Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schiffe versenken

Schiffe versenken

Titel: Schiffe versenken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Chisnell
Vom Netzwerk:
war, warf Hamnet schnell noch einmal einen Blick auf seine Uhr; es war kurz vor elf.
    Mit dem Gewehr im Rücken stolperte er auf den nächstgelegenen Barackenblock zu. Die Hitze versengte alles; außerdem verlangten Durst und Hunger ihren Tribut – er taumelte schwindlig herum, bemühte sich aber dennoch, so schnell zu laufen wie möglich. Doch die Krämpfe in seinen Beinen und der verstauchte Knöchel behinderten ihn stark. Seine Kleidung war schweißgetränkt, starrte vor Dreck und verklebte jede Pore und jede Falte seiner Haut; die Haare waren verfilzt. Als er stürzte, riss ihn einer der Soldaten sofort am Ellbogen wieder hoch. Hamnets Welt reichte nicht mehr über den nächsten Schritt hinaus. Die Hand unter seinem Arm ließ ihn wieder los, und er sank auf die Knie, ließ den Kopf hängen, obwohl er noch einmal alle Kraft zu sammeln versuchte. Janac! Er musste Janac sprechen! Die Zeit war fast um.
    Eine Stimme, die er schon einmal gehört hatte, sagte: »Gebt ihm Wasser.«
    Unglaublich erleichtert hob Hamnet den Kopf, und seine ursprüngliche Kraft kehrte zurück. Die Zeit reichte noch, um Anna zu sehen. Es war zwar zu spät, um sie zu retten, ehe die Nachrichten um die Welt gingen, aber er würde sie zumindest sehen; da war er ganz sicher.
    Jemand schob ihm eine Wasserflasche vors Gesicht, und die köstliche Flüssigkeit rann schwer und warm in seinen Magen. Er brach den Schluck ab, würgte und spuckte. Die Wasserflasche verschwand. Er schüttelte den Kopf, wischte sich den Mund an der Schulter ab und fixierte die Männer, von denen die meisten stehend, ein paar an einem schweren Mahagonitisch sitzend, einen Halbkreis bildeten. Unter den am Ende des Tisches Sitzenden sah er Janac mit lässig übereinander geschlagenen Beinen, die schlanken Finger auf sein Knie gestützt, während der Rauch einer Zigarette aufstieg. Er schien denselben Kampfanzug wie auf der Shawould zu tragen, und derselbe schwere Revolver lag auf dem Tisch.
    Janac wandte sich an einen älteren Chinesen, der ihm gegenübersaß, und zog neugierig eine Augenbraue hoch. »Was hat das zu bedeuten, General?« »Wir hielten ihn für einen dieser verrückten Touristen, die durch die Berge wandern, aber er will mit Ihnen sprechen«, erklärte der General und faltete penibel die Hände vor seiner grünen, makellosen Uniformjacke.
    Janac drückte die Zigarette aus und fixierte Hamnet mit seinen grauen Augen. »Also, wer bist du und was willst du?«
    Hamnet versuchte, einen Satz zusammenzubringen, die richtigen Worte zu finden.
    »Wie lange war er in dem Loch, General Lee?«, fragte Janac.
    Lee zuckte uninteressiert mit den Achseln.
    Schließlich konnte Hamnet krächzen: »Eineinhalb Tage.«
    »Ah, das Kerlchen spricht«, höhnte Janac und wandte sich ihm wieder zu. »Also, wer zum Teufel bist du?«
    Hamnet quälte sich erst auf die Knie und versuchte dann, auf die Füße zu kommen. Doch die Beine knickten einfach unter ihm weg, und er fiel in den Dreck.
    »Bleib einfach auf deinem Hintern sitzen, wie es sich für einen Kerl wie dich gehört«, verhöhnte ihn Janac. »Und antworte verdammt nochmal auf meine Fragen, bevor ich sauer werde.«
    Hamnet atmete tief durch und versuchte, sich zu beruhigen, dann schaute er Janac aufsässig an – jedenfalls so aufsässig wie möglich, während er ihm zu Füßen lag. Dann sagte er: »Ich bin Phillip Hamnet, und ich will mein Leben gegen das meiner Frau tauschen.«
    Sofort kam Bewegung in Janacs Gesicht, und er grinste leicht überrascht. »Hamnet? Deine Frau ist tot. Weil du vor drei Tagen dein Schweigen gebrochen hast.«
    Hamnet hörte die Worte, war aber nicht in der Lage, sie in ihrer gesamten Bedeutung zu erfassen. Er verstand nur, dass ihm das Liebste im Leben genommen worden war. Und Anna war in dem Glauben gestorben, dass er sie im Stich gelassen hatte. Er kam taumelnd auf die Füße und wollte sich auf Janac stürzen. Die Kerle hatten ihn aus gutem Grund auf den Boden geworfen, und sofort packte ihn einer am Arm. Hamnet versuchte ihn durch eine Schulterrolle abzuschütteln, erzielte aber keinen größeren Effekt, als wenn ein Schiff, das auf Grund liegt, von einer Welle hochgehoben wird. Er war einen Meter näher gekommen, als ihn der zweite und der dritte packten. Aber sie hielten es nicht für möglich, dass dieser dreckige, nicht übermäßig stark gebaute, erschöpfte und außerdem gefesselte Mann zum Problem werden könnte. Ein gewaltiger Irrtum. Jeder hatte einen Arm gepackt, als Hamnet sich duckte

Weitere Kostenlose Bücher