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Schillerhoehe

Schillerhoehe

Titel: Schillerhoehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Schaewen
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Hinweis würde die Geset­ zeshüter schon auf Trab bringen. Er ging zu Fuß zur nächsten Telefonzelle und wählte die Nummer 9000 der Polizei in Marbach.
      »Millionendiebstahl im Literaturarchiv«, krächzte er mit vorgehaltenem Taschentuch in die Muschel. »Der Mann, der die Tell­Handschrift hat, heißt Utz Selldorf, war Gast im Art­Hotel, er ist auf dem Weg zum Frank­ furter Flughafen.«
      Das musste reichen. Er legte auf, anschließend ging er zum Hotel Schillerhöhe. Zu seiner Überraschung wimmelte es dort von Polizeistreifen.
      »Was ist passiert?«, fragte er einen Beamten.
      »Das erfahren Sie noch früh genug, gehen Sie bitte weiter«, wies ihn der Polizist an.
      »Ich verstehe ja, dass Sie einen Auflauf verhindern wollen, aber ich bin der Bürgermeister und habe ein Recht, es zu erfahren.«
      »Natürlich, ach ja, Sie sind Herr Rieker, wenden Sie sich bitte an den Einsatzleiter, er ist da vorne.«
      Rieker traf auf Kommissar Struve. Von ihm erfuhr er, dass Erika Scharf in der gestrigen Nacht ermordet worden war – die genaue Tatzeit stand noch nicht fest. Rieker war erschüttert, dass die Tat während seines Aufenthalts in der Bar begangen worden sein könnte. Aber davon wollte er dem Kriminalisten lieber nichts erzählen.
      Er beschloss, mit Gianna zu sprechen. Sie war jedoch nicht zu sehen, Rieker suchte sie und fand sie allein in ihrem Büro. Sie wirkte müde und gereizt und trug eine überdimensionierte Sonnenbrille, um sich vor der Hel­ ligkeit des Tages zu schützen und ihr übernächtigtes Gesicht zu verstecken.
      »Was willst du noch von mir, Norbert?«
      »Die Wahrheit, Gianna, es geht mir einzig um die Wahrheit. Was wird in deinem Hotel gespielt?«
      »Das siehst du doch. Räuber und Gendarm – jetzt ist mal wieder die Polente dran.«
      »Kann es auch Selbstmord gewesen sein? Diese Schriftstellerin galt als schwierig.«
      »Was weiß ich!«
      »Wer ist Utz Selldorf?«
      Gianna Signorini blickte ihn zunächst sprachlos an, schüttelte dann aber den Kopf. »Kenne ich nicht.«
      »Kennst du alle Männer nicht mehr, wenn du mit ihnen fertig bist?« Norbert Riekers Mimik verzog sich bösartig.
      »Spiel nicht den Beleidigten«, antwortete sie. »Was weißt du von Selldorf?«
      »Immerhin so viel, dass du, sagen wir mal, eng mit ihm zusammenarbeitest.« Er nahm sich eine Zigarette aus dem Etui, das vor ihr lag und zündete sie sich an, nicht ohne seinen Blick von ihr zu wenden.
      »Wir kennen uns nur flüchtig, er war mal Gast bei mir und hat mit dem Literaturarchiv zu tun«, erklärte sie. »Aber ich bin dir keine Rechenschaft über meine Bekanntschaften schuldig.«
      »Natürlich nicht.« Er lehnte sich lächelnd über den Tisch und blies ihr Rauch ins Gesicht. »Wenn ihr beide glaubt, mich fertigmachen zu können, irrt ihr euch gewaltig.«
      Er wollte hinausgehen, drehte sich aber, in der Tür stehend, noch einmal um. »Ich an deiner Stelle würde mir überlegen, ob er dich nicht nur benutzt. Gianna, geh in dich! Noch ist es nicht zu spät.«
      Gianna Signorini blickte ihm missmutig nach, plötz­ lich stand sie auf und lief ihm hinterher.
      »Warte Norbert, ich muss mit dir reden.«
      Rieker drehte sich herum.
      »Was?«
      »Komm bitte noch mal in mein Büro. Ich muss dir etwas sagen.«
      Er erwartete nicht viel. Dennoch ging er mit. Viel­ leicht gab es Neuigkeiten, die er verwerten konnte.
      »Es tut mir leid, dass er dich erpresst hat, er hat mich auch unter Druck gesetzt.« Gianna war den Tränen nahe. Sie kramte ein Taschentuch aus ihrer Krokodil­ ledertasche.
      »Womit?«
      »Er hat gesagt, wenn ich nicht mitspiele, lässt er seine Freunde von der Mafia kommen.«
      »Ha, dass ich nicht lache. Und das hast du ihm abge­ kauft?«
      »Na, du weißt nicht, was in Stuttgart schon alles passiert ist. Einem meiner Vetter, der Pizzabäcker in Botnang ist, haben sie vor acht Jahren ein Ohr abge­ schnitten.«
      Es schien ihm unwahrscheinlich, dass ein Mann wie Selldorf Kontakte zur Mafia unterhielt. Entweder log er oder die Hoteldame fantasierte. Diesmal würde er sich aber nicht für dumm verkaufen lassen.
      »Hör mal, Gianna, ich weiß nicht, was du mir da gerade alles erzählst, aber über eins musst du dir im Klaren sein: Wenn herauskommt, dass Selldorf so geil auf Handschriften ist, dass er dafür die Scharfs umge­ bracht hat, sieht es auch für dich zappenduster aus.«

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