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Schimmernder Rubin

Schimmernder Rubin

Titel: Schimmernder Rubin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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sieben.
    Sie hob den Hörer ab, gab die Nummer des Piepsers ihres Vaters ein, wartete auf das Signal, wählte die sechs Zahlen der Rückrufnummer und hängte eilig auf. Insgesamt hatte sie weniger als dreißig Sekunden gebraucht.
    Sie betete, das Richtige getan zu haben, und sah sich nach ihren Kleidern um. Sie waren nirgends zu sehen. Außer dem hauchdünnen grünen Nachthemd, das sie gestern Abend auf der zurückgeschlagenen Bettdecke gefunden hatte, trug sie nichts am Leibe.
    Sie ging zum Kleiderschrank und öffnete ihn. Abgesehen von einem dünnen Baumwollmorgenmantel, der zu dem Nachthemd paßte, hing dort nichts. Sie nahm den Morgenmantel von seinem Bügel und zog ihn an. Noch während sie den Gürtel zuband, trat sie in den kühlen Flur hinaus, sah in beide Richtungen und wandte sich dann dem erhellten Raum zu, den sie an einem Ende sah.
    Eine kräftig gebaute Frau mit schimmerndem schwarzem Haar und einer Haut in der Farbe deftigroter Backsteine deckte gerade einen Tisch. Der Raum war groß, mit Terrakotta-Kacheln versehen, und die Einrichtung wies den teuren und zugleich spartanischen Stil des Südwestens auf. Die Möbel entsprangen sicher keiner Massenproduktion. Die indianischen Teppiche waren mindestens neunzig Jahre alt und es waren weder pinkfarbene Pastelltöne noch knallige Türkisstellen eingewebt.
    »Guten Morgen, Miss Swann«, sagte die Frau fröhlich. «Ich bin Grace Mendoza und arbeite für die Botschafterin. Haben Sie gut geschlafen?«
    »Ja, danke. Wo sind meine Kleider?«
    »Im Trockner. Sie müßten fertig sein, wenn Sie gefrühstückt haben - oder zu Mittag gegessen, wie Sie wollen.«
    Laurel blinzelte. »Wieviel Uhr ist es?«
    »Fast elf. Cruz sagte, wir sollten Sie so lange wie möglich schlafen lassen. Klang ganz so, als hätten Sie eine anstrengende Nacht gehabt.«
    »Zum Teil.« Laurel blieb einsilbig. »Wo ist Mr. Rowan? Ich muss ihn sofort sprechen.«
    Leicht belustigt musterte Mendoza Laurels Aufmachung, aber sie enthielt sich jeden Kommentars.
    »Ich habe gesehen, wie er vor ein paar Minuten mit Hauptfeldwebel Gillespie in den Gymnastikraum ging«, sagte sie.
    Laurel erinnerte sich daran, wie Cruz sie dazu überredet hatte, ihn zu begleiten. Er hatte gesagt, er wäre zu verletzt, um alleine zu fahren.
    »In den Gymnastikraum?« fragte sie ungläubig.
    »Wenn er hier ist, trainiert er mindestens einmal am Tag.«
    »Selbst, wenn er eine gebrochene Rippe hat?«
    »Cruz ist nie besonders lange verletzt.«
    Das belustigte Blitzen in Mendozas dunklen Augen fand in Laurels Blick kein Echo.
    »Nicht besonders lange?« fragte sie gedehnt. »Der Mann ist ein wandelndes medizinisches Wunder. Wo ist der Gymnastikraum? Ich kann es kaum erwarten, ein echtes, lebendiges Wunder zu sehen.«
    »In dem Gebäude unter dem alten Pfefferbaum«, sagte Mendoza und wies mit der Hand über den Hof. »Aber möchten Sie nicht vielleicht erst ein Glas Orangensaft oder eine Tasse Kaffee? Cruz ist bestimmt gleich zurück.«
    Laurel antwortete nicht. Sie eilte bereits durch die schweren Glastüren davon.
    Hinter ihr griff Mendoza zum Telephonhörer und rief Cassandra Redpath an.
    Obgleich der Weg, den Laurel über den Hof in Richtung Gymnastikraum nahm, schattig war, brannte die Hitze auf ihrer Haut. Genauso war es mit ihrem Zorn. Er brannte trotz des ruhigen Vertrauens, das sie Cruz Rowan gegenüber verspürt hatte.
    Und trotz des Verlangens, das sie in seiner Nähe empfand, fügte sie selbstbezichtigend hinzu. Vergiß das nicht. Du hast dich kindisch leicht besiegen lassen.
    Der Gymnastikraum befand sich in einem fensterlosen Betonwürfel. Er war so angelegt, dass er die Wüstensonne bestmöglich reflektierte. Laurel ging durch die schwere Tür. Drinnen blieb sie stehen, bis sich ihre Augen an die schummrige künstliche Beleuchtung gewöhnten.
    Anfangs wirkte das Gebäude vollkommen ruhig, doch dann hörte Laurel gedämpftes Stöhnen und schweres Keuchen.
    »Los, du Riesenochse. Zeig mir, woraus du gemacht bist.«
    Laurel erkannte die Stimme von Cruz. Wenn er immer noch Schmerzen verspürte, hörte man es ihm zumindest nicht an.
    Sie ging mit langen Schritten auf den Übungsraum zu, versessen darauf, ihn zur Rede zu stellen.
    »Du bist langsam, weißer Junge. Zu langsam, zu langsam. Wo ist deine Schnelligkeit? Hast du sie vielleicht im Flugzeug gelassen? Sollte das ein Angriff sein, oder kratzt du dich gerade am Arsch?«
    Die spöttische Stimme hatte einen Oxfordakzent, den eine schottische Satzmelodie und eine

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