Schiwas feuriger Atem
Schiwa?«
»Zum Teil. Und wegen dir.«
»Oh. Wegen mir hast du diese Londoner Konferenz in einen Aufhüpfer mit deinem alten Freund umfunktioniert?«
»Ganz so möchte ich es nicht ausdrücken.«
»Aber ich.«
»Ich erkläre dir doch dauernd, es war etwas, das ich glattbekommen mußte.«
»Als Orr mir das von dir erzählte, kam ich mir wie ein Stück Scheiße vor.«
»Das tut mir leid.«
»Er machte das ganz auf die dienstliche Tour: er wolle nur wissen, was du dem Kerl erzählt hast, der Sicherheitsdienst hätte sich an ihn gewandt, und so wolle er lieber mit mir sprechen als mit dir, denn dir wäre das bestimmt ein bißchen unangenehm. Er müßte dem Sicherheitsdienst über diese Stunden doch irgendetwas sagen.«
»Hat er gesagt.«
»Ja, hat er gesagt.«
»Und du kommst dir immer noch wie ein Stück Scheiße vor.«
Diego seufzte. Etwas in ihm entkrampfte sich ein bißchen, er wiegte den Oberkörper, die Hände immer noch an der Bettkante. Langsam breitete sich ein Lächeln über seine Züge aus.
»Immer noch, aber aus anderen Gründen.« Er warf ihr einen raschen Blick zu, dann schaute er wieder auf den Fußboden mit dem grünen staatseigenen Teppich. »Als er mir die ganze Geschichte verpaßt hatte, konnte ich weiter nichts denken als: dieses Anglo-Arschloch hat mir Hörner aufgesetzt.«
»Hörner?« fragte sie lächelnd.
»So sagt man doch, nicht wahr? Der Ehemann trägt Hörner, und jeder sieht sie. So nennt man das …« – er machte ein Zeichen mit zwei Fingern – »bei mir zu Hause.«
»Aber doch nicht Lyle. Allenfalls Kingsley, wenn du es so sehen willst.«
Diego verzog das Gesicht. »Ach was – von dem Kerl habe ich doch nie was gehört. Was geht mich der an? Aber Orr – daß er Bescheid wußte und ich nicht, das hat mir so gestunken.« Wütend zerknüllte er die Bettdecke.
Lisa kam zu ihm, und sie umarmten sich zögernd, nebeneinander auf dem Bett sitzend. »Du dämlicher Macho «, sagte sie in seine Kehle hinein.
»He? Was?« Er schwang zurück und sah sie stirnrunzelnd an.
»Es hat dir gestunken, daß Lyle Orr davon wußte, weiter nichts. Was Kingsley mir bedeutet, hat dich gar nicht interessiert.«
»Na ja …« Nachdenklich, mit zusammengezogenen Brauen, sah er auf ihr Haar.
»So ist es doch, nicht wahr?«
»Vielleicht.«
Sie lachte. »Das liebe ich an dir. Immer noch steckst du in diesen alten Konventionen, und das ändert sich auch nicht, ganz gleich, was die Universität und die NASA da für einen Lack drübergeschmiert haben.«
»Wenn du mich liebst, mußt du eben auch das mitlieben, was unter dem Lack ist.«
»Unglücklicherweise ist das der Fall.« Sie lehnte sich zurück und schlug ihm spielerisch auf den Arm. »Du warst ganz wild darauf, herzukommen und mir eine Szene zu machen, nicht wahr?«
»Ja«, räumte er ein, »aber das ist jetzt vorbei.«
»Das wollen sie ja grade, verstehst du«, murmelte sie und schmiegte sich wieder in seine Arme. Sie hatte ganz ernsthaft gesprochen, und Diego runzelte die Stirn. »Deswegen? Lyle wollte mich wütend machen?« Er überlegte einen Augenblick. »Ach so. Ja.«
»Sie sind neidisch auf uns.«
»Meinst du?« Er hob den Kopf von ihrem Haar und grinste sie an. »Oder vielleicht bloß auf mich. Die möchten ja alle gern mit dir ins Bett gehen.«
»Oh, das bezweifle ich.«
»Doch. Es stimmt. Überleg mal – früher hatte ein Astronaut seine Fans und Groupie-Mädchen, heute ist das undenkbar.«
»Ach, hör mal!«
»Es gibt keinen einzigen Mann in der Operation Schiwa, der sich nicht vorstellt, wie es mit dir sein würde.«
»Die haben doch alle Frauen.«
»Spielt keine Rolle. Sie sind eben alle Männer.«
»Immer dieser Macho-Schiet.«
»So sind wir nun mal – wirklich!« entgegnete er überlegen lächelnd.
»Auch so eine Mexikaner-Weisheit.«
»Liebe Dame, es gibt tatsächlich dies und das, was du nicht weißt.«
Sie bückte sich und stieß seine Stiefel unters Bett. »Zeig mir’s«, sagte sie.
Das Astronautentraining wurde immer hektischer; es nahm Lisa ganz und gar in Anspruch. Das Bodenpersonal war willig und tüchtig, die anderen Astronauten waren wie immer ruhig, unbeirrt, strebsam. Sie lebten meistens abgetrennt von der übrigen Welt, gepolstert und geschützt. Immerhin kam die Außenwelt auf seltsamen schmalen Wegen hineingekrochen: ein Techniker, dessen Augen vom Weinen oder Trinken rot waren, ein plötzlich geistesabwesender Mitarbeiter, ein zu schrilles Lachen auf einen schwachen Witz, ein kurzer
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