Schiffe versenken
Gebäude bis zum Hang hin, und die vierte Seite, die sich zum Tal hin öffnete, war mit Stacheldraht und Schießanlagen gesichert. Von dort führte ein Pfad über mehr als einen Kilometer durch offenes Gelände in den Dschungel, über den alle paar Minuten ein Lastwagen davonrumpelte, während ein anderer in entgegengesetzter Richtung zurückkehrte. Überall gingen oder rannten Männer hin und her oder standen in Gruppen oder einzeln herum. Sie fassten in riesigen Küchenzelten Essen, und Geräusche, wie man sie von allen Armeelagern der Welt kennt, drangen zu Hamnet herauf. Schon das Ausmaß dieser Anlage war atemberaubend, war aber nichts im Vergleich zu dem Gefühl, als er plötzlich ein Stück warmen Stahl in seinem Nacken fühlte.
Hamnet lief ein Schauder über den Rücken. Es dauerte einen Moment, bis eine Taschenlampe angeknipst wurde und ihr Lichtstrahl ihn blendete. Dann redeten Stimmen in einer Sprache auf ihn ein, die er nicht kannte, ehe jemand ihn packte und ihm die Arme hinter den Rücken riss. Sein Rucksack wurde zu Boden geworfen, und ein scharfer Schmerz durchzuckte ihn, als man ihm die Hände mit einem Seil fesselte, ihn auf die Füße zwang und vorwärts stieß. Dann ging es über einen steilen Hang bergab, und er hatte mächtig zu kämpfen, um nicht seitlich abzurutschen und zu fallen. Halb rutschte er über das Geröll, halb wurde er geschoben, und so wirbelte er eine Menge Staub auf, der im grellen Licht der Bogenlampen seine Ankunft ebenso effektvoll ankündigte wie das ständige Gebrüll hinter ihm.
»Janac!«, brüllte Hamnet immer wieder. »Ich will Janac sprechen!«
Dann zwangen ihn Uniformierte mit starren Mienen zu einem Spießrutenlauf, indem sie ihn vorwärts stießen und immer wieder antrieben, an den Essenszelten vorbei, quer über den Exerzierplatz und zwischen einer Reihe gemauerter Baracken hindurch bis zu einem Teil des Geländes, das im Dunkel lag, von allen Seiten mit Stacheldraht eingezäunt war und nur durch eine kleine Pforte betreten werden konnte. Hamnet bemerkte ein paar Bambusfalltüren über Erdlöchern. Man stieß ihn zu dem nächstgelegenen, und er drehte und wand sich, um seinen Peinigern immer wieder und immer energischer zuzubrüllen: »Janac! Janac!« Aber sie verzogen keine Miene – entweder verstanden sie ihn nicht, wollten ihn nicht verstehen oder beides. Dann stolperte er und verlor das Gleichgewicht. Taumelnd versuchte er, wieder auf die Beine zu kommen, ehe er nähere Bekanntschaft mit einem dunklen Loch schloss.
Kapitel 14
Wer unvermutet fällt, empfindet eine besondere Art der Angst, die durch die Gewissheit ausgelöst wird, dass man den Vorgang nicht mehr aufhalten kann. Und während Körper und Seele vielleicht noch unversehrt sind, werden sie doch im nächsten Moment gegen etwas Hartes und Unnachgiebiges prallen, und die Angst quält ihr Opfer noch viel schlimmer, wenn es während des Falls nichts sehen kann.
Dies alles schoss Hamnet durch den Kopf, als er auch schon auf dem Boden aufschlug und sich den Knöchel verstauchte. Trotz des stechenden Schmerzes rollte er sich auf die Seite und prallte gegen die Wand der Grube. Ausgerechnet auf die Stelle, die bereits in Mitleidenschaft gezogen worden war, als die Shawould auf Grund lief. Da die Wunde noch nicht verheilt war, ließ der pochende Schmerz ihn im grauen Nebel der Bewusstlosigkeit versinken.
Als er wieder zu sich kam, war seine Reizschwelle deutlich niedriger. Er robbte trotz seiner Schmerzen durch die Grube, bis er sich im Sitzen an die Wand anlehnen konnte, schaute nach oben und begann, zu blinzeln und mit den Augen zu rollen, um sein stark beeinträchtigtes Sehvermögen so weit wie möglich wieder herzustellen. Schließlich sah er wieder halbwegs klar und schätzte, dass der Grubenrand etwa fünf Meter hoch lag. Die Latten der Falltür zeichneten sich deutlich im Gegenlicht der Lagerlampen ab, und der Durchmesser der Grube betrug wahrscheinlich nicht mehr als zweieinhalb Meter. Irgendein unbearbeitetes, dunkles Holz war zur Abstützung verwendet worden, der Boden bestand aus blanker Erde.
Plötzlich erinnerte er sich an seine Uhr, und er drehte sich etwas, um einen Blick darauf zu werfen. Erstaunlicherweise war sie noch immer an seinem Handgelenk. Es war vier Uhr früh und bald Tag. Also hatte er nur noch zweiunddreißig Stunden, bis Dubre den Umschlag mit den Informationen öffnete, und er musste seinen Bewachern endlich klar machen, dass er mit Janac sprechen wollte. Er
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