Schiwas feuriger Atem
einer Handbewegung, die in dem ungefügen Raumanzug ganz merkwürdig aussah. »Ja, ja, Colonel Calderon. Überstellen Sie mir jetzt die Raketen wieder, dann können wir weitermachen.« Er wandte sich dem Schaltbrett zu, doch Diego hielt ihn zurück.
»He – Augenblick mal, Carl!« Diego stieß sich ab, drehte sich in der Luft, so daß er zwischen Jagens und dem Schaltbrett war.
Wie er flüchtig zur Kenntnis nahm, hatte er die tote Russin angestoßen, so daß sie nun in groteskem Winkel und mit schwebenden Armen aus ihrem Sitz hing.
»Calderon!« rief Jagens mit gebieterischem Augenblitzen, »ich befehle Ihnen hiermit, mir diese Geschosse sofort wieder zu übergeben! Sofort!«
»He – Moment mal …«
»Mit jedem Moment kommt Schiwa näher an die Erde heran, Calderon!«
»Das weiß ich, Carl, aber wir müssen das besprechen. So wie Sie sich das denken, funktioniert das nicht. Wir müssen Schiwa mit allem treffen, was wir haben, und zwar genau an der richtigen Stelle!«
»Sie sind ein Verräter, Calderon! Sind wohl einer von diesen Gabriels, he? Jawohl, genau das – Sie wollen die Aktion verzögern, bis es zu spät ist!«
»Reden Sie doch keinen Unsinn, Carl … ich …«
»Für Sie immer noch Captain Jagens, Sie Verräter! Ich befehlige diese Mission, und ich mache nichts falsch!«
»Carl, Sie müssen …«
»Ich stelle Sie hiermit unter Arrest, Colonel Calderon! Sie haben sich nur noch mit dem Betriebsdienst dieses Schiffes zu befassen. Alle Angriffsoperationen unterstehen mir!«
Diego starrte Jagens ungläubig an. »Carl, Sie sind ja verrückt! Sie reden ja lauter Unsinn. Wir müssen doch …«
»Calderon!«
»… müssen doch erst Zielinformation haben, wo wir am besten …«
Da schlug Jagens zu. Diego flog gegen das Schott, sein Helm hakte aus, trudelte weg, prallte von Geräten, von den Toten ab. Durch den Rückstoß taumelte Carl gegen das Luk und mußte sich an einer der Handschlaufen festhalten. Er sah Diegos Helm und lachte auf.
»Dein Pech, Verräter!« Er klappte seinen Helm wieder vor und klinkte ihn ein.
Diego sah, was Carl vorhatte, und warf sich quer durch die enge Kabine auf ihn. Doch Jagens, der festen Halt hatte, traf Diego seitlich hart am Kopf, und als er ihn zu fassen bekam, stieß er ihn über die Sitze und auf das Kontrollbord. Der Schmerz machte Diego fast bewußtlos, doch wie durch einen roten Nebel trieb er wieder auf seinen Helm zu.
Verächtlich stieß Carl den Helm weg. Er wirbelte durch die Luft, schlug gegen das Abschußbord und prallte ab. Diego griff nach dem Helm, doch da riß Carl den Lukverschluß auf. Mit einem heulenden Wirbel fuhr die Luft hinaus – fast hätte sie Diego mitgerissen. Doch er packte die Beschleunigungsliege, spürte die Eiseskälte und hielt sich in panischer Angst fest.
Wieder schlug Carl zu; Diego wirbelte zur Seite. Mit einem Handschlag warf Carl die restlichen acht Hebel herum, so daß die Geschosse wieder von Alpha I aus gesteuert wurden. Einen Blick warf er noch auf Diego, der keuchend nach Luft schnappte und dessen Helm sich am anderen Ende der Kabine zwischen irgendwelchen schwarzen Kisten festgeklemmt hatte. Verächtlich lächelnd schlüpfte er mit geübter Drehung aus der Kabine, faßte die Sicherheitsleine und zog sich nach Alpha I hinüber. Von ihm aus konnte Diego Calderon krepieren.
Lisa drehte das Teleskop in einen anderen Quadranten und sah hinein. Zwei Schiffe, längsseits aneinander liegend. Alpha I und Alpha II. Also war doch noch jemand am Leben. Jagens hatte vielleicht Diego Calderon gefunden! Vielleicht sogar lebend.
Schwärze umfing Diego. Wie ein reißender Tiger fuhr der Schmerz in seinem Arm empor. Doch der schlimmste Schmerz saß in der Lunge. Mit letzter Kraft zog sich Diego aus dem Spalt zwischen den Sitzen, in den Jagens ihn hineingestoßen hatte, und faßte mit der behandschuhten Hand nach seinem Helm. Er packte ihn, zog, und die Glassitkugel trieb hinweg.
Sterne. Lichter. Finsternis. Alles weg? Verwirrend! Seine Hand stieß gegen etwas, zog es heran. Er konnte kaum sehen. In Brust und Kopf pulste der Schmerz wie ein Kolbenhub, ein mächtiger, hohler, leerer Schmerz.
Der Helm.
Den Helm aufsetzen.
Aber richtig! Gleich beim erstenmal!
Über den Kopf.
Drehen.
Nein, noch mal.
Drehung.
So.
Einklinken.
Jetzt die Luft.
Die Leitung – schwer zu erreichen.
Mir wird schon wieder schwarz vor Augen.
Seine Finger drehten am Verschluß … knapp eine halbe Drehung.
Wieder kam die Finsternis über ihn.
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