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Schimmernder Rubin

Schimmernder Rubin

Titel: Schimmernder Rubin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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liebenswürdig hinzufügte: »Das würde mir ganz und gar nicht gefallen.«
    »Ja. Richtig. Sie würden über Ihrem Scheck von der Risk Limited sitzen und bittere Tränen vergießen.«
    Cruz kniff die Augen zusammen.
    »Dad hat mir alles über Sie erzählt«, sagte Laurel gepreßt. »Sie machen die gleiche Arbeit wie er, also erzählen Sie mir nicht, wie sehr Sie um die armen Lämmer trauern, die auf der Opferbank der Welt geschlachtet werden. Sie wie er nutzen die Menschen schamlos aus und belügen sie, weil es Ihr Job ist und Ihrem Wesen entspricht. Die Menschen bedeuten doch nichts weiter als Schachfiguren für Sie.«
    Die Stille zwischen ihnen wurde so vollkommen, dass Cruz und Laurel sich atmen hören konnten.
    »Weiß Ihr Vater, wie sehr Sie ihn hassen?« fragte Cruz sanft.
    »Nein, denn ich hasse ihn nicht.«
    »Sie könnten mich getäuscht haben.«
    »Dann lassen Sie sich aber leicht täuschen«, sagte Laurel. »Ich liebe meinen Vater. Ich mag ihn nur nicht besonders, vor allem nicht seine Arbeit.«
    Sie wandte sich von Cruz ab und starrte an ihm vorbei durch das Fenster in die Dunkelheit.
    »Ich mag keine Schachfigur sein«, entschied sie. »Aber wenigstens weiß ich auf diese Weise, woran ich bin. Dad liebt mich so, wie er einen Menschen, sich selbst eingeschlossen, nur lieben kann.«
    Der scharfe Klang ihrer Worte verriet, wie unglücklich sie war. Plötzlich verspürte Cruz den primitiven männlichen Drang, eine Frau zu trösten und zu verteidigen, die hilfloser - und begehrenswerter - war, als ihr bewußt zu sein schien.
    Ehe er allerdings dem Drang nachgeben konnte, erhob eine alte Erinnerung ihre Fratze: Eine Frau, die sich mit einem sanften Lächeln zu ihm umdrehte. Eine schwere, schwarze Waffe in der Hand. Ein stechender Schmerz in seiner linken Hand, als eine Kugel den Knöchel seines Zeigefingers zertrümmerte; dann das Geräusch der eigenen Waffe, die zweimal hintereinander schoß; das doppelte Klopfen des Todes.
    Mitgefühl war ein gefährlicher Fehler, wenn es um bestimmte Frauen ging. Laurel konnte eine von ihnen sein.
    »Sie wollen Ihrem Vater helfen?« fragte er leise. »Gut. Dann sagen Sie mir, wo das Ei ist.«
    Der Klang seiner Stimme ließ Laurel zusammenfahren. Sie blickte über ihre Schulter und sah dann sofort wieder in die Nacht hinaus. Nie zuvor hatte sie etwas so Finsteres wie Cruz’ Augen gesehen. Im Vergleich zu ihnen war die Dunkelheit der Nacht regelrecht einladend.
    »Ich weiß nicht, wo das Ei ist«, sagte sie.
    »Hat Ihr Vater es mitgenommen?«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Wohin ist er gegangen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wohin könnte er gegangen sein?«
    »Ich kann Ihnen nicht helfen«, sagte sie.
    »Sie können oder Sie wollen nicht?«
    »Beides«, sagte Laurel. »Es liegt mir einfach nicht, ihn zu hintergehen.«
    Einen Moment lang musterte Cruz die Frau, die es vorzog, in die Nacht hinauszustarren statt ihn anzusehen. Ihre gesamte Körperhaltung verstärkte ihre Worte noch - kerzengerader Rücken, leicht gespreizte Beine, hoch erhobener Kopf. Sie war bereit, sich der unbekannten Gefahr allein zu stellen.
    Dann wurde Cruz klar, dass Laurel dies wahrscheinlich bereits seit langem tat. dass sie es gewohnt war, sich dem gesamten Leben alleine zu stellen. Ein Vater wie Jamie Swann war bestimmt nicht oft zu Hause, und die künstlerisch veranlagte Mutter hatte die meiste Zeit in ihrer eigenen Welt verbracht. Und wer konnte es ihr verdenken, mit einem Ehemann wie Swann?
    Durch Cruz’ Schweigen verwirrt, drehte sich Laurel zu ihm um. Sie erwartete, all die harten Linien und Kanten männlicher Entschlossenheit in seinem Gesicht vorzufinden, doch was sie entdeckte, war ein Ausdruck von Teilnahme und Bewunderung, der allerdings verflog, ehe es ihr gelang, die Ursache dafür näher zu ergründen.
    Dieses Mal war Cruz derjenige, der den Blick abwandte. Er drehte sich zu dem Arbeitstisch um, weil er die Frau nicht länger ansehen konnte, deren Willen er brechen musste auf der Jagd nach seinem wahren Feind, der ihr Vater war.
    Er nahm die schwere, schwarze Pistole, die dort lag. Obgleich er regelmäßig mit diversen Waffen trainierte, war es etwas ganz anderes, auf ein lebendes Ziel zu schießen. Cruz wußte, dass er sich niemals daran gewöhnen würde. In der Tat gab es Augenblicke, in denen er sich fragte, ob es ihm überhaupt noch einmal gelang.
    Menschen zu erschießen war nicht so einfach, wie es im Fernsehen aussah. Und auf keinen Fall war es eine so klare Angelegenheit.
    Cruz

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