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Schimmernder Dunst über CobyCounty (German Edition)

Schimmernder Dunst über CobyCounty (German Edition)

Titel: Schimmernder Dunst über CobyCounty (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Randt
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Jeans zum allerersten Mal aufknöpfen. Und da sie mir in allen anderen Situationen bislang ausgesprochen routiniert und selbstsicher vorkam, habe ich ihren Gestus während des Ausziehens meiner Jeans als äußerst attraktiv und sexy empfunden.
    Ich liege auf dem Rücken und sie fährt mit ihrer Nase über meine Boxershorts. Dies wiederum macht sie, wie das auch die meisten anderen schon gemacht haben, es gefällt mir, auch wenn es erwartbar und eigentlich nichts Besonderes ist. Aber vielleicht gefällt es mir auch nur, weil sie es macht und nicht irgendwer. Ich schließe die Augen, so wie man im Allgemeinen seine Augen schließt, wenn man anzeigen möchte, dass man sich gerade fallen lässt. Alles Weitere geschieht dann so, dass ich es gar nicht mehr groß kommentieren kann. Sie macht nichts besonders gut, und mir ist das wahnsinnig recht, denn auch mir gelingt nichts optimal. Ich bin absolut nicht sicher, wo ich an dieser CarlaZwei am besten mit den Fingerspitzen entlangstreichen sollte. Es kommt mir für Augenblicke sogar so vor, als könnte sie ganz andere Sachen mögen als die Frauen und Männer bisher. Unser Sex ist weder ruppig noch besonders sanft, aber auch nicht unbeholfen, und mir fallen währenddessen tatsächlich keine Adjektive ein, die wirklich passen würden.
    Am frühen Vormittag schaltet sie den Fernseher ein, der flach und breit an ihrer Schlafzimmerwand hängt. Ich verschränke die Hände in meinem Nacken und CarlaZwei lehnt sich an, genauso wie das CarlaEins auch manchmal gemacht hat, sie legt ihren Hinterkopf an meiner Schulter ab. Wir müssen uns in ihrem Bett jedoch etwas querlegen, um den Fernseher gut sehen zu können, das ist neu.
    In der Nachrichtensendung steht ein Wetterreporter auf einem rußgeschwärzten Rasenstück auf den ColemenHills. Er trägt eine zeltförmige Regenhaut, die sich im Wind bewegt, dabei ist es eigentlich recht sonnig. Die Aufnahmen erreichen uns live, einmal blicke ich zum Fenster hinaus, als wollte ich prüfen, ob es auch wirklich sonnig ist, dann schaue ich wieder auf den Wetterreporter. Hinter ihm sind eigentlich nur gut erhaltene Häuser zu sehen, von einer Mondlandschaft kann überhaupt keine Rede sein. Der Reporter spricht von einer Unwetterfront, die sich CobyCounty vom Ozean her nähert. Zur Veranschaulichung wird eine Grafik eingeblendet, ein Wolkengebirge, das sich im Zeitraffer über die See schiebt und das sich dann, als es CobyCounty erreicht hat, in Blitze verwandelt und zuletzt in ein drohendes Fragezeichen. Den aktuellen Berechnungen zufolge könnte die Unwetterfront schon in fünf Tagen bei uns eintreffen. Unsicher ist man sich jedoch noch über die Art und Weise ihrer Entladung vor Ort.
    Ich kann nicht sagen, dass ich mir keine Sorgen mache. Doch solange sich unter diesem cremeweißen Bettlaken die juvenile CarlaZwei an meinen Oberkörper lehnt, leuchtet mir nicht ein, warum CobyCounty schon in wenigen Tagen von diesem Unwetter erreicht werden sollte. Die Fenster stehen offen und es ist wirklich warm. Es ist nun fast Mitte März und damit eine Phase des Frühlings erreicht, die von den meisten Touristen schon für eine Art Sommer gehalten wird. Einmal atme ich tief durch und frage mich, wie CarlaZwei eigentlich riecht. Dabei fällt mir auf, dass ihr Geruch dem von CarlaEins sehr nahe kommt. Sie trägt nicht nur den gleichen Duft auf, nämlich StevenAuraPale, die Ähnlichkeit der Gerüche scheint mir auch auf einer anderen Ebene begründet, auf einer ungreifbareren, jenseits von Parfum. Den Blick durch das geöffnete Fenster in den hellblauen Mittagshimmel gerichtet, überlege ich, ob ihr Geruch eventuell spezifisch weiblich sein könnte, aber dann fällt mir auf, dass ich in meinem Dämmerzustand wieder anfange, gefährlichen Unsinn zu denken. Denn es gibt ja weder ethnisch- noch geschlechterspezifische Gerüche, sondern nur individuell humane Dufttendenzen, und die sind bei guter Hygiene alle relativ angenehm. Ich fahre mit meiner Nase über den Nacken von CarlaZwei, sie dreht sich zu mir und vergräbt ihr Gesicht in meiner Halskuhle. Wir sind beide, obwohl wir heute noch nicht geduscht haben, ziemlich sauber. Als ich die Augen schließe, glaube ich, innerhalb kürzester Zeit wieder einzuschlafen. In den Nachrichten kommt ein älterer Sicherheitsbeamter zu Wort, mit einer warmen, beruhigenden Stimme. Man werde kein Risiko eingehen, sagt er, sollten sich die Hinweise auf eine monumentale Sturmfront verdichten, werde man nicht zögern, die Stadt zu

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