Schiwas feuriger Atem
Schweigen. Die mechanischen Systeme murmelten und klickten. Die Männer konnten das unter ihren Helmen nicht hören, doch spürten sie die leichten Vibrationen.
Ping! Ping! Partikel aus Schiwas Schwarm prallten vom Schiff ab. Bonk! Tink! Die Männer merkten es nicht. Ihre Augen hingen an der dunklen Oberfläche des fliegenden Berges aus Stein und Eisen, nur ein paar hundert Meter vor ihnen. Sie hielten Schritt mit ihm, nur ein wenig hinter und seitlich von ihm, direkt gegenüber der vorgesehenen Aufschlagzone.
Jagens merkte nicht, daß er den Atem anhielt. Er sog noch mehr Luft ein, behielt sie unbewußt bei sich, wartete.
Zwischen dem Eintritt Bolschois in den äußeren Rand des Schiwa-Schwarms und der Detonation lagen nur Sekundenbruchteile. Für einen Menschen wäre es unmöglich gewesen, die Detonation genau im richtigen Zeitpunkt auszulösen. Das konnte nur der sorgfältig programmierte Bordcomputer.
Menschow gab Bolschoi das letzte Kommando, indem er die endgültigen Navigationsdaten einfütterte. Jetzt war Bolschoi selbständig. Die Besatzungen beider Schiffe bereiteten sich auf die gefährliche Erschütterung vor. Jagens sah an Menschow vorbei auf den grünen Bildschirm mit der quer darüber verlaufenden gelben punktierten Linie. Längs der Linie bewegte sich ein roter Punkt.
»Abruf, General!« befahl er.
»Zwölf … elf … zehn …«
Hatten sie den richtigen Kurs, fragte sich Carl. Haufenweise Staub, keine Steine von gefahrdrohender Größe, und doch …
»Sieben … sechs … fünf …«
So vieles konnte schiefgehen. Das Murphy-Gesetz galt immer noch, auch in dieser ungeheuren Entfernung von der Erde.
»Zwei … eins …!«
Bolschoi schoß durch den Schwarm wie ein Hai durch einen Sardinenschwarm. Ein Stein, nicht größer als eine Babyfaust, riß einen wichtigen Bestandteil der achterlichen Navigationsscheibe weg. Ein anderer Stein, nicht größer als das Baby selbst, war eine ganze schicksalsträchtige Sekunde lang im Weg der Bug-Radarscheibe. Die Bordcomputer entschieden in einem Dialog von Millisekundendauer, daß Schiwa eine Winzigkeit näher war als vorausberechnet. Die Zündleitung empfing einen Befehl und gehorchte blindlings, ihrer Programmierung entsprechend.
Licht! Plötzliche, schneidende Helle sprang auf, erfüllte den Weltraum, von Milliarden Partikeln zurückgeworfen. Die Schockwelle pflügte durch die dicken Staubschichten, verschleuderte faustgroße Steine und Splitter. Den Bruchteil einer Sekunde erzitterte Schiwa, seines kiesigen Mantels von Staub und Steinen beraubt. Die größeren Begleitsteine wirbelten hinweg, prallten aneinander und zerbarsten.
Die Schockwelle durchflutete Schiwa und wrang ihn wie einen Lappen. Ein Ohr, an die glühende Oberfläche gepreßt, hätte einen tiefen, minutenlangen Glockenton vernommen, einen akustischen Tremor gleich der Stimme eines wütenden Gottes. Doch dieser Berg aus massivem Eisen zerbarst nicht.
Eine riesige sphärische Schockwelle rollte an. Sie breitete sich um Schiwas Rand aus und trieb mit Steinsplittern durchsetzten Staub vor sich her. Wäre Bolschoi wie geplant an der anderen Seite Schiwas detoniert, so wären die beiden Alpha-Kapseln geschützt gewesen. Aber der mächtige russische Sprengkopf war zu früh detoniert, direkt vor dem Asteroiden, so daß sich die Alpha-Schiffe nur wenige tausend Meter unterhalb von Schiwas Horizont befanden. Die Schockwelle lief um Schiwa herum und brandete an die empfindlichen Kapseln.
Erst Leuchten, dann Krachen.
Wären die Helme nicht eingeklinkt gewesen, dann wären alle an Bord augenblicklich taub geworden. Der Schall kam mit einer Kraft, die sie in die gepolsterten Sitze hineintrieb und ihnen die Köpfe zur Seite schleuderte.
Die Schiffe schwankten. Gyros und Stabilisierungssysteme setzten ein. Bei jedem der Schiffe, das die hinter der Schockwelle laufende Strömung abritt, verlief die Korrektur anders. Aber sie suchten verzweifelt, der Tendenz zur Rotation um alle drei Achsen entgegenzuwirken.
Sowohl Alpha I als auch Alpha II waren zerlöchert und angeschlagen. Äußere Sensoren waren ausgefallen, wichtige Teile waren abgerissen oder beschädigt. Mächtig lief die Schockwelle durch den Schwarm.
Ikko Issindo hing bewußtlos in seinen Gurten, sein Gesicht war blutig, ein Arm schwang schlaff in der Null-Gravitation. Blutströpfchen füllten die Luft wie ein feiner Nebel. Calderon schüttelte den Kopf, um ihn klar zu bekommen, und drehte sich nach der Russin um.
Schlaff hing ihr Kopf im
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