Schiffbruch und Glücksfall
Tierchen.
»Maumauau!«
Katzensorgen
Soquette hätte es den Menschenfrauen zu gerne erklärt, aber natürlich war ihr klar, dass sie weder besonders gut ihre Sprache verstanden, noch dass sie sehen konnten, was sie sah. Es war nämlich nicht ihre Schuld, dass ständig Porzellan und Glas zu Bruch gingen.
Trübsinnig kroch sie unter ihre Lieblingshortensie, die weiße, die so hübsch zu ihren Pfoten passte. Wenn ihr doch nur eine Lösung einfallen würde.
Es war ein Revierkampf. Und in Revierkämpfen kannte sie sich eigentlich aus und blieb meistens Siegerin. Nur hier nicht.
Als sie vor vier Jahren als Tochter einer freilebenden Strandkatze zur Welt gekommen war, bestand das Leben von Beginn an aus Kampf. Schon Maman hatte ihr beigebracht, wie man sein Herrschaftsgebiet markierte und verteidigte. Und als sie entwöhnt war, hatte sie sich einen angenehmen Unterschlupf gesucht, einen Stall mit einem Esel und einer Ziege, die sich nicht viel zu sagen hatten, sie aber ungestört mausen ließen. Hin und wieder hatte sie sich ans Meer gewagt und einem der Angler Fische aus den Eimern stibitzt. Ein Kater fand sich auch eines Tages, und nach gut einem Jahr war sie stolze Mutter von vier Jungen. Die hatte sie in diesen Garten hier geschleppt, und die Frau hatte sie ihr weggenommen und bei anderen Menschen untergebracht, als sie alt genug waren, um ihr eigenes Leben zu führen. Das war so weit in Ordnung. Nicht so in Ordnung war, dass sie sie selbst eingefangen und zu einem Veterinär gebracht hatte.
Diese Zeit wollte Soquette lieber vergessen. Sie hatte geschmollt und war wieder in die Düne gezogen. Vor allem, weil auch im und um das Haus selbst ständig Krach herrschte.
Dennoch fand sie jeden Abend eine Schüssel mit Knabberfutter auf der Terrasse, und weil der Winter eine magere Zeit war, gewöhnte sie sich daran, sich zum Speisen dort einzufinden.
Im Frühjahr wagte sie sich erstmals in die Küche.
Das war richtig gut. Da gab es Köstlichkeiten über Köstlichkeiten.
Mit dem Schmollen hatte sie aufgehört und sich angewöhnt, auf den Namen Soquette zu hören. Söckchen – das passte zu ihr und den hübschen weißen Pfötchen, die sie immer sorgsam sauber hielt.
So weit war das alles gut, und Marie-Claude mochte sie wirklich. Ihre Maman Paulette auch. Und den Mann, der immer mal wieder ein paar Wochen dort lebte, ebenfalls. Sie mochte auch Simon und Yves, die häufig in der Küche saßen und ihr immer ein Häppchen von ihrem Futter abgaben. Vorzugsweise fetten Käse. Manche Gäste mochte sie nicht, aber es war ihr ein Leichtes, denen aus dem Weg zu gehen.
Wem es nicht gelang, ihr aus dem Weg zu gehen, war Gwenaëlle.
Gwenaëlle war ein Miststück. Ein spitzohriges, hämisches, braunhaariges Miststück, das darauf bestand, dass das Haus ihr gehörte, weil sie früher da war als Soquette und die Menschen und alles und darum Vorrechte genoss.
Dabei tat sie überhaupt nichts für die Bewohner. Weder beschnurrte sie sie, wenn sie müde oder traurig waren, noch strich sie ihnen zur Begrüßung liebevoll um die Beine, und Mäuse brachte sie auch nicht mit. Sie hing einfach immer irgendwo im Zimmer oder im Garten herum, sangsich komische Lieder, und wenn Sturm war, heulte sie im Kamin.
Vor allem aber kam sie jeden Tag in der Morgen- wie in der Abenddämmerung aus ihren Ecken und machte Soquette das Futter streitig.
Nicht alles, aber die Sahne.
Es war zum Kotzen.
Es führte jedes Mal zu Streit, weil Gwenaëlle sie am Schwanz zog, sowie sie ihre Zunge in die Schüssel tauchte. Oder sie piekste sie in den Hintern. Oder kniff ihr in die Ohren. Und dann lief sie weg, und Soquette musste hinterher. Über Tisch und Stühle – ja, und dabei fielen manchmal Sachen zu Boden. Weil diese dämliche Korrigane sie umschubste.
Die, nicht sie – Soquette.
Und während sie dann gescholten wurde, schleckte diese Miniatur-Schreckschraube das Schüsselchen leer.
War nett, dass diese neue Frau, die Kelda, sie trotzdem gestreichelt und getröstet hatte.
Scherbenhaufen
Kelda hatte auch am nächsten Tag lange geschlafen, ein wunderbares Frühstück vorgesetzt bekommen und dann für Marie-Claude einige Einkäufe erledigt. Als die ersten Gäste kamen, half sie ihr auch wieder bei dem Mittagsansturm. Zu ihrer großen Freude brachte Paulette ihr dabei bei, wie man den Crêpe-Teig hauchdünn gebacken bekam, ohne dass er anbrannte. Na gut, nicht jedes Mal. Die vier Veteranen machten zwar launige Bemerkungen darüber, beschwerten sich
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