Schischkin, Michail
Hosengummizug gegen den nackten Bauch klatschte,
sonst werden wir hier nie fertig.
Antwort: Die ersten
Tage in der Einheit gab es Prügel.
Frage: Das ist
nicht außergewöhnlich, oder?
Antwort: Wir haben
uns ja auch gar nicht gewehrt. Dass nach der Vereidigung noch härter
zugeschlagen werden würde, auch ins Gesicht, das wussten wir schon. Vor der
Vereidigung schlugen sie einen nicht ins Gesicht.
Frage: Sagen Sie,
was war das für eine Einheit, wo stationiert?
Antwort: Eine ganz
normale Einheit, nichts Besonderes. Mit zwei Kiefern am Tor, die da stehen wie
Wächter, früher stand da ein ganzes Kiefernbataillon. Aber das ist nicht so
wichtig. Wichtig ist nur, ich sitze eines Sonntags im Aufenthaltsraum vor dem
Fernseher, da kommt dieser Sergej rein, Spitzname: der Graue, und brüllt:
»Stillgestanden! Die Kaserne sieht aus wie ein Schweinestall! Marsch, marsch!«
Ich im Laufschritt aufs Zimmer, da liegen die Soldaten auf den Betten, und
meines ist ganz zerwühlt. Ich bringe es in Ordnung, der Graue geht hin und
zerwühlt es wieder. So geht das eine volle Stunde. Alle haben ihren Spaß.
Zwischendurch kriege ich Tritte von denen, die in der Nähe liegen. Und der
Graue schnipst sich die ganze Zeit den Gummizug seiner Unterhose gegen den
Bauch. Wir waren die Frischlinge, eben aus der Grundausbildung gekommen, in der
ersten Nacht wurde uns der traditionelle Empfang bereitet: Man zwang uns, mit
Handtüchern »den Winter auszutreiben«. Einer, der sich weigerte mitzutun,
bekam einen Schemel über den Kopf. Und dann war da noch ein Fall...
Frage: Jaja, ich
weiß, ich kenne eure Fälle! Gleich erzählen Sie mir, wie Sie morgens mit der
Zahnbürste die »Landebahn« in der Kaserne schrubben mussten.
Antwort: Ach, Sie
etwa auch?
Frage: Ja, was
dachten denn Sie? Dass es andere leichter hatten? Dass die nicht auch den
Abgängern die Betten machen mussten, die Kragenbinden einnähen? Putz- und
Flickstube, wissen Sie noch? Kahl geschorene Dachse waschen und bügeln den
Abgängern die Hemden. Der Graue trug seine nach der Mode der Altgedienten, mit
diesen krassen Abnähern. Und plötzlich siehst du dich im gesprungenen,
beschlagenen Spiegel, und in deinen Augen hockt die nackte Angst: nur keine
Bügelspuren! Nur ja nichts versengen!
Antwort: Sagen Sie
bloß, Sie hatten auch einen Grauen? Mit der Gewohnheit, sich den Gummi seiner
blauen Unterhosen gegen den Bauch zu schnipsen?
Frage: Einmal,
wie ich ihm die Binde in den Hemdkragen nähte, mir dabei in den Finger stach,
und das auch noch so ungeschickt, dass ich ihm die Binde versaute mit einem
winzigen Blutströpfchen - was da losging!
Antwort: He, das
war doch ich, dem das passierte! Erst bekam ich einen Fausthieb in den Magen,
und wie ich mich vor ihm krümmte und japste und spuckte, rammte er mir den
Ellbogen ins Kreuz, dass ich umfiel. Dann noch den Stiefel - freilich nicht
richtig, eher mit Augenmaß, um keine Brüche zu riskieren. Außerdem hatte er
noch einen speziellen Dreh: mir die Arme mit einer Hand hinter den Rücken zu
ziehen, die andere so über Mund und Nase zu legen, dass ich keine Luft mehr
kriege, und zu warten. Bist du kurz davor wegzutreten, klappt er die Hand ein
Stück auf, dass du einen Atemzug machen kannst, und sperrt wieder zu. Am Ende
nimmt er sie weg und wischt sie ab - an den Stoppeln auf meinem Kopf.
Frage: Und wissen
Sie noch, wie die in der Banja Ihren Pimmel sahen, klein und blass und ohne den
geringsten Bewuchs, und lachten sich scheckig, kriegten sich nicht wieder ein?
Das haben Sie denen hoffentlich nicht übel genommen? Bedenken Sie: zwei Jahre
Kaserne, und nur an Badetagen, auf dem Weg durch die Stadt, lässt sich ein
bisschen spannen auf das zivile Leben, das sowieso größtenteils aus
verkleideten Offizieren besteht, und alle Frauen sind deren Frauen, und die
Banja ist gleich ums Eck. Kein Wunder, wenn selbst das Laub unter den Füßen mit
den Stiefeln anzubandeln scheint... Die Jungs sind doch das blühende Leben,
also jedenfalls noch nicht tot, wovon sollen sie anders reden als von Frauen,
der ganze Politunterricht handelt nur davon, wer ihn ihr wo am liebsten gleich
einmal reinstecken möchte, während der Politoffizier in seiner roten Ecke, und
neuerdings im schwarzen Talar, immer dieselbe Schote vom greisen, schlappen
Spartaner erzählt. Angetreten, in den Krieg zu ziehen, wird er gefragt: Was
willst du denn noch ausrichten? Und gibt
grinsend zur Antwort: Und wäre ich nur dazu nütze, dass der Feind sich
an mir sein Schwert
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