Schiffbruch und Glücksfall
und seines Weibes Jeanne, am 14. August 1898 das Licht der Welt erblickt hatte. Allerdings war die Adresse des Wohnortes mehr als schwammig. Portusval hatte damals eben weder Straßennamen noch Hausnummern gehabt. Dafür fand Simon aber die Todesmeldungen von Herri und Lukaz verzeichnet und – hier runzelte er dieStirn – Jeannes und Jerômes Eheschließung gerade ein Jahr später. Madame hatte es ja sehr eilig gehabt, sich wieder zu vermählen.
Aber auch hier fehlte eine nachvollziehbare Adresse der Braut, während Bellard seinen Wohnsitz in Kerlouan angegeben hatte.
Doch Simon hatte sich bereits überlegt, dass Herris Witwe nach dessen Tod das Fischerhaus geerbt haben musste und dieses vermutlich, nachdem sie wieder verheiratet war, verkauft hatte.
Nach dieser Transaktion suchte er nun – ein mühseliges Unterfangen. Er begann mit Herris Todesjahr 1912, doch da gab es keinerlei Einträge. Auch ein Jahr später, als die Witwe Trobiant Jerôme Bellard geehelicht hatte, waren keine Verkäufe registriert. Jerôme hingegen war eifrig dabei, billige Grundstücke aufzukaufen und weiterzuveräußern. Vermutlich mit beträchtlichem Gewinn. Stutzig wurde Simon, als er den Eintrag zu Bellards Villa fand, die zu bauen er schon gleich nach seiner Heirat begonnen hatte – das Grundstück gehörte seiner Gattin. Hoppla – hatte Herri Trobiant etwa die Gewinne aus seinen Schmuggelgeschäften in Land angelegt? Ein vorsichtiger Mann würde das getan haben, befand Simon. Illegale Geschäfte schienen sich zu lohnen.
Schließlich hatte er sich bis 1930 vorgearbeitet, und hier ging ihm plötzlich ein Licht auf. Jerôme le Filou hatte womöglich finanzielle Einbußen während der Weltwirtschaftkrise erlitten, aber er hatte sich sehr schnell wieder erholt – weil er Land verkaufte. Und zwar das seiner Ehefrau. Viel Land. In bester Lage.
Herri war ein reicher Mann gewesen.
Jetzt war Jerôme es.
Und endlich fand er 1934 auch den Hinweis auf das Haus in Portusval, das an einen Joseph Bernard verkauftworden war. Wieder gab es keine Adresse, aber eine Gemarkungskennung. Über die Kennzeichnung würde er auf dem Lageplan recht schnell herausfinden, wo sich das Grundstück mit dem Haus seines Großvaters befand, vermutete Simon. Aber zunächst wollte er die Eigentumsverhältnisse der Parzelle weiter verfolgen. Nach dem Krieg wurde ein weiterer Verkauf getätigt, dann wurde das Haus an den Sohn des letzten Besitzers vererbt und vor drei Jahren an dessen Nachkommen überschrieben.
Und als Simon den Namen des derzeitigen Eigentümers las, brach er in schallendes Gelächter aus.
Die Suche nach dem Grundstück erübrigte sich.
Aber dann ging ihm auf, was geschehen war.
»Dieser Scheißkerl!«, knurrte er.
Zauberklänge
Die vier Veteranen hätten Kelda so gerne weitergeholfen, als sie sich nach dem Mittagsansturm zu ihnen setzte und ihnen einen Krug Cidre ausgab. Sie waren Jerôme begegnet, konnten den schmucken Filou beschreiben, die modischen Anzüge, die er zu tragen pflegte, die Goldzähne, die bei seinem herzlichen Lächeln aufblitzten. Den Pariser Akzent, den er nie abgelegt hatte, machten sie nach, aber über seine Einstellung zur Résistance oder den Kollaborateuren wussten sie nichts zu sagen. Sie waren in den ersten Kriegsjahren von der Generalmobilmachung betroffen gewesen und zur Marine eingezogen worden. Ihre Heimat war von den Deutschen besetzt worden, sie selbst taten auf den Kriegsschiffen Dienst. Überrascht hörte Kelda, dass Tomaz Kapitän zur See war, Loïc Schiffsingenieur und die beiden anderen Unteroffiziere gewesen waren. Sie hatte geglaubt, die vier seien einfach Matelots gewesen, aber ganz offensichtlich hatte sie sie deutlich unterschätzt. Tomaz bemerkte ihre Verlegenheit und zwinkerte ihr verschmitzt zu.
»Machen Sie sich nichts draus, Mädchen. Wir sind jetzt vier alte Kauze, die ihre Knochen in der Sonne wärmen und den jungen Frauen nachschauen. Unsere wilden Zeiten sind vorbei.«
»Außer wenn aufsässige Surfer ihre Rechnung nicht bezahlen wollen. Dann erinnern Sie sich an alte Schlachten«, gab sie lächelnd zurück.
»Ja, ja, für ein hübsches Mädchen lohnt es noch immer zu kämpfen«, krächzte Loïc.
»Die sind jetzt aus der Düne weg auf den Campingplatz hinter dem Leuchtturm gezogen«, fügte Dider hinzu.
»Gut, dass ich es weiß. Die Gegend werde ich meiden.«
»Gibt andere ansehnliche Jungs hier. Sie haben die Wahl, was, Tomaz?«
»Mein Gott, die fällt mir aber schwer, wenn ich Sie
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