Schiffe versenken
fassen kann. Janac selbst ist fest überzeugt, dass jede Form von geschäftlicher Verbindung auf den eigenen Interessen beruht – was Ihnen einleuchten wird, wenn Sie mit den Überlebenden der Yacht gesprochen haben. Und deshalb kommt er mit dem Guanxi-System nicht klar. Er arbeitet nicht mit Verbindungen. Wer ihm den kleinen Finger reicht, dem versucht er den ganzen Arm auszureißen. Ich bin sicher, dass auch seine Opfer auf der Yacht die Ironie der Geschichte darin sehen, dass genau dieser Aspekt ihm jetzt im Drogengeschäft den Hals gebrochen hat.
Die Chinesen jedenfalls sind erfahrene Leute und haben ihn so lange gewähren lassen, wie er ihnen von Nutzen war. Aber als seine Dealer erst einmal angeschlagen waren und er seinen Marktanteil verlor, war seine ganze Stellung im Eimer. Einige schmiedeten sogar Rachepläne, und er hat sich nicht mehr erholt, seit er auf Ko Samui festsaß. Eine Menge Kapital ging den Bach runter, und nach meinen Informationen sitzen seine Händler bereits auf dem Trocknen. Aber auf einen Mann kann er sich immer noch stützen: Kuomintang-General Lee, den er seit fünfundzwanzig Jahren gut kennt. Ich bin sicher, dass sich die beiden immer wieder treffen und versuchen, genug China White zu kaufen, um wieder im Geschäft mitzumischen. Doch hinsichtlich der Finanzierung tappen wir im Dunkeln.«
Hamnet hatte aufmerksam jedem Wort dieser langen Ausführungen gelauscht. Er wusste einfach – ohne den geringsten Zweifel –, dass Anna von Janac und General Lee gefangen gehalten wurde und dass sie noch lebte. Er würde sie nicht allein sterben lassen. Schließlich hatte er sein Leben auf der Shawould nur gerettet, um sie herauszuholen. Falls er das nicht schaffte, dann betrachtete er eben auch sein Leben als verwirkt – und er musste für all die bezahlen, die er bisher geopfert hatte. Das alles war ihm erst an diesem Morgen klar geworden, und jetzt wusste er, was zu tun war. Dazu brauchte er die Hilfe dieses Mannes.
»Mr. Naisborough, ich weiß Ihre Informationen wirklich zu schätzen«, begann er. »Aber wir haben Sie unter einem Vorwand kontaktiert.«
Naisborough schaute Dubre an.
»Ich muss Sie bitten, alles streng vertraulich zu behandeln, was ich Ihnen jetzt mitteilen werde.«
Naisborough öffnete seine geballten Hände und zuckte die Achseln. »Das kann ich nicht garantieren. Sind Ihre Informationen für mich von Nutzen?«
»Sie haben nichts mit dem Drogenhandel zu tun.«
»Okay. Aber ich kann Ihnen keine blinde Zusage geben. Es hängt wirklich davon ab, was Sie mir mitteilen werden.«
Hamnet kratzte sich am Kinn. Er brauchte den Mann, also musste er jede Chance nutzen. »Anna, meine Frau, ist vor mehr als einer Woche von Janac gekidnappt worden, und wahrscheinlich hat er sie zu General Lee verschleppt.«
»Warum glauben Sie, dass sie noch am Leben ist?«, fragte Naisborough.
»Er hat gesagt, dass er sie im Gegenzug für mein Schweigen in einer Angelegenheit, die Dubre betrifft, nicht umbringen wird.«
»Ich verstehe. Nun, nach meinen Erfahrungen mit Janac wird sie am Leben bleiben, solange Sie den Mund halten. Sonst stirbt sie.«
»Wenn Michael mit seinem Wissen hinterm Berg hält, müssen eine Menge Männer sterben, zu viele.«
Naisborough atmete tief durch. »Falls Janac sie wirklich dorthin mitgenommen hat, ist sie so gut wie tot.«
»Heißt das«, antwortete Hamnet, »dass Sie mir nicht helfen wollen?«
Naisborough schüttelte den Kopf. »Das ist ein sehr gewagtes Spiel, Mr. Toliver. Ich repräsentiere in diesem Büro den mächtigsten Staat der Erde im Kampf gegen die Drogen. Und ich bin machtlos gegen diese Typen in Burma. General Lees Hauptquartier liegt dreißig Kilometer nördlich der Grenze. Es ist kein Problem, ihn zu finden. Aber was immer mir auch in den Bars von Chiang Mai zu Ohren kommt, ich darf diese Grenze nicht überqueren. Im State Department würden sie einen Anfall bekommen, wenn ich im Verdacht stünde, von einer Nachtund-Nebel-Aktion auch nur zu träumen. Und außerdem: Sogar wenn ich eine Genehmigung hätte, bräuchte ich eine komplette Marinedivision und Luftunterstützung, um ohne ernsthafte Verluste hineinund wieder herauszukommen. Dieser Kuomintang-General verfügt über eine Armee von ungefähr fünfzehntausend Mann. Dabei sprechen wir nicht über drogenbenebelte Amateure, sondern über eine reguläre Truppe mit Rangordnungen, Uniformen, Disziplin und Ausbildung. Und mit einem exzellenten Waffenarsenal. Das beste, das für Geld zu bekommen ist.
Weitere Kostenlose Bücher