Schiwas feuriger Atem
Buch.
»Er wollte was Bestimmtes fragen, aber er wollte sich nicht einmischen, sagte er.«
»Einmischen.«
»Wegen dieses Zeitungsmenschen.«
»Was? Oh.« Sie unterbrach ihre Arbeit.
»Der Sicherheitsdienst hat einen langen Bericht über ihn.«
Lisa schraubte ihren Füllhalter zu, wandte sich dann zu Diego um und legte einen Ellbogen auf ihren Sesselrücken. »Warum das?«
»Jeder, der mit einem von uns zu tun hat, wird durch die Mühle gedreht, nehme ich an«, antwortete er und schlug mit der Hand einen Kreis zur Illustration.
»Ach.«
»Besonders, wenn er den Wachhunden längere Zeit aus dem Blickfeld kommt.«
»Der Friedhof«, sagte sie.
»Nein«, antwortete Diego langsam und deutlich, »das war’s nicht, was Orr wissen wollte. Es handelt sich um später.«
»Nachher im Hotel.«
»Tja …« Er ließ die Hand fallen, streckte sich auf dem Bett aus, legte die Hände wieder unter den Kopf, Ellbogen in der Luft, und starrte an die Decke.
»Wir sind ins Hotel zurückgegangen und waren eine Zeitlang in meinem Zimmer. Mehr wird Lyle nicht erfahren.«
»Soviel weiß er schon.«
»Dann ist es ja gut.«
Eine Weile ließen sie es dabei bewenden; keines sagte etwas.
»Es paßt mir nur nicht, daß ich auf diese Weise davon erfahre«, sagte Diego endlich.
»Wovon erfahren? Daß du mich nicht schon kennengelernt hast, als ich noch in der Wiege lag?«
»So kann man es auch ausdrücken.«
»Ich glaube, du verstehst mich nicht.«
»Oh, ich versteh dich schon«, erwiderte er, immer noch an die Decke sehend. »Ich spreche ja Englisch, weißt du. Ich versteh das alles durchaus.«
»O Gott, o Gott!«
»Du brauchst es mir also nicht zu erklären.«
Nach kurzem Schweigen erwiderte sie: »Vielleicht sollte ich es doch tun.«
»So?« Unvermittelt richtete er sich auf, schwang zu ihr herum, setzte die bestrumpften Füße auf den Boden, saß sehr gerade auf der Bettkante. Ruhelos gingen seine Augen umher, doch sie sah er nicht an. »Okay. Dann erklär mal.«
»Es bedeutet auf gar keinen Fall, daß ich dich nicht liebe.«
»Reden wir hier über Liebe?« Wütend starrte er auf den Stapel Bücher an der Wand; in den meisten staken Papierstreifen, die schlaff zur Seite hingen.
»Ich ja.«
Mit leichtem Stirnrunzeln sah er stumm auf seine Stiefel hinunter.
»Ich rede tatsächlich von Liebe«, wiederholte Lisa.
»Wer ist dieser Mensch?«
»Jemand, den ich von früher kenne.« Sie atmete tief aus und betrachtete aufmerksam ihren Markierstift. »Erste Liebe, sozusagen. Ich dachte, es wäre aus und vorbei, aber dem ist wohl nicht so; jedenfalls, als sich die Gelegenheit ergab und Barrows erwähnte, der Kongreß fände in London statt, fiel er mir sofort ein.«
»Sofort.«
»Ja.« Sie sah ihn an, ihre Hand schloß sich um den Stift. »Ich will dir nicht erzählen, daß er bloß angerufen hat, weil er meinen Namen in der Zeitung gelesen hat und wir zusammen was getrunken haben.«
»Gut, daß du es nicht getan hast«, entgegnete Diego mürrisch.
»Orr hat mir den ganzen Fahrplan haarklein erzählt, und daß ihr nicht was trinken gegangen seid, weiß ich auch.«
Lisa lächelte verzerrt. »Die sind ja sehr gründlich, wie?« Sie kaute an der Unterlippe und starrte in eine Zimmerecke. »Somit wissen sie also, daß ich mit einem Mann, den ich von früher her kannte, mehrere Stunden in meinem Hotelzimmer verbracht habe.« Mit einer Falte zwischen den Brauen sah sie Diego an. »Sie müssen annehmen, daß ich vor Jahren was mit ihm gehabt habe, und da haben sie recht. Das muß irgendwo in meiner Personalakte begraben sein, wenn auch bloß unter ›unbestätigt‹. Also hat ihn die NASA ebenfalls überprüft.«
»Wird wohl so sein«, murmelte er gepreßt.
»Aber warum hat Orr dich nach ihm gefragt?«
»Ja …« Diego hielt inne und dachte nach; er hatte die Bettkante so stark gepackt, daß seine Schultern sich krümmten. »Orr sagte, er wolle sicher sein, daß du dem Kerl keine internen Details erzählt hast, denn wir sollen ja nicht mehr mit den Medien sprechen, und …« Er brach ab und lachte dümmlich. »Tja. Ziemlich durchsichtig, wie?«
»Lyle wollte nicht, daß du von mir erfährst, was ich Kingsley erzählt habe.«
»Stimmt. Aber trotzdem … also, es gefiel mir nicht.«
»Das weiß ich, Diego«, sagte sie sanft und sah ihn dabei an. »Aber mein Leben ist genau so weitläufig und kompliziert wie bei anderen Leuten auch, und da gibt es lose Enden, die ich nicht herumhängen lassen möchte.«
»Wegen
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