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Schlaf, Kindlein, schlaf

Titel: Schlaf, Kindlein, schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika von Holdt
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und trat ein paar Schritte zurück. »Was ist, wenn sie da unten eingesperrt ist, so wie Valerie, oder wenn noch mehr Personen betroffen sind? Oh Gott.«
    Bondurant sah sie mitleidig an. »Die haben das schon im Griff. Sie suchen drinnen alles ab, und wenn noch jemand im Haus ist, dann wird er auch gefunden, glauben Sie mir.«
    »Ja, aber dann ist es vielleicht zu spät. Dann sind sie vielleicht alle tot.«
    Er trat einen Schritt auf sie zu. Er wirkte mutlos. So gesehen gab es dazu nicht sehr viel zu sagen. »Ja, möglich. Falls jemand da drinnen ist«, sagte er. »Das wissen wir aber nicht. Mehr können wir hier auf keinen Fall tun. Kommen Sie!«
    Seine Worte umschlossen sie wie ein dicht geknüpfter Teppich. Sie überlegte, wie groß die Wahrscheinlichkeit sein mochte, dass er recht hatte und niemand mehr im Haus war, aber sie hatte sich schon das Schlimmste ausgemalt und war alles andere als vom Gegenteil überzeugt. Sie war überhaupt vollkommen verunsichert. Ihre Gedanken waren wirr. Ein Chaos. Sie hatte gekämpft, um diesem Albtraum zu entkommen, doch die Angst ließ sie nicht los, genauso wie C.J.s Schreie sie noch viele Jahre lang heimsuchen würden, so viel war sicher. Am liebsten wollte sie stehen bleiben, den Löscharbeiten zusehen und abwarten, bis das Feuer gezähmt war, um zu erfahren, wer herausgetragen wurde. Sie schlotterte am ganzen Körper und hatte den Blick starr auf das Haus gerichtet, aber sie folgte den anderen langsam und schweigend.
    »Was passiert jetzt?«, fragte sie, als sie den Ambulanzwagen erreichten, und warf Bondurant einen Blick zu.
    »Zuerst fahren wir Sie und Ihre Freundin ins Krankenhaus.«
    Bondurant stieg hinter Máire in die Ambulanz, schloss die Flügeltür und der Wagen fuhr los. Máire setzte sich neben Valerie und nahm ihre Hand. Sie schien das gar nicht zu bemerken. Val war wie gelähmt vor Angst und starrte ins Leere. Ihre Augen waren blank wie frisch geprägte Silberdollarmünzen.
    Máire drückte ihre Hand, drehte sich um und blickte aus dem Rückfenster, als sie die Auffahrt unter den Eichen hinunterfuhren.
    Ihre Verzweiflung war schier unbeschreiblich. Diese war bloß eine von den Höllennächten, sagte sie sich, eine nur von Tausenden. Aber es war, als weinte der Himmel, und die knorrigen regennassen Eichenstämme glichen einem Trauerzug.

30
     
    Valerie hatte sich den Knöchel und drei Rippen gebrochen, und die Wunde an ihrem Handgelenk hatte sich infiziert. Außerdem war ein Nackenwirbel angebrochen, sodass sie die Nacht im Krankenhaus verbringen musste.
    Máire hatte keinen physischen Schaden genommen. Ihre Verletzungen saßen in der Seele, innen auf der Haut, wie Tätowierungen, die nie wieder verschwinden.
    Abgesehen von der notwendigen Behandlung ihrer Verletzungen wurde Valerie psychologische Hilfe angeboten. Máire wurde das gleiche Angebot gemacht, sie lehnte jedoch ab. Sie würde für den Rest ihres Lebens Albträume haben von dieser Nacht, das wusste sie. Das konnte niemand verhindern, geschweige denn ihr helfen, gleichgültig, wie viel sie darüber redete.
    Valerie hatte noch im Krankenbett ihre Aussage für die Polizei gemacht, und nun schlief sie. Máire saß auf einem wackligen Stuhl an ihrem Bett und blickte in die Morgendämmerung hinaus, wo sich der Himmel im Osten allmählich rosa färbte.
    »Sie schläft«, sagte Máire. »Endlich!«
    »Gut. Das braucht sie dringend. Und was ist mit Ihnen?«, fragte er. »Wie geht es Ihnen?«
    Máire zuckte mit den Schultern. »Den Umständen entsprechend gut. Ich komme schon klar.«
    »Wir brauchen Ihre Aussage auch noch«, sagte er. »Darum kümmern wir uns später. Morgen vielleicht. Sie sind bestimmt müde.«
    Máire nickte. Sie konnte sich nicht erinnern, dass sie je zuvor so müde gewesen war. Ihre Glieder schmerzten, und sie war erschöpft. Und sie wurde von einer unbeschreiblich großen Wehmut vollkommen übermannt.
    »Soll ich Sie mitnehmen?«, fragte er.
    Sie nickte. »Ja, danke. Sehr gern.«
    »Wo müssen Sie denn hin?«
    »Ganz egal. Ins erstbeste Hotel.«
    Er musterte sie. »Sie können bei mir übernachten«, schlug er vor. »Ich habe zwar nur einen Junggesellenhaushalt, aber ich kampiere gern auf dem Sofa.« Er lächelte sie an.
    Überrascht von seinem Vorschlag öffnete Máire den Mund, um etwas zu sagen.
    »Wenn Sie Nein sagen, lasse ich die Antwort nicht gelten. Und wenn Sie ausgeruht sind, nehme ich Sie morgen früh oder besser gesagt im Laufe des Tages mit zur Dienststelle.« Er sah ihr an,

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