Schischkin, Michail
frisch
gestrichenen Fußboden lagen Zeitungen ausgebreitet, sie blieben an unseren
schweißigen Füßen kleben. Die Hitze ließ auch gegen Abend nicht nach.
Irgendwann verzogen wir uns ins Badezimmer. Da saß eine Spinne, du spültest
sie mit einem Schwall aus dem Duschschlauch in den Abfluss. Gern hätte ich dir
den Bikini aus weißer Haut ausgezogen, der beinahe bläulich von der sonstigen
Bräune abstach. Wir ließen die Wanne voll, du stiegst hinein, strecktest dich
aus, und deine Beine sahen im grünlichen Wasser kurz und krumm wie Froschbeine
aus. Ich streichelte sie unter Wasser, wo meine glitschenden Hände sie rank und
schlank vorfanden, und ich dachte, so muss das sein, du meine Froschkönigin.
Und hinterher, als es aus mir ins Wasser tropfte, beugtest du dich extra
tiefer, schautest interessiert und sagtest: Sieh nur, es gerinnt zu kleinen
Federwölkchen.
Antwort: Alle
Freundinnen hatten es schon hinter sich, nur bei mir war nichts, bevor du
kamst. Mama hatte mir längst irgendwelche Kügelchen zugesteckt, die man vorher
in die Scheide einführen sollte, aber was sollte ich damit anfangen? Sie lagen
im Kühlschrank. Immer wenn ich ihn aufmachte, um die Milch herauszunehmen, sah
ich sie, und mir war zum Heulen. Dabei hätte ich so gerne geliebt, wie es sich
gehört: mich angeschmiegt, hingestreckt, umgestülpt, festgesaugt mit jedem
Fleckchen meiner Haut, darumgelegt wie ein Futteral. Als du gewahr wurdest,
dass ich noch ein Frosch mit Jungfernhäutchen war, hieltest du inne, wolltest
etwas sagen, doch ich legte dir die Hand vor den Mund: Schweig! Ich will es! Sehr!
Trotzdem klappte es lange Zeit nicht, du eruptiertest immer gleich. Ich
verschmierte mir das Zeug über Bauch, Brust, die Flecken am Hals, schnupperte,
schmeckte - und war immer noch keine Frau. Ich bewarb mich fürs Psychologiestudium,
fiel durch und fand eine Anstellung am Vivarium der Universität. Früher hatte
ich mir mein erstes Mal mit einem Mann immer in schöner Atmosphäre ausgemalt,
und das war: schönes Zimmer, schöne Musik, unbedingt Kerzenschein. Das Leben
hat schön zu sein! Aber bald verstand ich: Schönheit ist etwas ganz anderes.
Mit Vorliebe trieb ich mich bei den Froschkübeln herum und den Regalen, in
deren Schüben weiße Mäuse wimmelten. Hier herrschte ein eigentümlicher Geruch,
der mir behagte: warm, erdig, höhlig. Es gab auch drei Affen, die schreckhaft
und bösartig waren. Mit ihnen wurden irgendwelche Versuche angestellt. Dazu
arretierte man sie in speziellen Schraubstöcken, sie bekamen Elektroden an den
Kopf geklemmt. In den Pausen zwischen den Versuchen hockten sie traurig in
ihren Käfigen. Weißt du noch, da standen Säcke mit Walnüssen, du strecktest
eine Nuss durch das Gitter, der Affe schnappte sie und schlug dir mit Wucht auf
die Hand. In den Augen keine Trauer mehr, sondern plötzlich helle Wut. Auf dem
Hof gab es reihenweise Hundekäfige. Fing ein Hund an zu bellen, fielen die
anderen ein, das Gekläff ging durch Mark und Bein. Einmal sollte ich Welpen
ersäufen, du gingst mir zur Hand: Wir gossen Wasser in einen Eimer, warfen die
Welpen hinein und beeilten uns, einen anderen Eimer mit Wasser daraufzusetzen
und zu drücken, sodass das Wasser uns über die Füße schwappte. Ich versuchte
mich zusammenzureißen, doch die Tränen waren nicht zu stoppen. He, wein doch
nicht!, sagtest du, das lässt sich später einmal alles verwenden, in
irgendeiner Erzählung vielleicht. Das sollte ein Trost sein! Überhaupt redetest
du einen solchen Stuss, dass mich das große Mitleid überkam und dazu so eine
Liebe, am liebsten hätte ich deinen Kopf an meine Brust gezogen und dich
gehätschelt wie ein Kind. Wir mussten noch Heu holen, das im hintersten Käfig
gelagert war. Als wir dort eintraten, war ich nicht mehr zu halten. Schlang
Arme und Beine um dich, presste, verbiss mich, warf dich um. Hier nun fand die
wahre Schönheit statt: der Duft des stachligen Heus, das irre Gekläff, du zum
ersten Mal in mir, Schmerz, Blut, Freude.
Frage: Und an dem
Tag, als der Bildband dir wie ein Rock die Lenden bedeckte, weißt du noch,
gingst du irgendwann ins Bad - duschen, nahm ich an, es war aber kein
Plätschern zu hören, dafür ein Klappern, das nicht aufhören wollte, als
kehrtest du im Schränkchen mit den Nagelscheren, Shampoos und sonstigen
Flaschen das Unterste zuoberst. Vertieft in die Badgeräusche, lag ich da,
rätselte, was du wohl anstelltest, sah deine Sandalette im Sessel hängen, du
hattest, als wir uns
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