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Schlaf, Kindlein, schlaf

Titel: Schlaf, Kindlein, schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika von Holdt
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zahllosen Quasten, Troddeln und Polsterstühlen. In der schwachen Beleuchtung erkannte Máire einen blassen Mann mit hellen Haaren, der in einem klobigen bequemen Ohrensessel mit Samtbezug vor dem Fernseher saß, die Füße auf einen ausgebeulten Sitzsack gestützt. Bei diesem Anblick machte ihr Herz einen Satz. Jedes Mal, wenn das Fernsehbild wechselte, nahm sein Gesicht eine andere Farbe an: zuerst weiß, dann grau und danach dunkellila. Er war Mitte dreißig, muskulös und trug einen schwarzen Anzug sowie schwarze Nike-Turnschuhe. Er zog ein paarmal an seiner Zigarette und inhalierte den Rauch. Als er ihn durch die Nase ausblies, nahm Máire sofort den intensiven Geruch von Marihuana wahr.
    Sie schluckte und sah sich um.
    C.J. war nirgends zu sehen. Aber falls sie hier gefangen gehalten wurde, saß sie natürlich nicht in der Stube und sah fern. Sie wäre in einem dunklen Keller oder irgendeinem anderen fensterlosen Raum.
    Einerseits fand Máire es beruhigend, in dieser völlig verlassenen Gegend einen anderen Menschen zu sehen, andererseits ängstigte es sie. Es könnte schließlich der Mann sein, oder zumindest einer der beiden. Ihr war noch etwas anderes aufgefallen, was ihr verriet, dass sie am richtigen Ort suchte: Auf dem Tisch neben dem Mann lag ein Gewehr. Der Lauf glänzte matt im flackernden Lichtschein des Fernsehers.
    Wer zum Henker hatte ein Gewehr auf dem Couchtisch liegen? Einer, der mit unangenehmen Überraschungen rechnen musste?
    Der Typ würde sicher Gebrauch davon machen, wenn er jemanden dabei erwischte, wie er auf seinem Grundstück herumschnüffelte.
    Máire schluckte angespannt.
    Der Hellhaarige nahm noch einen langen Zug von seiner Marihuanazigarette, inhalierte und bewegte sich im Sessel. Máire duckte sich blitzschnell. Einen riskanten Moment lang war sie fast sicher, er hätte sie entdeckt. Aber das war natürlich nicht der Fall. Er hatte nicht mal den Kopf gedreht.
    Das Herz hämmerte in ihrer Brust. Eine stille Gewissheit sagte ihr, dass sie hier genau am richtigen Ort war. Und das, was sie vorhatte, war ein äußerst unvernünftiges Unterfangen. Sie überlegte kurz, einfach wieder wegzulaufen.
    Nein!
    Ruf Bondurant an!
    Lächerlich! Völlig ohne Anhaltspunkte! Bondurant würde sie nicht ernst nehmen. Es gab nichts Verdächtiges, sie hatte überhaupt keine Beweise. Sie musste ganz sicher sein, dass C.J. hier war, bevor sie die Polizei einschaltete!
    Sie reckte den Hals und lugte wieder durchs Fenster. Er saß immer noch da und schien ganz gebannt das Geschehen auf dem Bildschirm zu verfolgen. Er sah wie ein ganz gewöhnlicher Mann aus, der mittwochabends zum Fußball und mit seinen Kumpels einen trinken ging. Jedenfalls sah er nicht wie ein Medizingenie oder Psychopath aus, der …
    Was hast du denn erwartet? … Jemanden, der aus Schleim und Lehm besteht mit Schuppen und Hörnern? Diese Vorstellung war ziemlich überspannt. Und trotzdem …
    Sie wurde ungeduldig. Und komplett ratlos. Gerechterweise musste sie zugeben, dass ihre Fantasie ohnehin kurz davor war, mit ihr durchzugehen. Aber sie wollte nichts lieber, als das Haus zu inspizieren, es Millimeter für Millimeter zu durchsuchen, oder zumindest an der Tür zu klingeln, ihn unter die Lupe zu nehmen, ihn dieses oder jenes zu fragen und zu sehen, ob sich ihr irgendetwas offenbaren würde …
    Aber das war zu gefährlich. Es war besser, morgen bei Tageslicht wiederzukommen, wenn der Mann zur Arbeit gefahren und sie allein war. Dann hatte sie freie Bahn …
    Ihr wurde klar, dass sie nach einer Ausrede suchte, um sich in aller Seelenruhe Zutritt zu dem Hause verschaffen zu können.
    Vielleicht wäre es besser, ein zufälliges Treffen zu arrangieren, oder …
    Máire konnte nicht weiterdenken, denn ein Geräusch lenkte sie ab und ließ sie zusammenfahren. Ihr Blick zuckte Richtung Auffahrt. Der Himmel war nicht mehr zu sehen, die Dunkelheit war beinahe umfassend, aber zwischen dem dunkelgrünen Eichenlaub tauchte der Kühler einer schwarzen Limousine auf.
    Máire wich zurück, hielt den Atem an, drückte sich an die Hauswand und verschmolz mit den Schatten.
    Der Wagen raste den Kiesweg hinauf und kam mit einem Ruck vor dem Haus zum Stehen. Ein Mann schälte sich aus dem Auto und schlug die Tür so schwungvoll zu, dass sie abzufallen drohte. Er trug eine dunkle Baseballmütze, eine Cowboyhose und ein enges weißes T-Shirt, das in der Dunkelheit leuchtete und von regelmäßigem Steroidmissbrauch gewölbte Körperkonturen verriet. Ohne

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