienst und bin verheiratet. Es wäre weder für meinen persönlichen noch für meinen dienstlichen Ruf gut gewesen, im Zusammenhang mit der peinlichen Mordaffäre genannt zu werden."
„Sie sagen doch selbst,
Weitere Kostenlose Bücher