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Schiffbruch Mit Tiger

Schiffbruch Mit Tiger

Titel: Schiffbruch Mit Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yann Martel
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gewusst, dass Sie einen Sohn haben«, sage ich. Ein kleiner Mischlingsköter, schwarzbraun, kommt auf mich zu, hechelnd und schnüffelnd. Er springt an meinem Bein hoch. »Oder einen Hund«, füge ich hinzu.
    »Der tut keinem was. Tata, lass das!«
    Tata denkt gar nicht daran zu gehorchen. Ich höre ein weiteres »Hallo«, aber nicht so knapp und energisch wie Nicks Gruß. Ein lang gezogenes, näselndes und ein wenig weinerliches Hallooooooooo, das oooooooo nach mir ausgestreckt wie ein Finger, der mir auf die Schulter pocht, oder ein leises Ziehen am Hosenbein.
    Ich drehe mich um. Ans Wohnzimmersofa gelehnt steht ein kleines braunes Mädchen, hübsch in ihrem rosa Kleid, und blickt schüchtern zu mir auf. Sie hält eine gelbliche Katze in den Armen. Nur zwei ausgestreckte Vorderpfoten und der Kopf sind über ihren gekreuzten Armen zu sehen, der Rest hängt hinunter bis zum Boden. Der Katze macht es anscheinend überhaupt nichts aus, dass sie so aufs Streckbett gespannt wird.
    »Und das ist Ihre Tochter?«, sage ich.
    »Ja. Usha. Usha, Schatz, meinst du, das gefällt Moccasin, wenn du ihn so hältst?«
    Usha lässt Moccasin fallen. Er geht zu Boden, als sei nichts dabei.
    »Hallo, Usha«, sage ich.
    Sie läuft zu ihrem Vater und versteckt sich hinter seinem Bein.
    »Was machst du denn da, meine Kleine?«, fragte er. »Warum versteckst du dich?«
    Sie antwortet nicht, sieht mich an, lächelt und verbirgt dann wieder ihr Gesicht.
    »Wie alt bist du, Usha?«, frage ich.
    Sie bleibt stumm.
    Da beugt Piscine Molitor Patel, besser bekannt als Pi Patel, sich hinunter und hebt seine Tochter hoch.
    »Na, die Frage kannst du doch beantworten, oder? Hmmm? Du bist vier Jahre alt. Eins, zwei, drei, vier.«
    Bei jeder Zahl stupst er sie sanft mit dem Zeigefinger auf die Nase. Sie findet das ungeheuer lustig. Sie kichert und vergräbt ihren Kopf an seinem Nacken.
    Diese Geschichte nimmt ein gutes Ende.

Kapitel 37
    Das Schiff sank. Es gab einen Ton von sich wie ein riesiges metallisches Rülpsen. Sachen blubberten an der Oberfläche, dann verschwanden sie. Alles brüllte: der Wind, die See, mein Herz. Vom Rettungsboot sah ich etwas im Wasser.
    »Richard Parker«, rief ich, »Richard Parker, bist du das? Richard Parker! Wenn doch nur der Regen aufhören würde! Richard Parker, tatsächlich!«
    Ich konnte seinen Kopf sehen. Mit aller Macht kämpfte er, um über Wasser zu bleiben.
    »Jesus, Maria, Mohammed und Vishnu, was für ein Glück, dass du da bist, Richard Parker! Nicht aufgeben, bitte. Komm ins Rettungsboot. Hörst du die Trillerpfeife? PRRRIIII
! PRRRIIII ! PRRRIIII !
Ja, hier bin ich. Du musst nur schwimmen. Schwimmen! Du bist doch ein guter Schwimmer. Keine dreißig Meter!«
    Er hatte mich gesehen. Er war in Panik. Jetzt schwamm er auf mich zu. Rings um ihn schlugen die Wellen hoch. Er sah klein und hilflos aus.
    »Richard Parker, kannst du glauben, was mit uns geschehen ist? Sag mir, dass es ein böser Traum ist. Sag mir, es ist alles nur Einbildung. Sag mir, dass ich noch in meiner Koje auf der Tsimtsum liege, ich wälze mich, ich strample, und gleich erwache ich aus dem Alptraum. Sag mir, dass ich noch immer glücklich bin. Mutter, mein sanfter, kluger Schutzengel, wo bist du? Und du, Vater, mein Peiniger aus Liebe? Wo bist du, Ravi, strahlender Held meiner Kindheit? Vishnu schütze mich, Allah stehe mir bei, Christus errette mich, allein bin ich verloren. PRRRIIII
! PRRRIIII ! PRRRIIII !«
    Körperlich war ich unversehrt, doch nie hatte ich so unglaublichen Schmerz gespürt, ein solches Zucken der Nerven, ein solches Stechen im Herzen.
    Er schaffte es nicht. Er würde ertrinken. Er kam kaum noch voran, und seine Bewegungen waren schlaff. Immer wieder tauchte der Kopf halb unter. Nur die Augen waren fest auf mich gerichtet.
    »Was ist denn mit dir, Richard Parker? Hängst du denn gar nicht am Leben? Dann schwimm! PRRRIIII
! PRRRIIII ! PRRRIIII !
Kräftig, mit den Beinen! Und stoßen! Und stoßen! Und stoßen!«
    Man sah, wie er sich im Wasser einen Ruck gab und schwamm.
    »Und was ich sonst noch an Familie hatte - Vögel, Säuger, Reptilien? Auch sie ertrunken. Alles, was mir im Leben lieb war, jedes einzelne Ding, ist verloren. Und ich bin nicht einmal eine Erklärung wert? Ich durchleide die Hölle, und kein Wort aus dem Himmel? Da frage ich dich, Richard Parker, wozu ist denn dann all unsere Klugheit gut? Haben wir unseren Verstand nur, dass wir durchs Leben kommen - für Nahrung, Kleidung, Unterkunft? Warum hat

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