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Schimmer (German Edition)

Schimmer (German Edition)

Titel: Schimmer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Law
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in allen Schränken nach. Wir kippten den Wäschekorb aus, suchten hinter den Gardinen und hinter dem Duschvorhang. Ich sah sogar im Backofen nach – sicher ist sicher. Die ganze Zeit wütete Fishs Wut drinnen wie draußen, die Gardinen flatterten und bauschten sich, sämtliche Papierschnipsel und Wollmäuse flogen durch die Luft, Fishs Zorn drohte das Dach des alten Wohnwagens herunterzufegen.  
    Ich durchsuchte gerade den Schrank im Eingang, als das erste Polizeiauto dröhnend durch den Regen kam und im Radau der unterschiedlichsten Geräusche hinter dem großen rosa Bibelbus hielt. In dem Moment kam mir eine Idee. Ich wusste, wie ich Carlene dazu bringen konnte, mir Samsons Versteck zu verraten.  
    Ich brauchte dazu nur meinen Stift.  

31. Kapitel
     
    Ich fasste tief in meine Rocktasche und suchte nach meinem schicken silbernen Geburtstagsstift, fand jedoch nur das nutzlose, zerbrochene Stück Seife. Da fiel mir ein, dass Will junior den Stift noch hatte.  
    Will suchte im Schlafzimmer im hinteren Teil des Wohnwagens, und ich hörte, dass Carlene bei ihm war und schrie, er solle aufhören, die Decken von ihrem Bett zu ziehen.  
    Durch ein schmales Fenster in der Eingangstür beobachtete ich, wie zwei Polizisten aus einem Streifenwagen stiegen und durch den Regen auf den Wohnwagen zurasten. Schnell schob ich den Riegel an der Tür vor und stellte einen schweren Sessel davor, um Zeit zu gewinnen, ich hoffte, dass es noch einen zweiten Ausgang gab. Dann rannte ich durch den schmalen Flur an den anderen vorbei ins Schlafzimmer. Lester und Lill waren in der Küche und durchsuchten noch einmal die Schränke. Bobbi schaute in der Waschmaschine und im Trockner nach. Fish saß im Badezimmer auf dem Fußboden, er hatte den Kopf in die Hände gestützt und die Augen zugekniffen. Er kämpfte gegen den Sturm da draußen.  
    »Wir schaffen es, Fish! Ich hab die Lösung!«, rief ich ihm beruhigend zu, als ich an ihm vorbeirannte. Fish stand auf und folgte mir in Carlenes Schlafzimmer, Bobbi hinterher.  
    »Will! Ich brauch meinen Stift!«, schrie ich.  
    Will unterbrach sein wildes Bettzeug-Tauziehen mit Carlene und ließ ein Ende so abrupt los, dass die magere Frau rückwärts in ihrem soeben geleerten Wäschekorb landete, mit Armen und Beinen zappelnd, wobei einer ihrer Plüschpantoffeln zu Boden fiel und der andere bis an die Decke segelte, direkt über Bobbis Kopf – Bobbi duckte sich, um nicht getroffen zu werden. Wir hatten so gut wie keine Zeit mehr. Ich hörte, wie die Polizisten an die Eingangstür hämmerten.  
    »Will! Meinen Stift!« Ich streckte die Hand aus wie ein Chirurg, der ein Skalpell braucht. Will fasste tief in seine Tasche und drückte mir den glänzenden Stift in die Hand, er wusste genau, was ich vorhatte. Wir sausten alle um das Bett herum und darüber hinweg, stürzten uns auf die Frau im Wäschekorb und versuchten sie unten zu halten. Carlene stimmte ein so lautes, zischendes, fauchendes Gejaule an, dass es so war, als wollte man eine Wildkatze festhalten. Wieder hämmerte die Polizei an die Tür und ich wusste, dass ich keine Zeit zu verlieren hatte.  
    Carlene schrie: »Hilfe! Helfen Sie mir!« Fish blies ihr noch eine peitschende Brise entgegen, so dass sie zurückzuckte und den Kopf zur Seite drehte, aber ihr Maunzen hörte nicht auf.  
    »Hilfe! Überfall!«  
    Um ihr das Maul zu stopfen, holte Bobbi ihre Rolle Bubble Tape aus der Jeanstasche, zog eine ganze Armlänge Kaugummi heraus und riss es ab. Schnell knetete sie das lange Band zu einem festen Ballen zusammen, beugte sich vor und pfropfte den dicken Kaugummiklumpen in Carlenes großen, brüllenden Mund, was die Rufe der Frau wenigstens für den Augenblick dämpfte.  
    Ich zog die Kappe vom Stift, schnappte mir einen von Carlenes strampelnden Füßen; das war der einzige Körperteil, an den ich herankam.  
    »Lammich los!«, nuschelte die Frau mit dem riesigen, klebrigen, saftigen Kaugummi im Mund, sie versuchte ihn auszuspucken, schaffte es aber offenbar nicht, das Zeug von den Zähnen zu bekommen. Sie trat wieder nach mir, befreite ihren Fuß aus meinem Griff, ihre dicken Haare flogen um ihren Kopf wie eine Mähne, als würde sich die wütende Katze in einen Löwen verwandeln.  
    »Versucht sie festzuhalten«, rief ich. »Ich brauche nur eine Sekunde!« Während Fish und Bobbi versuchten Carlenes Arme zu Boden zu drücken, packte Will ihre beiden Füße. Ein eisenharter Tritt landete auf seiner Brust und

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