Schlachtfeld der Verfluchten
geschnürten Brüste hoben und senkten sich nicht, was mir merkwürdig erschien, denn das hätten sie eigentlich gemusst, wenn diese Person atmete. Aber das taten sie nicht, und deshalb stieg in mir ein bestimmter Verdacht hoch.
Musste sie gar nicht atmen? Existierte sie auch so? War sie möglicherweise die echte Atema, die mehr als zweitausend Jahre überlebt hatte, ohne zu verwesen?
Oder war sie tatsächlich ein normaler Mensch, der nur vom Geist einer Toten übernommen worden war?
So schnell würde ich auf diese Fragen keine Antworten finden, und ich wollte sie zudem nicht stellen. Stattdessen wartete ich darauf, dass sie etwas unternahm. Ihr Kurzschwert hatte sie stecken lassen, das beruhigte mich ein wenig.
Sie ging wie eine schöne Puppe, die von einer Mechanik in Bewegung gehalten wurde. An ihr war alles sehr glatt. Von der Stirn bis zu den durchaus prallen Oberschenkeln.
Wenn sie noch zwei Schritte weiterging, würden wir zusammenprallen, und ich stellte mich schon darauf ein, aber so kam es nicht. Sie stoppte nicht, sondern schwenkte zur Seite und damit nach links.
Jetzt kam mir die schöne Atema vor, als wollte sie eine Front abschreiten, die für sie nur aus drei Personen bestand.
Vor Suko blieb sie kurz stehen und lächelte. Aber das Lächeln zerbrach auch sehr schnell, und sie zuckte leicht zurück, als hätte sie etwas entdeckt, dass sie störte.
Sie ging weiter und blieb vor Karina Grischin stehen. Bei Suko und mir hatte sie nichts getan. Das wurde nun anders. Kaum hatte sie die Agentin angeschaut, als sie den Mund öffnete und ein Knurren daraus hervordrang. Sie klang wie ein Raubtier, nicht wie ein Mensch. Wurde es für Karina gefährlich?
Atema streckte die Hände aus und legte sie auf die Wangen der Russin, strich über die Haut, als wollte sie die Echtheit überprüfen.
Karina regte sich nicht. Sie wartete nur einfach darauf, dass Atema von ihr ließ.
Die Hände sanken wieder nach unten, und nach einem letzten Zischlaut trat Atema wieder zurück.
Karina aber wandte sich an mich. »Ist dir etwas aufgefallen, John?«
Ich ahnte, worauf sie hinauswollte, und sagte: »Sie scheint nicht zu atmen – oder?«
Es war mein Fehler, dass ich gesprochen hatte, denn das hatte Jamila nicht erlaubt. Sie schlug so plötzlich zu, dass ich ihre Hand erst sah, als ich schon getroffen wurde. An der rechten Wange erwischte sie mich, und mein Kopf wurde zur anderen Seite geschleudert. Die Haut fing sofort an zu brennen, und ich hörte ihre böse klingende Stimme. »Sprich nur, wenn du gefragt wirst!«
»Ich wurde gefragt«, zischte ich. »Von meiner Begleiterin. Und ich lasse mich nur einmal schlagen, daran solltest du denken, Jamila.«
Vielleicht hätte sie mich auf die Probe gestellt, doch es war ihr wichtiger, dass Atema ihre Schau durchziehen konnte, und die kam wieder auf mich zu.
Wieder wartete ich ab, und abermals bemerkte ich keinen Atem, als sie dicht vor mir stehen blieb.
Atema begann zu sprechen. Mit einer Stimme, die schon recht künstlich klang, aber ich verstand ihre Worte, die tief in der Kehle geboren zu sein schienen.
»Du bist nicht von hier.«
»Stimmt«, sagte ich.
In ihrem glatten Gesicht bewegte sich nichts, als sie flüsterte: »Wer bist du?«
»Nur ein Fremder«, sagte ich. »Einer, der aus einem anderen Land kommt, das du nichts kennst.«
Sie hatte mich in Russisch angesprochen. Ich war mit der Sprache so weit vertraut, dass ich sie hatte verstehen können. Auch meine Antworten hatte ich in Russisch gegeben. Zwar recht holprig, aber den Sinn hatte sie verstanden.
Dass sie überhaupt in der Lage war zu sprechen, sagte mir, dass ich es nicht unbedingt mit einem Zombie zu tun hatte. Dafür mit einem Menschen, der eine Verwandlung erlebt hatte. Sie war Mensch geblieben, doch in ihr steckte jemand anderer. Eben dieser Geist der ehemaligen Anführerin. Sie hörte auf den Namen Atema, und deren Geist hatte bestimmt lange gesucht, bis er eine Frau gefunden hatte, die er hatte übernehmen können und die auch das Aussehen einer reinrassigen Amazone hatte.
Zwar war die Spannung von mir nicht abgefallen, sie hatte sich aber gewandelt, denn ich fürchtete nicht mehr so sehr um mein Leben. Wenn sie mich hätte töten wollen, dann hätte sie nicht mit mir auf diese Art und Weise gesprochen. Diese Person hatte mich bewusst ausgesucht, weil sie etwas mit mir vorhatte.
Der Blick ihrer grünen Augen sezierte mich regelrecht. Von der Stirn bis zu den Füßen glitt er über meine Gestalt,
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