Schlaflos in Schottland
starker Mensch.“
Mit ernster Miene dachte Aggie über Christinas Worte nach. „Es ist aber kein sehr glückliches Leben, das man führt, wenn man so ist.“
„Nein, das ist es nicht. Genau deshalb müssen wir uns bei Papa entschuldigen.“ Christina schaute Devon an. „Und bei Catriona.“ Devon weigerte sich aufzuschauen, obwohl sie wusste, dass ihre Schwester darauf wartete. Wenn irgendjemand Papa und seiner Frau eine Entschuldigung schuldete, dann war sie das. Sie hatte die Dinge vorangetrieben und versucht, Catriona vor Papa bloßzustellen. Christina hatte sich bemüht, sie dazu zu bringen, auch die andere Seite der Geschichte zu sehen, aber sie hatte sich strikt geweigert. Sie war kein freundlicher Mensch. In gewisser Weise ähnelte sie ihrer Mutter.
Dieser Gedanke durchfuhr sie wie ein schmerzhafter Pfeil und sorgte dafür, dass ihr Magen sich zusammenzog. Sie schnappte nach Luft, und Christina beugte sich besorgt vor. „Was ist los, Devon? Bist du krank?“
„Es geht mir gut“, erwiderte sie mühsam. Doch das stimmte nicht. Es ging ihr kein bisschen gut.
Sie war ein böser Mensch, so wie Mama. Von den drei Schwestern war sie diejenige, die Mama am meisten ähnlich sah. Vielleicht war sie deshalb so egoistisch.
Ihr tat das Herz weh. Sie hatte Catriona Kummer bereitet, aber viel schlimmer war, dass sie Papa verletzt hatte. Tränen traten in ihre Augen, und sie kämpfte verzweifelt dagegen an. Christina und Aggie durften sie nicht weinen sehen. Sie durften nicht wissen, welche Erkenntnis über sich selbst sie eben gewonnen hatte. Papa würde so wütend auf sie sein, wenn er erfuhr, dass alles, was sie gemacht hatten, ihre Idee gewesen war.
Sie wusste, dass er von selbst darauf gekommen war, was sie angestellt hatten, aber er hatte noch nichts gesagt, sondern abgewartet. Das war ein schlechtes Zeichen, denn sonst sagte er immer sofort etwas. Hatte sie dieses Mal zu viel Unheil angerichtet? Würde er sie und ihre Schwestern wegen der Dinge, die sie getan hatten, fortschicken?
Ob Gott! Bloß das nicht! Er würde sie alle drei wegjagen, und sie würden nie wieder ein Zuhause finden.
Ihr flackernder Blick ging hinüber zu Christina, die sich ruhig mit Aggie unterhielt. Manchmal wurde ihre ältere Schwester von dunklen Erinnerungen heimgesucht. Devon wusste davon, weil sie im selben Zimmer schliefen und Devon Christina im Schlaf reden hörte. Sie hörte auch, wie sie im Traum nach Mama rief und sie anflehte, nach Hause zu kommen. Und wie sie die Leute um Essen anbettelte, was sie tatsächlich hatte tun müssen, als sie alle drei noch klein gewesen waren.
Jedes Mal wenn Christina diese Träume hatte, zog Devon sich die Decke über den Kopf und weinte in ihr Kissen. Doch während die Monate in Papas Haus vergingen, wurden Christinas böse Träume immer seltener.
Und nun war Papa wegen Devons Selbstsucht furchtbar verletzt und würde sie alle wegschicken, und die Albträume ihrer Schwester würden zurückkommen. Devon durfte nicht zulassen, dass das geschah. Sie würde ganz allein und von selbst fortgehen, bevor Papa seinen Zorn auf sie alle richten konnte.
„Christina? Ich habe Kopfschmerzen und möchte eine Nickerchen halten.“
Erstaunt schaute Christina sie an. „Gut. Ich bleibe bei Aggie, bis Papa kommt, um mit uns zu sprechen.“
Mit schleppenden Schritten verließ Devon das Zimmer und drehte sich in der Tür noch einmal um, weil sie einen allerletzten Blick auf ihre Schwestern erhaschen wollte.
Sie brauchte nur wenige Minuten, um in ihr Reitkostüm zu schlüpfen. Anschließend stopfte sie ein paar Kleidungsstücke in einen Kissenbezug und schlich die Hintertreppe hinunter und aus dem Haus.
19. Kapitel
Wenn das Licht euch verlässt und es zu dunkel ist, um euren Weg zu finden, dann folgt euren Herzen. Liebe ist das Licht, das niemand löschen kann.
So sprach die alte Heilerin Nora in einer kalten Winternacht zu ihren drei jungen Enkelinnen.
Nun, ich sollte jetzt gehen.“
Triona folgte Mam in die Halle. Ihre anderen Gäste waren bereits fort, und Hugh war nach oben gegangen, um mit den Mädchen zu sprechen.
„Mach dir keine Sorgen wegen MacLean. Er wird nett mit den Kindern umgehen“, beruhigte Mam sie und umarmte sie zum Abschied.
„Ich hoffe es. Er war während des Frühstücks ziemlich zornig.“ „Ja. Es war aber auch ein böser Streich, den sie dir gespielt haben.“
„William und ich haben schlimmere Dinge angestellt.“
„Das stimmt. Aber nicht aus so hinterhältigen
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