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Schimmer (German Edition)

Schimmer (German Edition)

Titel: Schimmer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Law
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Emerald, weit weg von zu Hause, als Fishs Sturm tobte und der große, allmächtige Ozzie in der Raststätte niedergestreckt war, wurde mir schwer ums Herz, und besonders kühn und klug kam ich mir auch nicht vor. Fish und ich waren nicht mehr in Kansaska-Nebransas, es gab keine gelbe Ziegelstraße, an die wir uns hätten halten können, nur einen großen rosa Bus und die gelben Streif-Streif-Streifen auf dem Highway.  
    Ich stieß einen Schrei aus, als ein viereckiges Parkverbotsschild vom Pfeiler gerissen wurde und in dem wirbelnden Wind durch die Luft sauste.  
    Das Schild flog auf Bobbi und Will zu, und ich schrie: »Achtung!«  
    Da sah Fish das herabdonnernde Schild und drehte sich auf dem Absatz um. In null Komma nichts wendete er das sausende Objekt mit einem kontrollierten Windstoß ab.  
    Kontrolliert . Fish hatte seinen Ausbruch im Griff – er konnte ihn sogar gezielt einsetzen. Scheppernd fiel das Schild mitten im Flug zu Boden – wie ein Drachen, der taumelnd abstürzt, wenn der Wind plötzlich aufhört. Vor Überraschung ging Fish einen Schritt zurück und sein Sturm legte sich schneller, als er aufgekommen war. Mein Bruder schaute auf seine Hände, und es war, als wäre er auf einmal erwachsen geworden, ohne es zu merken. Offenbar hatte er endlich die richtige Farbe gefunden, um seinen Schimmer zu vervollkommnen.  
    »Cool«, sagte er leise. Dann drehte er sich zu einem zerdrückten Karton, der drei Meter weiter liegen geblieben war. Mit zusammengekniffenen Augen schaute er den Karton an und zog in höchster Konzentration die Augenbrauen zusammen. Kurz darauf hob sich der Karton ein Stückchen an und wurde von einem gezielten Luftstrom über die Gasse getragen. Fish lächelte, dann wandte er sich wieder zu Bobbi und Will, jetzt mit besorgter Miene – sein Zorn war vom Winde verweht.  
    »Alles in Ordnung bei euch?«, fragte er und machte einen zögernden Schritt auf die beiden zu. Bobbi war ausnahmsweise einmal sprachlos, selbst ihrem kleinen Engel fiel nicht mehr viel ein. Sie nickte, sie sah benommen aus. Will junior hinter ihr grinste uns an, als hätte er den Witz endlich kapiert.  
    »Spitzenmäßig«, sagte er mit einem zufriedenen Lachen.  
    Lester Swan hing immer noch in der Bustür, er schaute hinauf zum aufgehenden Mond und zu dem klaren, stillen Himmel. »Immer diese Wirbelstürme«, murmelte er, ohne die wahre Ursache des durchgedrehten Wetters zu verstehen. »Kommt, Kinder. Alle rein in den Bus. Wir müssen weiter.«  
    Wir stiegen wieder ein und Will setzte sich neben mich, immer noch lächelnd, sein linkes Knie stieß gegen mein rechtes. Zu meiner Überraschung und zu der aller anderen setzte sich Bobbi neben Fish.  
    Will suchte die Steinchen aus seinen Pommes, dann bot er uns allen davon an. Abgesehen von Samson, der selig den Finger mitten in die entwendete Torte tauchte, die jetzt auf Lills Knien stand, hatte nur Will noch etwas zu essen; die anderen Schälchen waren zwischen der Raststätte und dem Bus auf dem Boden verstreut.  
    »Ich glaube, wir sollten zusehen, dass wir von Emerald wegkommen, Lester«, sagte Lill und schaute besorgt aus dem Fenster. Lester nickte und ließ den Motor an, erschöpft von den ungewohnten Heldentaten und froh, dass ihm jemand sagte, was er tun sollte.  
    »Wohin soll ich dich fahren, Lill?«, fragte er über die Schulter, als er den Bus aus der Gasse hinter der Raststätte herausfuhr.  
    »Hm, ich glaub nicht, dass ich jetzt schon nach Hause will«, sagte Lill. »Ozzie weiß, wo ich wohne, und so, wie wir den zurückgelassen haben …« Schaudernd verstummte sie, dann fuhr sie fort: »Sie waren mit den Kindern auf dem Weg nach Salina, Lester. Vielleicht ist es das Beste, wenn wir einfach dahin fahren. Das heißt, wenn’s euch nichts ausmacht, mich mitzunehmen?«  
    Lill schaute uns der Reihe nach an. Wir schüttelten alle den Kopf und bissen uns auf die Zunge. Keiner von uns wäre auf die Idee gekommen, nein zu sagen. Wir hatten ja selbst nicht einmal um Erlaubnis gebeten, mit dem Bus mitfahren zu dürfen.  
    »Lester?«  
    Eine Antwort von Lester war kaum nötig. Er war so froh darüber, Lill als Reisegefährtin zu haben, dass ihm die Tränen in den Augen standen.  
    »Ich würde dich überall hinfahren, Lill Kiteley«, sagte er.  
    Bei dem Gedanken, nach Salina zu fahren und endlich Poppa zu sehen, machte mein Herz einen Hüpfer. Nach dem Fernsehbericht in der Raststätte ahnte ich, was Rockets Stromschaden

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