Schimmernder Rubin
betätigte den Schieber der Waffe und arretierte ihn in geöffneter Position. Dann drehte er die Pistole um und starrte in die Mündung. Er wendete sie so lange, bis das Licht vom Arbeitstisch durch die Öffnung fiel.
»Schmutzig«, er blinzelte. »Hat Ihr Vater Ihnen nicht gezeigt, wie man eine Waffe reinigt?«
Laurel war hypnotisiert, wie Cruz die schwere Pistole drehte und wendete. In seinen Händen wirkte sie vollkommen harmlos, wie der Hobel eines Tischlers oder das Ziselierwerkzeug eines Juweliers.
»Die Waffe ist genauso sauber wie an dem Tag, als sie die Fabrik verlassen hat«, sagte sie. »Warum hat Ihr Klient Angst davor, die Polizei zu verständigen?«
Cruz senkte die Waffe, nahm das Magazin vom Tisch und schob es mit geübten Fingern hinein.
»Sie begreifen sehr schnell«, sagte er. »Aber Sie spielen ein Spiel, dessen Regeln und Strafen Sie noch nicht einmal erraten können.«
»Soll das eine Drohung sein?«
»Nein. Es ist die Wahrheit. Ich akzeptiere Ihren Entschluß, Ihren Vater nicht zu hintergehen«, sagte Cruz. »Ich bewundere ihn sogar, obwohl ich weiß, dass Sie im Unrecht sind. Und wenn Sie den von Ihnen eingeschlagenen Weg weitergehen, dann wird es Sie das Leben kosten. Das werde ich nicht dulden.«
Laurels Nackenhaare sträubten sich, als sie Cruz’ Ton vernahm. Er sprach nicht mit seiner reichen, maskulinen Stimme, er verzichtete auf Rhythmus, Schattierungen, dramatische Pausen, sinnliche Dunkelheit und Locken. Seine Worte kamen sachlich und tonlos heraus.
»Sie können mich nicht aufhalten«, sagte Laurel.
Aber ihre Stimme wies im Gegensatz zu seinem Ton eine Spur von Unbehagen auf.
»Ich könnte Sie einfach mitnehmen«, sagte Cruz.
Sie blickte auf die Pistole in seiner Hand. Ihre Pistole.
»Mit vorgehaltener Waffe?« Sie wurde schneidend.
Cruz’ Mund verzog sich zu einem eigenartigen Lächeln.
»Ich denke, es wäre einfacher, Sie über meine Schulter zu werfen und in mein Wüstenversteck zu schleppen«, sagte er. »Das wollte ich schon immer mal mit einer schönen Frau tun.«
»Sie sind abartig«, sagte Laurel, aber ihre Stimme verriet eine gewisse Belustigung.
»Danke.«
»Außerdem haben Privatdetektive keine Wüstenverstecke.«
»Nein?«
»Sie haben muffige Büros mit gebrauchten Schreibtischen und Telephonen, die man nur noch in Schwarzweißfilmen sieht.«
Cruz brach in lautes Gelächter aus. »Und Sie nennen mich abartig.«
Laurel bemerkte höchst zufrieden, dass das Eis und die Distanz aus Cruz’ Blick gewichen waren.
»Ich bin eine andere Sorte von Privatdetektiv«, sagte er. »Wir haben nur Funktelephone - ein weltweites Funksprechsystem, um mit all unseren Leuten ständig in Kontakt zu sein.«
»Haben Sie auch Piepser?«
»Ja«, sagte Cruz. »Obwohl ich die verdammten Dinger am liebsten im Klo runterspülen würde.«
Wieder blickte er auf die schwere, altmodische, doch immer noch tödliche Pistole in seiner Hand.
»Vielleicht gefällt Ihnen die Wüste ja«, sagte er. »Auf jeden Fall würden Sie Cassandra mögen.«
Laurels Miene wurde argwöhnisch. »Frau, Freundin oder zahmer Leguan?«
»Nichts davon. Sie ist meine Chefin. Cassandra Redpath,«
»Die Cassandra Redpath? Botschafterin, Professorin, Historikerin?« fragte Laurel verblüfft.
»Sie haben Analytikerin beim CIA und Außenministerium vergessen.«
»Das wurde auf den Schutzumschlägen ihrer Bücher nicht erwähnt.«
Cruz sah Laurel mit unverhohlenem Interesse an.
»Bücher, he?« fragte er leise. »Sie haben die tatsächlich gelesen?«
»Ich habe sie verschlungen. Dr. Redpath ist die einzige Historikerin, die meiner Meinung nach tatsächlich ebensoviel von Kunst wie von Politik versteht. Das liegt wahrscheinlich daran, dass sie eine Frau ist.«
Cruz bedachte sie mit einem schmerzlichen Blick.
»Noch so eine weibliche Chauvinistin«, fauchte er. »Cassandra wird Sie lieben.«
Er ließ den Schieber der Pistole zurückgleiten, bis er einrastete. Dann sicherte er sie, legte sie auf den Arbeitstisch und sah Laurel erwartungsvoll an.
»Wir machen uns besser auf den Weg«, sagte er. »Schließlich haben wir nicht viel Zeit.«
»Was?«
»Gehen Sie los, und packen Sie ein paar Sachen ein. Oder wollen Sie ohne Gepäck verreisen?«
»Ich gehe nirgendwohin.«
»O doch«, korrigierte Cruz lächelnd.
Aber seine Augen verrieten wieder tödlichen Ernst.
»Nein«, sagte Laurel.
»Ich will nicht abartig sein, Süße, aber entweder begleiten Sie mich in die Wüste...«
»Das ist eine
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