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Schischkin, Michail

Schischkin, Michail

Titel: Schischkin, Michail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venushaar
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auszogen, ungeduldig den Fuß geschüttelt, um sie
abzuwerfen, dort war sie gelandet. Lag da und dachte: Wieder nichts gemacht
fürs Institut, ich studierte Sprachen und hatte für jedes Seminar Aufgaben zu
erledigen, wie in der Schule - so lag ich auf meinem alten, durchgesessenen
Sofa, das bei jeder Bewegung quietschte, oder besser gesagt: aufschrie, als
wollte es sagen: He, hört sofort auf, ihr strampelt euch vor lauter Liebe einen
ab da oben, und ich breche gleich zusammen, meine Füße wackeln schon! -
wartete, dass du zurückkamst, dachte: zum Teufel mit den unregelmäßigen Verben!
In dem Moment trittst du aus dem Bad, verharrst auf der Schwelle, lächelnd:
Fällt dir nichts auf? Ich schaue hin: Du stehst an den Türrahmen gelehnt, Hände
hinter dem Kopf, Ellbogen gespreizt, ein Fuß auf dem anderen stehend, mit
schaukelndem Knie. Ich schaue auf dein rosa Schwimmhäutchen unter dem
Schlüsselbein, auf die knubbeligen Brustwarzen, das schwarze Knäuel am unteren
Bauch - als hättest du da etwas zwischen den Beinen klemmen und hieltest es
fest, einen Fausthandschuh oder eine Wollsocke - und jetzt bemerke ich es: Der
Nabel ist weg... Ich stand auf, ging hin, schaute nach: Du hattest deinen Nabel
mit Pflaster überklebt, fleischfarben, aus der Entfernung nicht zu sehen. Ich
nahm dich auf meine Arme, hätte dich gern im Kreis herumgewirbelt, aber wie
soll das gehen in solch einer winzigen Bude, wir verloren das Gleichgewicht,
fielen auf das Sofa. Weißt du noch, das Krachen, wie es unter uns zusammenbrach?
Du lachtest dich tot, ich riss dir das Pflaster vom Bauch - und hatte auf
einmal unbändige Lust, es dir dort hineinzusagen,
dem aus dem Nabel ragenden Weinbeerchen zu flüstern: wie sehr ich dich liebe.
    Antwort: Außerdem
hast du dir damals die Lippe an meinem Ohrring aufgerissen. Zeig mal her!
Nein, man sieht es nicht mehr.
    Frage: Und wie
gern habe ich dich in deinem Vivarium besucht! In unserem Käfig!
    Antwort: Anfangs
habe ich dort meine Liebe an alle und jedes verschenkt, zum Ende hin ging gar
nichts mehr. Die Hunde wurden in der Stadt aufgelesen, halb tot und
verängstigt bei uns abgeliefert. Für ihren Unterhalt stand diverses Futter zur
Verfügung, auch Fleisch, das aber regelmäßig veruntreut wurde, die Hunde wurden
mit Hundefleisch gefüttert. Die einen wurden getötet, zerhackt und den anderen
vorgeworfen. Ich nahm mir vor, an meinem letzten Arbeitstag, bevor ich ging,
alle Käfige zu öffnen und diese unglücklichen Kreaturen herauszulassen. Einmal
kam ich erst sehr spät los, es war später Herbst, zeitig dunkel, und schon so
kalt wie im Winter. Zufällig waren in der Nacht alle Käfige leer bis auf einen.
Der verbliebene Hund hatte schon ein paarmal geblafft; da aber keiner
antwortete, fing er an zu heulen. Ich machte, dass ich wegkam, um dieses Heulen
nicht mit anhören zu müssen. Vermutlich glaubte er der letzte Hund auf der Welt
zu sein. Ich kam nach Hause in die Einzimmerwohnung in Beljajewo, wo wir damals
zur Miete wohnten, du warst nicht da, und ich fing an, in deinen Anziehsachen
zu wühlen, deine Ärmel zu beschnüffeln, mein Gesicht an deinem Pullover zu
reiben, zog mir dein Hemd über... Lief durch die Wohnung und liebte. Konnte gar
nichts anderes tun. Dass du nicht bei mir warst, spielte keine Rolle, ich war
so voll von meiner Liebe zu dir, dass kein anderer, auch nicht der
klitzekleinste Gedanke Platz in mir fand. Und wo ich hinguckte, sah ich sowieso
nur dich. Glücksanfälle. Wenn der Heizungskörper gurgelte - wie gemütlich war
das! Wenn es zum Fenster kalt hereinzog - das tat gut! Dein Schal - so flauschig
an meinem Hals! Unten auf der Straße standen zwei Männer im Lichtkegel der
Laterne und unterhielten sich mittels Dampfwolken - welch originelle
Erfindung! Und so genoss ich jeden Sinneseindruck - allein schon, weil ich es
war, die da fühlte, sah und berührte! Das Leben war so prall und schön, ich
hätte heulen können. Ging in die Küche Bratkartoffeln machen - denn bald kamst
ja du - und heulte tatsächlich, nämlich vom Zwiebelschneiden, aber das war in
dem Moment ein und dasselbe.
    Frage: Augenblick...
Mir ist der Arm eingeschlafen. Leg deinen Kopf ruhig auf meine Brust.
    Antwort: Bin ich
dir auch nicht zu schwer?
    Frage: Nein,
nein. Sprich weiter.
    Antwort: Während
ich an dich dachte, wurde mir klar, dass diese Liebe die erste und letzte war;
eine, die noch nie da gewesen war und nie wiederkommen würde. Nie da gewesen
waren, nie wiederkommen würden die

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