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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Gen-Erbe gegenüber loyal, auch deinen Leuten in deiner Heimat gegenüber. Aber dein Tod wird sie nicht retten. Sie sind erledigt und verurteilt. Hier geht es jetzt nur noch um euch und uns. Achtzehn Menschen. Ich habe unter diesen Fortunaten gelebt. Wir wissen beide, was sie sind. Sie sind Abschaum, Räuber und Plünderer. Versager. Und Opfer, Nora. Sie leben in der Lücke zwischen dem Richtigen und dem Möglichen ... Aber wenn ihr mitspielt, werden sie euch nicht umbringen. Darin liegt eure Chance ... eine Chance für die sechs Personen hier ... Wenn sie euren Laden hier dichtgemacht haben, kehren sie wieder zu den Kartellen zurück. Wenn ihr euch ergebt, nehmen sie euch mit. Ihr seid alle jung. Kaschiert eure Vergangenheit, und dann könntet ihr in einem Jahrhundert vielleicht diese Kartelle beherrschen. Mech ... Shaper ... das sind doch bloße Aufkleber. Die Hauptsache ist, daß wir leben.«
    »Ihr seid Werkzeuge«, sagte die Frau. »Opfer, gewiß, das lasse ich gelten. Auch wir selbst sind Opfer. Aber Opfer für eine bessere Sache als die eure. Wir kamen hier nackt an, Abélard. Wir kamen in einem Einwegschlepp, und der einzige Grund, warum wir nicht unterwegs weggepustet wurden, ist, daß der Council für jede echte Mission fünfzig Lockvögel losschickt. Es kostet die Kartelle mehr, uns umzubringen, als wir wert sind ...
    Deswegen haben sie euch angeheuert. Die reichen Mechs, die an der Macht, haben euch auf uns gehetzt. Und wir hatten zu überleben begonnen. Wir haben diese Basis hier aus dem Nichts geschaffen, mit unsern Händen, unserm Hirn, unsrer Wetware. Und ihr seid gekommen, uns zu töten.«
    »Aber wir sind jetzt hier«, sagte Lindsay. »Was vorbei ist, läßt sich nicht mehr ändern. Ich flehe dich an, mich leben zu lassen, und du kommst mir mit Ideologie. Bitte, Nora ... Bitte gib ein wenig nach. Bring uns doch nicht alle um!«
    »Ich will leben«, sagte sie. »Ihr solltet euch uns hier anschließen. Eure Bande ist ja kaum zu was nutze, aber wir könnten euch ertragen. Ihr würdet zwar nie echte Shapers werden können, aber unter unsrer Führung gibt es Platz auch für Ungeplante. Auf die eine oder andere Art überspielen wir doch jede Bewegung, die die Kartelle gegen uns unternehmen.«
    »Aber ihr seid umzingelt«, sagte Lindsay.
    »Wir brechen aus. Hast du das noch nicht gehört? Die Concate-Nation wird sich zu unsren Gunsten erklären. Ein Zirkumlunar gehört uns bereits: die Mare Serenitatis Circumlunar Corporate Republic.«
    Sogar hier noch war Constantins Schatten auf ihn gefallen. »Und das bezeichnest du als Sieg?« fragte er. »Diese dekadenten, abgewirtschafteten Miniwelten? Diese brüchigen Ruinen?«
    »Wir werden sie neu aufbauen«, sagte sie mit eisiger Zuversicht. »Ihre Jugend gehört uns.«
     
    AN BORD DER ›RED CONSENSUS‹: 1-1-'17
     
    »Willkommen an Bord, Dr. Mavrides«, sagte der Präsident und streckte die Hand aus. Nora schüttelte sie ohne Zögern; ihre Haut war unter der dünnen Plastikhaut ihres Raumanzugs abgeschirmt.
    »Ein schöner Anfang des Neuen Jahres«, sagte Lindsay. Sie befanden sich im Kontrolldeck der Red Consensus . Lindsay fiel auf, wie sehr er die vertrauten Knall-Pieps-und-Quietschlaute der Instrumente vermißt hatte. Der Lärm breitete sich in seinem Innern aus und löste eine Spannung, die ihm überhaupt nicht bewußt geworden war.
    Die Verhandlungen liefen seit zwölf Tagen. Er hatte vergessen, welchen üblen Eindruck die Piraten machten, wie vollkommen verdreckt und schmierig sie waren. Ihre Poren waren von Mitessern verstopft, die Haare ranzig verfettet, die Zähne von schwärzlichem Zahnstein eingefaßt. Für den Blick eines Shapers wirkten sie wie wilde Tiere.
    »Dies ist unsere dritte Übereinkunft«, sagte der Präsident formell. »Zunächst das Open-Channels-Gesetz, danach die Vereinbarung über Technologische Wertfestsetzung und Handelsabkommen, und nun ein echter Durchbruch in unserer Politik der Sozialen Gerechtigkeit: das Integrations-Gesetz. Seid willkommen in Red Consensus , Dr. Mavrides. Wir hoffen, ihr werdet jedes Angström dieses Schiffs als Teil eures Nationalerbes betrachten.«
    Der Präsident piekte einen computergedruckten Vertrag an ein Schott und unterschrieb schwungvoll. Lindsay drückte - mit der linken Hand - das Staatssiegel darunter. Das hauchdünne Papier zerknitterte dabei ein wenig.
    »So, nun sind wir allesamt Landsleute hier«, sagte der Präsident. »Also, machen wir es uns ein bißchen gemütlich. Um uns - hm -

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