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Schimmernder Rubin

Schimmernder Rubin

Titel: Schimmernder Rubin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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Verwerfung zu vereinigen, die dort drüben am anderen Ende des Salton-Beckens verläuft.«
    »Und das alles erkennst du an einem so schmalen Spalt?«
    Cruz drehte sich um und sah an Laurel vorbei die Wände des Cañons hinauf.
    »Es ist nicht nur dieser eine Spalt«, sagte er. »Da gibt es noch viele andere.«
    Laurel drehte sich um und sah ein regelrechtes Zickzackmuster von Spalten und scharfen Kanten. An mehreren Stellen erkannte sie trotz ihrer ungeübten Augen Verschiebungen in den Gesteinsschichten. Wo einst solide, durchgängige Felsbetten wie ein gigantischer Schichtkuchen übereinander gelegen hatten, klafften nun bis zu dreißig Zentimeter breite Risse.
    »Die paar Zentimeter hier sind aber etwas ganz anderes als die Spalten auf der anderen Seite des Salton-Beckens«, sagte sie.
    Cruz sagte nichts.
    »Was passiert, wenn du recht hast?« fragte sie nach einem Augenblick.
    »Wenn das hier ein ganz neues Spaltensystem ist, dann wird vielleicht ein Teil des Drucks, der sich entlang der Sankt-Andreas-Spalte aufgebaut hat, nach hierher abgelenkt.«
    »Soll das heißen, dass es doch noch Hoffnung für Los Angeles gibt?«
    »Vielleicht«, sagte Cruz. »Andererseits könnten es schlechte Neuigkeiten für Las Vegas oder Laughlin, Nevada, sein. Du weißt, wie es heißt - das Glück des einen ist das Unglück des anderen.«
    »Du hast keine besonders tröstliche Sicht der Welt.«
    »An einigen Tagen frißt du den Bären, an anderen Tagen frißt er dich. Das ist der ganze Trost, den ich brauche, und mehr, als ich früher bekam.«
    Laurel drehte sich zu Cruz um und betrachtete ihn wie einen bizarren Edelstein.
    »Was soll das heißen?« fragte sie.
    Doch gerade, als Laurel aufgab, eine Antwort zu erwarten, und sich wieder dem Riß zuwandte, setzte er zu einer Erklärung an.
    »Es gab einmal eine Zeit«, sagte er verhalten, »in der ich die Welt wie ein typischer Bulle sah. In den Augen eines Bullen ist so ziemlich jedermann ein Arschloch. Das kommt daher, dass man es fast den ganzen Tag mit Ausschuß zu tun hat. Aber seit ich für Cassandra arbeite, habe ich gelernt, es langfristig zu betrachten. Und zwar ist langfristig fast jeder sowohl ein Arschloch als auch ein Heiliger.«
    »Was für eine unfeine Sichtweise«, murmelte Laurel und blickte reglos auf den unscheinbaren Spalt. »Und ich dachte, du wärst eine männliche Erlesenheit.«
    Cruz brach in lautes Gelächter aus, doch dann japste er und hielt sich die Seite. Trotz der Bandage taten seine Rippen höllisch weh.
    »Tut mir leid«, sagte Laurel. »Daran habe ich nicht gedacht.«
    »Meine eigene Schuld. Ich lasse mich zu leicht von dir überraschen.«
    »Daran merkt man, dass man ins Kaninchenloch gefallen ist«, bestätigte Laurel. »Man erlebt eine lausige Überraschung nach der anderen.«
    Sie überquerte den Riß, ging in die Hocke und sah sich alles aus einem anderen Winkel an.
    Cruz’ Augen folgten ihr wie ein blauer Radar. Ihre Bewegungen waren geschmeidig und grazil, so weiblich wie die Schwellungen ihrer Brüste unter dem losen Oberteil. Die Sonne schien ihr über die Schulter mit einer solchen Kraft, dass sich jede liebliche Einzelheit ihres Busens deutlich unter dem Stoff abzeichnete.
    Cruz machte fleißig Atemübungen, um seine innere Anspannung zu lockern. Er hatte nicht mehr so gefühlsbetont auf eine Frau reagiert, seit er sechzehn Jahre alt gewesen war und aus erster Hand erfuhr, wo ein Mädchen am weichsten war. Damals war er aufgeregt gewesen; jetzt war er nur ärgerlich.
    Ein Teil seines Aufruhrs war seiner Biochemie zuzuschreiben, das verstand er, und es ließ sich ignorieren. Was sich nicht ignorieren ließ, war der zunehmende Verdacht, dass er sich mit Laurel auf Messers Schneide zwischen Chaos und Struktur, Adrenalin und Langeweile, Finsternis und Licht befand. Nie zuvor hatte er eine derart freudige Erwartung gegenüber etwas anderem als seinem Job verspürt.
    Bis jetzt.
    Langsam wurde ihm klar, dass Laurel ihn genauso durchdringend prüfte wie er sie. Angespanntes Schweigen hing zwischen ihnen, während von unten aus der Wüste die Hitze heraufkroch. Eine heiße Brise wehte eine Strähne von Laurels Haar unter ihrer Mütze hervor. Sie fing sie auf und schob sie fort, ohne Cruz auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
    Er stemmte sich aus dem Loch heraus, das Aufbegehren seiner Rippen begrüßte er geradezu. Es erinnerte ihn daran, dass außerhalb dieses isolierten Cañons eine Welt existierte, in der Laurel gefährdet war, wo Verrat

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