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Schiffbruch und Glücksfall

Schiffbruch und Glücksfall

Titel: Schiffbruch und Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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lange keine Katze mehr bei mir gemacht«, flüsterte sie und kam näher.
    Soquette schnurrte lauter. Sie konnte nicht anders, sie war ein mitfühlendes Wesen. Gwenaëlle schmiegte sich vorsichtig an sie, und ihre hauchzarten Flügel begannen zu vibrieren. Mit ihren langgliedrigen, zarten Fingern kraulte sie das Katzenfell im Nacken, und das Schnurren wurde noch heftiger. Zufrieden saßen die beiden für eine langeWeile unter dem sich mehr und mehr verdüsternden Himmel.
    Die Harmonie nahm jedoch ein jähes Ende, als Kelda mit dem Sahneschälchen in der Hand auf die Terrasse trat.
    Gwenaëlle zuckte auf und flatterte hoch.
    »Meins!«, quiekte sie.

Geschichtsforschung
    Es war im Laufe des Nachmittags immer schwüler geworden, und am Abend lag Soquette sozusagen mit hängenden Ohren zwischen den Stockrosen an der Terrasse. Kelda hatte das übliche Sahneschälchen in der Hand und dachte an nichts Böses, als sie plötzlich wie von der Tarantel gestochen aufsprang, ihr die Krallen ins Hosenbein schlug und versuchte, sie zu beißen.
    »Soquette, spinnst du denn?«
    Kelda verschüttete die Sahne und versuchte, die wildgewordene Katze loszuwerden. Sie war froh, dass sie Jeans mit langen Beinen angezogen hatte und nicht in kurzen Hosen herumlief.
    Soquette blitzte sie rachsüchtig mit ihren grünen Augen an und versuchte erneut, sie zu beißen. Dann ließ sie urplötzlich von ihr ab und hetzte über Tische und Stühle. Zwei Väschen mit Rosen gingen zu Bruch, ein Kerzenleuchter schepperte zu Boden.
    Kelda stand verdattert mit dem leeren Schälchen in der Hand in der Tür und fragte sich zum wiederholten Male, was dieses Untier dazu antrieb, sich dermaßen aufzuführen.
    »Ist sie ist schon wieder durchgedreht?«, fragte Marie-Claude hinter ihr.
    »Ja, erst hat sie mich angefallen, dann ist sie losgeschossen wie ein Kugelblitz. Heute gibt es keine Sahne mehr. Ich wische das auf.«
    »Lass nur, ich mache das schon. Wir bekommen ein Gewitter. Wahrscheinlich liegt es daran. Nicht nur wir Menschen spüren den herannahenden Sturm.«
    »Da ist wohl etwas dran. Es ist wahnsinnig stickig. Ich gehe noch ein Stückchen den Zöllnerpfad lang.«
    »Bleib nicht zu lange. Das Wetter kommt schnell hier!«
    Marie-Claude hatte recht, das Gewitter kam keine Stunde später von See, und es war ein spektakulärer Anblick. Kelda war froh, dass sie ihn von ihrem Zimmerfenster aus genießen konnte. Soquette war hinter ihr die Stiege hochgeschlichen und hatte sich leise gurrend um ihre Beine gewickelt, während es draußen blitzte und krachte und der Sturm die Schieferplatten klappern ließ.
    »Ist gut, Kleine. Entschuldigung angenommen.«
    Kelda streichelte die Weißpfotige, und sie schnurrte so heftig, dass sie sich traute, sie auf den Arm zu nehmen. Heftig drückte sie ihr ihren rotgoldenen Kopf an die Schulter und rieb dann ihr Mäulchen an ihrer Wange.
    »Ist gut, ist ja gut. Wir werden herausfinden, was dich so schrecklich aufregt, ja?«
    »Mirr!«
    Soquette legte sich zu ihr ins Bett, und Kelda träumte wieder einmal vom Schiffbruch. Und davon, dass Luc le Gamache sie rettete. Mit einem seltsam sehnsüchtigen Gefühl wachte sie auf. Zum Ende des Traumes hatte Luc sich nämlich in Simon verwandelt.
     
    An diesem Vormittag traf Kelda dann auch eine Entscheidung. Sie würde Herri und Luc, sosehr sie ihre Geschichte interessierte, Simon überlassen. Dafür wollte sie sich etwas näher mit dem Filou Jerôme und seiner Gattin Jeanne befassen. Um sich einen Überblick über die damalige Situation in Brignogan und Umgebung zu machen, bat sie Marie-Claude, ihren PC benutzen zu dürfen.
    Die Informationen, die Kelda aus den verschiedenen Internetseiten erhielt, gaben dem Bild, das sie sich bisher gemacht hatte, noch etwas Farbe. Der natürliche Hafen vonPontusval war im Mittelalter ein Umschlagplatz für Wein, Getreide, Fleisch und Schiefer. Doch den eigentlichen Aufschwung erlebte der Ort 1904, als der Anschluss an die Eisenbahnstrecke ins Inland erfolgte. Nicht nur, weil damit der Transport der Handelswaren leichter wurde, sondern weil auch der Tourismus begann. Dreißig Jahre später wurde Brignogan als eigenständiger Ort anerkannt.
    In dieser Blütezeit lebte der Filou Jerôme bereits hier. Er musste mit den ersten Interessenten an dem neu erblühten Badeort eingetroffen sein – ein Wagnis. Ein Spekulant, der Paris verlassen hat, vermutlich mit mehr Mut als Geld.
    Der Hafen florierte ebenfalls, man handelte mit Salz, Eisen, Tonwaren, Holz und

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