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Schiwas feuriger Atem

Schiwas feuriger Atem

Titel: Schiwas feuriger Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & William Rotsler
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seine Gedärme, ein graugrünes Gewirr, hingen heraus. Blindwütig schlugen die Menschen aufeinander ein, die Massen wogten hin und her, rissen sich um, trampelten sich tot. Männer fluchten, Frauen schrien. Kingsley spürte etwas unter seinen Schuhsohlen: er stand auf dem Arm eines Menschen. Eine zurückflutende kreischende Gruppe riß ihn fast um. Ein tiefes, drohendes Grollen wogte über dem Square. Kingsley wollte so schnell wie möglich aus diesem Gewühl heraus; mit wütenden Stößen kämpfte er sich durch die Masse. Wieder fühlte er etwas Weiches unter seinen Füßen, aber er sah nicht hinunter.
    Als er einen Augenblick nicht weiterkam, sah er einen Mann irgendwo hochklettern, doch es dauerte ein paar Sekunden, bis ihm klar wurde, was dort vor sich ging. Eine Anzahl Männer und Frauen hatten sich am Fuße der National Gallery zusammengerottet. Einer hatte das erste Stockwerk erklommen und knüpfte eins der Taue los, die jene riesigen blauen Banner hielten. Als er es freibekommen hatte, fiel es schlaff herunter und reichte fast bis aufs Straßenpflaster. Ein Mann packte es, riß prüfend daran und begann zu klettern. Er stemmte die Füße gegen die Granitmauer und zog sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit hoch. Als er über der Menge war, konnte Kingsley sehen, daß er ein Sweatshirt mit den Initialen der Armageddoniten-Sekte trug. An seinem Gürtel hing eine Flasche.
    Kinsley sah sich um – wo mochte wohl die Polizei sein? Er horchte – wo blieb das schrille Jaulen der Sirenen? Er konnte keinen einzigen Polizisten erblicken, nicht einmal auf den Dächern. Vielleicht stimmte das Gerücht, daß die Polizisten streikten. Alles streikte ja.
    Betroffen blickte er wieder hin, und da sah er, daß der Mann direkt unter Lisas Banner hochkletterte. Er erschrak. Gewiß, es war Unsinn, daß er erschrak: das Banner war keine Landesfahne, das Tuch war auch nicht Lisa. Doch das Erschrecken blieb.
    Brüllend blickten die Massen zu dem Mann hoch. Der erste Mann beugte sich vor, um den Kletternden anzufeuern, und arbeitete sich auf dem Sims voran, ihm entgegen. Der zweite war jetzt beinahe oben. Deutlich trat durch die Anstrengung sein Bizeps heraus. Er erreichte den oberen Saum des Lisa-Banners und zog sich über die Simskante. Er winkte denen unten zu, tat ein paar tänzelnde Schritte, und die Masse brüllte Beifall.
    Der Mann löste die Flasche vom Gürtel und schwenkte sie triumphierend. Wieder jubelten ihm die Massen zu. Kingsley wurde plötzlich klar, was geschehen würde: In der Flasche war irgendeine brennbare Flüssigkeit. Der Mann wollte das Banner in Flammen setzen. Der erste Mann war jetzt nicht mehr zu sehen; der Kletterer sonnte sich in der Spannung der Massen.
    Brannte Lisas Banner, so würden die anderen ebenfalls Feuer fangen, und in kürzester Zeit würde die gesamte Front der National Gallery in Flammen stehen. Die Gallery war aus solidem Stein gebaut, aber die Stützkonstruktion konnte brennen, ganz abgesehen von dem Schaden an den Kunstschätzen im Innern.
    Diese Menschen wissen nichts davon, dachte Kingsley, oder es ist ihnen ganz egal, sie wollen bloß das Image der Astronauten vernichtet sehen.
    Wild knurrend schob sich Kingsley weiter vor. Andere drückten ihm entgegen oder wollten sich nicht wegschieben lassen. Durchschlüpfend, Grobheiten austeilend, schiebend und stoßend, ohne sich um Proteste oder einen gelegentlichen unbedeutenden Schlag zu kümmern, gelangte er an den Rand, wo die Menschen nicht mehr so drängten, und auf einmal stand er frei, am Fundament der Gallery. Zuletzt hatten ihm sogar einige ermutigend auf die Schulter geklopft. Fast alle starrten empor, mit verzerrten Gesichtern und offenen Mündern.
    Ein Mann im Talar, mit stoppeligem Gesicht, kam auf ihn zu und sagte irgend etwas, das zornig klang, aber im lauter werdenden Stimmengewirr unterging. Er packte Kingsley beim Arm. Kingsley riß sich los und stieß den Mann so heftig zurück, daß dieser stürzte. Er hatte einen plumpen Stock aus unbearbeitetem Naturholz bei sich gehabt, vielleicht weil er meinte, so etwas passe zu seinem biblischen Image. Kann ich prima gebrauchen, dachte Kingsley, und nahm ihn auf.
    Sofort stürzten zwei Männer auf ihn zu, mit vorgestreckten Händen und wutverzerrten Gesichtern. Im Lärmen der Menge ging jeder Einzellaut unter. Kingsley faßte den Stock mit beiden Händen, hieb ihn dem Vordersten blitzschnell und heftig über den Schädel. Der zweite blieb stehen, sah erschrocken zu seinem Genossen

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