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Schiwas feuriger Atem

Schiwas feuriger Atem

Titel: Schiwas feuriger Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & William Rotsler
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Helm. Ihre weitgeöffneten Augen starrten leer. Sie hatte sich das Genick gebrochen.
    Diego kontrollierte den Luftdruck. Er war gesunken und sank schnell weiter ab. Er sah sich um und folgte mit den Augen den Blutströpfchen, die aus Issindos eingeschlagenem Helm schwebten. Hinter ihm, etwas über Kopfhöhe – ein kleines Loch. Diego schlüpfte aus seinen Gurten, griff nach einem »Heftpflaster« und zog die Schutzschicht ab. Er schwebte zum Leck, klatschte das Pflaster auf und stieß sich wieder ab.
    Er blickte in Issindos Helm und zuckte zusammen. Der Mann war tot oder lag im Sterben. Da war nichts mehr zu machen. Diego zog sich wieder in seinen Sitz, schaltete die Klimaanlage ein, damit sie die herumschwebenden Blutströpfchen absaugte, und faßte nach dem Radioschalter.
    »Alpha I, hier Alpha II – bitte kommen.«
    Er wartete und wiederholte dann den Anruf. Keine Antwort.
    »Omega I, hier Alpha I – bitte kommen!«
    Keine Antwort. Verzweifelt versuchte er es mit Houston. Ebenfalls keine Antwort. Sein Radio mußte ausgefallen sein.
    Durch das kleine Bullauge konnte er Schiwa sehen. Er war noch da, immer noch leise taumelnd. Hatten sie ihn abgelenkt? Zerstört hatten sie ihn jedenfalls nicht. Er mußte mit irgend jemandem Verbindung aufnehmen und herausbekommen, was los war.
    Hastig zog er die Betriebselemente des Bordradios aus den Sockeln und überprüfte sie so gut es ging. Es war alles in Ordnung … eben Plastikstreifen mit aufgedruckten Chips. Es mußte also an den diversen Außenantennen liegen. Er schaltete auf die Empfangsantenne, aber auch dort kam nichts herein. Entweder waren Alpha I und beide Omega-Schiffe weg, und der Schwarm verhinderte den Funkverkehr mit der Erde – oder seine beiden Antennen waren weg.
    Wieder sah Diego hinaus. Er kam nicht näher an Schiwa heran, sondern war eher ein Stück weiter ab. Er beugte sich vor und begann, an der Unterseite des Armaturenbretts herumzuwühlen.
     
    Auf einem braunen, kahlen Hügelabhang in Südkalifornien stand Diegos Mutter und beobachtete, wie die bleiche Morgenröte dunkelrot wurde. Dort, wo die Sonne stand, geschah es, sagten die Leute. Da draußen, ganz nahe bei dem schrecklichen Ding, war ihr Sohn. Dann mußte er doch auch ganz dicht bei der Sonne sein, ganze nahe an ihren verzehrenden Flammen? Hoffentlich nicht. Die Kinder sagten einem ja nie, was sie taten. Sie lebten in einer anderen Welt.
    Sie scharrte mit den Füßen über den kalten Boden. Das trockene Gras raschelte. Der Osthimmel wurde heller, porzellanblau, wie in ihrer Jugend. Jetzt, wo soviele Fabriken stillstanden und kaum noch Autos und Lastwagen fuhren, war der Himmel wieder klar. Sie wartete und spähte.
    Und dann auf einmal war es da. Ein Blitz, so hell, daß sie zurückschrak und ihrer trockenen Kehle ein Schmerzenslaut entfuhr. Ein harter weißer Schein. Sie sah weg, doch das Bild blieb in ihren Augen. Aus der einen Ecke ihres Gesichtsfeldes nahm sie wahr, daß das Ding zu Dunkelrot verwelkte und dann erstarb. Doch in ihrer Netzhaut pulsierte es weiter.
    Mit dem Aufblitzen und Verdämmern schwand die letzte Hoffnung. Ihr Sohn hatte eine kleine schnelle Sonne in den Himmel gebracht. Wie konnte jemand, der nur ein Mensch war, Feuer in den Himmel bringen und am Leben bleiben? So etwas konnte niemand überleben. Nicht einmal ihr Diego.
    Nein, so etwas bedeutete sicheren Tod. Als Diego das letzte Mal bei ihr gewesen war, hatte sie gemerkt, daß er sich bemüht hatte, nicht davon zu sprechen. Er wußte, daß er sterben würde, sie hatte es wohl gesehen. Und nun war das Ding da. In der Morgenfrühe hatte sie dort oben Sternenfeuer erblühen sehen. Sie bekreuzigte sich, fühlte sich schrumpfen, spürte die Einsamkeit in sich hineinkriechen.
    Sie fiel auf die Knie und betete. Ein Totengebet.
     
    Kingsley Martin hatte seinen einsamen Lunch beendet und trat hinaus in den gelben Londoner Sonnenschein. Es waren praktisch überhaupt keine Geschäfte mehr geöffnet, aber daß der Gay Hussar offen haben würde, hatte er gewußt. Es war ein altmodisches Restaurant, das sich durch nichts von seinen Geschäftsusancen abbringen ließ. Das bulgarische Beefsteak war erstklassig gewesen. Er hatte dem Wirt die letzten sechs Bänder der Strauss-Serie in Tausch für die Mahlzeit gegeben; die ersten sechs hatte er gegen das gestrige Abendessen eingetauscht.
    Kingsley schlenderte über Soho Square, an den roten Ziegelhäusern vorbei, die immer noch etwas von der Anrüchigkeit hatten, die Soho in alten

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