Schiffe versenken
er Anna in der Tageskajüte der Shawould zurückgelassen hatte. Dennoch war es nicht einfach für ihn, und wieder einmal war es Margaret, die Verständnis für ihn zeigte, als die drei am Sonntag zum Essen kamen. Sie und Hamnet wuschen ab, während Jasmine und Anthony die Tore fürs Krocket aufbauten.
»Sie wirken recht angespannt, Phillip«, sagte sie.
»Hmmm?«, Phil schaute auf, während er den Geschirrspüler einräumte, denn in seine Gedanken über Container und Zeitpläne, Risiken und Belohnung versunken, hatte er die Frage nicht verstanden.
»Sind Sie nervös, Phillip?«, hakte sie nach.
Er seufzte. »Ja. Mein neuer Job frisst mich auf, ich habe auch für Ben nur am frühen Morgen etwas Zeit, und nachts kann ich nicht richtig schlafen, seit ich hier ausgezogen bin.« Er stellte einen Teller in den Korb.
»Ich bin sicher, das wird sich geben, wenn Sie erst einmal länger dort sind«, versuchte Margaret ihn zu beruhigen.
»Das sage ich mir auch jeden Tag«, gab er zu und wusste, dass es nicht stimmte.
»Wie läuft’s mit Jasmine?«
»Sie ist wunderbar, hält alles zusammen.«
»Übernimmt sie, wenn Ben nachts schreit?«
Hamnet füllte das Geschirrspülmittel ein. »Nein, es wäre nicht fair, ihr das auch noch aufzuladen. Schließlich ist es für sie nur ein Job.«
»Was ist nicht fair?«, fragte Jasmine, die in diesem Augenblick im Türrahmen aufgetaucht war.
Hamnet blickte sie an. »Dass Sie sich auch noch nachts um Ben kümmern. Das gehört nicht zu Ihren Aufgaben.«
»Das macht mir nichts aus. Ich kann doch tagsüber schlafen, während er Ruhe gibt. Kommen Sie beide jetzt, wir sind fertig.« Und schon war sie wieder verschwunden.
Hamnet schaute Margaret an.
»Also, was spricht dagegen?«
»Aber wann schläft er schon? Ich meine, sie kann kaum …« Er brach ab, als er Margarets Gesichtsausdruck sah.
»Phillip, das sollten Sie nicht sagen.«
»Ich möchte nicht, dass sich die Dinge komplizieren …«, begann er wieder, drehte sich noch und sah in den Garten hinaus, irgendwohin, ins Nichts.
Margaret trat zu ihm, legte ihre Hände auf seine Arme und schüttelte sie sanft. »Es wird immer schmerzen, Phillip, aber die Zeit heilt die Wunden. Viele Menschen werden ihr Scherflein dazu beitragen, dass sie klarkommen, alle auf ihre eigene Weise. Und glauben Sie nicht, dass sie sich alle irren.«
Hamnet schaute sie an, presste die Lippen zusammen und schluckte, immer noch nicht sicher, was sie gemeint hatte, ja nicht einmal, was sie gesagt hatte. Er wusste auch nicht, ob er das klären wollte, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, blieb aber stumm. Und Margaret lächelte, ging in den Garten und ließ den verunsicherten Hamnet allein zurück.
Kapitel 23
Mit dem nächsten Schiff, der Konsan Pinta, die am nächsten Donnerstag durchs Südchinesische Meer laufen sollte, hatte Hamnet mehr Glück. Das ganze Wochenende über konnte er ihren Kurs verfolgen, und dennoch war er von einer Unruhe erfüllt, wenn auch nicht so quälend wie beim ersten Mal. Am Montagmorgen, als er ins Büro kam, hielt die Pinta auf den Pazifik zu, und bis zum Abend hatte sich nichts getan. Und da er sich mittlerweile gut eingearbeitet hatte, ging er zur gleichen Zeit wie die anderen nach Hause.
Stets kehrte er nun mit einer gewissen Ungeduld in sein Apartment zurück, das ihm wieder ein Heim und eine Familie bot, was einen ebenso großen Stellenwert in seinem Leben einnahm wie seine Arbeit. Dennoch gab es Momente, die ihn etwas verstörten – zum Beispiel wenn er im falschen Augenblick ins Badezimmer trat, das man nicht abschließen konnte –, aber meistens schien sein Leben, trotz all der Täuschung und des Betrugs, in die normalen Bahnen häuslicher Gemütlichkeit zu münden. Zweimal pro Woche ging er mit seiner kleinen Familie zum Essen aus und konnte so Jasmines ziemlich durchschnittlichen Kochkünsten entkommen. Allerdings geschah dies niemals montags, sodass ihm an diesem Abend erstmals auffiel, dass Jasmines mangelnder Bezug zu guter Küche Annas Gepflogenheiten durchaus ähnlich war. Lange nach dem Abendessen entschloss er sich zu einer zweiten Tasse Kaffee, um den Nachgeschmack der Erdnussbuttersauce loszuwerden.
»Jasmine«, begann er, als er ins Wohnzimmer zurückkehrte, »malen oder zeichnen Sie noch?«
Jasmine, die lang ausgestreckt auf dem Boden lag und ein Buch las, schaute ihn an. »Ich habe mein Skizzenbuch dabei, aber ich habe mich schon lange nicht mehr damit beschäftigt. Warum fragen
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