Schiffe versenken
gewesen.
Als Hamnet nach Hause kam, rührte Jasmine gerade in einem Eintopf, nachdem sie Ben bereits zu Bett gebracht hatte. »Ihr neuer Job scheint nicht gerade ein Spaziergang zu sein«, sagte sie und schaute von ihrem Topf auf, während er in die Küche trat und eine leichte Brise durchs offene Fenster ein Kalenderblatt an der Wand hochwehte.
Er ging zum Kühlschrank und griff nach einer Flasche Wein. »Ich habe keine Wahl, und wenn ich noch so hart arbeiten muss, um ihn zu behalten.« Dann drehte er sich zu ihr um. »Auch ein Glas Weißwein?«
»Ja, bitte.«
Während er sich am Korken zu schaffen machte und einschenkte, fuhr er fort: »Ich kann es mir nicht leisten, dass etwas schief geht, denn so ein Job an Land ist für einen Mann in meiner Lage der Hauptgewinn. Schon wegen Ben wäre es eine Katastrophe, wenn ich wieder zur See fahren müsste.« Damit reichte er ihr ein Glas und prostete ihr zu. »Möge dieser schreckliche Lebensabschnitt bald zu Ende sein.«
Ihre Augen trafen sich, und Jasmine lächelte. »Darauf trinke ich gern.« Die Gläser klangen dunkel, als sie leicht anstießen, und der kühle Wein trank sich an diesem warmen Abend überaus angenehm, sodass die erste Flasche schon leer war, ehe das Essen auf dem Tisch stand, und die zweite, ehe der Teller leer war. Und im Laufe der dritten schmolz die eisige Stimmung, die am Wochenende zwischen ihnen gestanden hatte.
Obwohl Hamnet mittlerweile allen Anlass zu guter Laune hatte, litt er während des ganzen Essens weiter unter Kopfschmerzen. Im Aufstehen griff er nach seiner Zeitung und fand einen doppelseitigen Bericht über den Angriff auf die Collingson und einen Kommentar des Chefredakteurs des Singapore Telegraph :
Für den Überfall scheinen eiskalte Profis verantwortlich zu sein, die eine neue, noch gefährlichere Ära der Piraterie in diesem Revier eingeläutet haben. Die Collingson wurde auf offener See von einem Schiff angegriffen, das locker mehrere 40-Fuß-Container übernehmen konnte, und die Brücke wurde auf eine Weise attackiert, dass der wachhabende Offizier nichts von den fremden Männern an Bord mitbekam, ehe alle Besatzungsmitglieder auf der Brücke ausgeschaltet waren. Dann wurde die Crew unter Deck eingesperrt – bis zu ihrer Befreiung gestern Morgen durch die US Navy – und kann keinerlei Angaben über die Ereignisse an Bord machen. Erst eine Überprüfung der Ladungsliste ergab, dass Fracht im Wert von 3,5 Millionen US-Dollar gestohlen wurde. Die Behörden stehen nun vor der Frage, ob es sich um einen vereinzelten Angriff handelt oder ob dies nur der Anfang einer Reihe ähnlicher Vorfälle im Rahmen der organisierten Kriminalität auf Hightech-Niveau sein wird. Bis jetzt lief die Bedrohung für die Schifffahrt auf einem niedrigen Level, und die Untätigkeit der Behörden und Reedereien – obwohl sie rein menschlich unvertretbar war – machte kommerziell gesehen durchaus Sinn. Doch diese neue Entwicklung darf nicht ignoriert werden. Waren im Wert von mehreren Milliarden Dollar sind auf ungeschützten Frachtern rund um die Welt unterwegs, und unser Land ist absolut abhängig von einem erfolgreichen Seehandel und dem weiteren sicheren Warentransport. Dieser neuen Bedrohung muss unbedingt Einhalt geboten werden .
»Aber nicht ehe ich meinen Sohn in den Armen halte«, dachte Hamnet, denn für ihn war alles einfach und sachlich gut kalkulierbar abgelaufen. Und bald würde er durch eine weitere Fracht im Wert von ein paar Millionen Dollar das zweite Viertel des Planes abhaken können, der das Leben seines Sohnes retten sollte.
Auch die nächste Woche verlief planmäßig. Bis zum Freitag. Wie immer war er bereits am frühen Morgen ins Büro gekommen, versuchte mittlerweile aber, das Büro abends mit den anderen zu verlassen. Kaum hatte er sich ins Internet eingeloggt, um seinen ersten Positionsbericht für Freitagabend zu erstellen, ging eine Nachricht für ihn ein. »Schlechtes Wetter. Brauchen ein anderes Ziel.« Der Schlag traf ihn unvorbereitet; außerdem hatte er damit eine ganze Woche verloren, und die Uhr lief – die Hurrikansaison würde ihm zuliebe nicht später beginnen. Und überdies konnte er frühestens in zwei Tagen wieder im Büro nach einem geeigneten Schiff Ausschau halten.
Doch Jasmine und Ben schafften es unbewusst, ihn während des Wochenendes abzulenken. Am Samstag fuhren sie zusammen nach Sentosa Island und gingen am Sonntag in den Zoo. Ben gluckste vor Wonne, und Hamnet lachte zum ersten Mal, seit
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