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Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
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Myra. »Hat Josh immer gesagt.«
    »Er kommt bald wieder nach Hause.«
    »Ja«, Sie blickte zum Fenster. »Wo war ich?«
    »Sie hatten andauernd Sex.«
    Myra wieherte förmlich vor Freude. So angeregt hatte ich sie noch nie erlebt. »Oh, ich war ein schlimmes Mädchen.« Sie lachte noch lauter. »Kann ich Ihnen etwas erzählen, was ich noch nie jemandem erzählt habe?«
    »Natürlich.« Ich hielt den Atem an, beinahe ängstlich vor dem, was sie mir anvertrauen würde.

    »Steve war nicht der einzige Mann, mit dem ich geschlafen habe.«
    Ich sagte nichts, obwohl ich offen gestanden beinahe erleichtert war. Myra Wylie steckte heute Abend so voller Überraschungen, dass ich ihrem Geständnis leicht beklommen entgegengesehen hatte.
    »Nein, es gab mehrere andere vor ihm. Und das war in den Tagen vor der Geburtenkontrolle, als eine Frau, die vor der Ehe mit einem Mann geschlafen hat, als leichtes Mädchen galt, obwohl das natürlich nie jemanden davon abgehalten hat. Na ja, Sie wissen schon …«
    Ich nickte. Diesmal wusste ich es tatsächlich.
    »Jedenfalls gab es mehrere junge Männer, bevor ich Steve traf, obwohl ich ihm erzählt habe, er wäre der Erste, was er mir auch geglaubt hat.«
    »Waren Sie seine Erste?«
    Sie beugte sich vor, schirmte mit tattriger Hand ihren Mund ab und dämpfte die Stimme, als hätte sie Angst, ihr verstorbener Gatte könnte an der Tür lauschen. »Ich glaube schon.« Ein Lächeln zupfte an ihrer faltigen Haut. »Steve war der geborene Liebhaber. Viel besser als die anderen Jungen, mit denen ich zusammen gewesen war.«
    »Und gab es nach Ihrer Hochzeit noch andere?«, fragte ich vorsichtig.
    »Himmel nein! Nachdem ich diese Bindung eingegangen war, war’s das. Es gab durchaus Gelegenheiten. Aber nach meiner Hochzeit habe ich andere Männer nie mehr so betrachtet. Ich hatte meinen Stevie, und der hat mich reichlich beschäftigt.« Ihre Stimme verlor sich, und sie starrte an die Decke. Eine Weile dachte ich sogar, sie wäre eingeschlafen. »An jenem Silvesterabend«, setzte sie neu an, während ihr Blick über die Decke huschte, als wäre es eine Leinwand, auf die ihre Vergangenheit projiziert wurde, »sind wir nach Hause gekommen und gleich ins Bett gegangen. Wir haben
uns geküsst und uns ein frohes neues Jahr gewünscht, und Stevie sagte: Was meinst du? Bist du zu müde? Das war ich tatsächlich, doch ich wollte es nicht zugeben, also antwortete ich: Nein. Ich bin noch fit. Was ist mit dir? Er sagte natürlich auch, dass er noch fit wäre, und wir haben miteinander geschlafen, obwohl keinem von uns richtig danach war, was das Ganze auch ein wenig beschwerlich gemacht hat, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Ich nickte erneut und hoffte, sie würde nicht ins Detail gehen.
    »Aber wir haben es geschafft. Ich glaube, wir hatten das Gefühl, dass wir es tun sollten wegen Silvester und so. So ähnlich wie am Hochzeitstag oder am Geburtstag. Man denkt einfach, man sollte . Jedenfalls haben wir miteinander geschlafen und sind dann gleich eingeschlafen. Danach schlafe ich immer sofort ein.« Sie lachte. »Und später war ich so froh, dass wir in jener Nacht miteinander geschlafen haben, weil es das letzte Mal gewesen sein sollte. In der darauffolgenden Woche hatte Steve einen Herzinfarkt und ist einen Monat später gestorben.«
    »Sie müssen ihn sehr vermissen.«
    »Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an ihn denke. Aber ich werde ihn ziemlich bald wiedersehen, nehme ich an.«
    »Nun, nicht zu bald, wollen wir hoffen.« Ich tätschelte ihren Arm, stand auf und strich unnötigerweise ihre Decke glatt. Ich sah auf die Uhr. In zwanzig Minuten brach ein brandneues Jahr an.
    »Bleiben Sie bis Mitternacht bei mir sitzen?«, fragte sie. »Ich verspreche auch, dass ich dann ein braves Mädchen sein und gleich einschlafen werde.«
    Ich setzte mich wieder, und Myras Lider fielen flatternd zu.
    »Ich schlafe nicht«, warnte sie mich. »Ich ruhe nur meine Augen aus.«
    »Ich habe nicht vor, irgendwohin zu gehen«, versicherte
ich ihr, beobachtete das stetige Auf und Ab ihrer Brust unter der Decke und bemerkte das zufriedene Lächeln, das sich in den Falten ihres uralten Gesichts eingenistet hatte.
    Sie war mit siebenundsiebzig Jahren immer noch sexuell aktiv gewesen. Und mit siebenundachtzig ließ sie der Gedanke daran lächeln. Ich merkte, dass ich neidisch war. Wann hatte mich der Gedanke an Sex je zu einem Lächeln inspiriert? Wann hatte ich je etwas anderes damit assoziiert als Verlegenheit und

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