Schiffe versenken
Hamnet und richtete sich auf.
Dubre schüttelte den Kopf. »Sogar wenn sie wirklich dort ist, können wir nichts unternehmen. Diese Opiumbosse können im Notfall bis zu zehnoder sogar zwanzigtausend Männer aktivieren. Da könnte nicht mal das thailändische Militär Anna rausholen. Und wenn nicht mal das Geld der amerikanischen Drogenfahnder greift, dann wird sich erst recht niemand für eine Europäerin in Bewegung setzen.
»Nichts wird mich stoppen.« Hamnets Stimme klang plötzlich sehr entschlossen. Er war jetzt mit Dubre auf Augenhöhe. »Gib mir eine Woche. Wenn wir Anna dann nicht haben, sage ich dir alles, was ich weiß, und wir brechen das Unternehmen ab.«
»Sag es mir jetzt.«
»Das geht nicht, tut mir Leid.«
»Du kannst sie nicht mehr retten, Phillip.«
»Das wollen wir erst mal sehen. Ich brauche nur ein bisschen mehr Zeit. Und dann sag ich dir alles.«
»So geht das nicht. Zwei Schiffe und dreiundzwanzig Menschen haben schon dran glauben müssen – ich kann kein weiteres Risiko eingehen.«
»Du verstehst mich nicht, Dubre. Du erfährst kein Sterbenswort, ehe du mich nicht so nahe zu Anna bringst, wie es überhaupt nur geht.«
Dubre schätzte Hamnets harten Blick richtig ein, denn er hatte bereits früher mit dieser Sturheit Bekanntschaft gemacht. Außerdem wusste er nichts mehr zu erwidern. Er schaute in die entgegengesetzte Richtung, während er sich wieder am Kopf kratzte. »Wir haben keine Woche. Das zweite Schiff ging nur sechs Tage nach der Shawould in die Falle.«
»Also – vier Tage. Du musst mir helfen.«
»Phil, denk daran, dass ungezählte Leben auf dem Spiel stehen«, erwiderte Dubre scharf und wirkte plötzlich ziemlich ärgerlich und voller Frust. »Er wird Anna umbringen – wenn er es nicht schon getan hat. Niemand kann sie retten, du auch nicht. Lass uns wenigstens etwas für die anderen tun. Sag mir, was du weißt.« Er schlug mit der Faust auf sein Knie.
»Jesus! Glaubst du, ich sage das nicht selbst?« Hamnet warf die Fotos angeekelt auf den Boden. »Aber ich kann Anna nicht ihrem Schicksal überlassen und einfach aufgeben. Ich kann es nicht. Wie soll ich denn weiterleben? Sie ist schwanger von mir. Vier Tage, mehr verlange ich nicht. Das ist doch einen Versuch wert. Außerdem kann Janac in der Zeit kein weiteres Schiff packen, glaub mir doch. Bring mich hin, und ich erzähl’ dir alles.«
Im Geiste betete Hamnet zu einem Gott, an den er nicht wirklich glaubte: Bitte lass mich Recht haben. Gib mir vier Tage, ehe der Kerl wieder zuschlägt.
Dubre starrte ins Leere, während sich sein Ärger verflüchtigte. Er hatte nichts mehr entgegenzusetzen. Auf der anderen Seite des Teiches setzte sich ein junges Mädchen für ein Foto zwischen den Löwen am Eingang des Tempels in Pose, aus der Ferne kam leises Donnergrollen, und die Drohung eines Gewitters lag in der feuchtschwülen Luft.
»Ich bring’ dich hin«, sagte Dubre. »Ich kenne einen von der DEA in Chiang Mai, und der schuldet mir noch einen Gefallen. Von dem kannst du alles aus erster Hand erfahren.« Er seufzte resigniert. »Dann wirst du wieder zur Vernunft kommen. Du musst dich an den Gedanken gewöhnen, dass du Anna nicht wiedersehen wirst, Phil, so Leid es mir tut.«
Kapitel 12
Hamnet kehrte in seine Absteige zurück, wo die gleichen freundlichen, aber uninteressierten Typen ihn grüßten, als er die Halle betrat. Nichts regte sich in diesen naiven leeren Gesichtern, sie wirkten so ausgebrannt wie immer, und auch im Schlafsaal hörte er nichts als regelmäßige Atemzüge und die üblichen Bewegungen unter den Laken. Er setzte sich, um sich an die neue finstere Welt zu gewöhnen, mit der er an diesem Morgen konfrontiert worden war.
Irgendwann öffnete er den zweiten Umschlag, den Dubre ihm mitgegeben hatte, und fand darin einen gefälschten britischen Pass in Europäisch-Rot auf den Namen Michael Toliver. Er war mit Dubre am nächsten Morgen um neun Uhr in einem Hotel in Chiang Mai verabredet und nutzte jetzt erst einmal die neu gewonnene Freiheit, die der Pass ihm schenkte, um das Ghetto der Billigtouristen hinter sich zu lassen, in den Norden zu fliegen und in ein thailändisches First-Class-Hotel umzuziehen, das Dubre ihm empfohlen hatte. Wieder lag eine lange Nacht zwischen schweißnassen Laken vor ihm, die weder durch die starke Klimaanlage noch durch die Schlaftablette angenehmer wurde. Aber als er am nächsten Morgen in den Spiegel schaute, beherrschte eine neue Entschlossenheit sein
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