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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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seinem Sessel und sah McGovern ängstlich an.
    McGovern schüttelte den Kopf, als müsste er darin Ordnung schaffen. »Auren, Orakel, geheimnisvolle Einbrecher mit Scheren … du lebst wirklich gefährlich.«
    »Was meinst du, Bill?«
    McGovern schwieg einige Augenblicke. Während Ralphs Erzählung hatte er die Zeitung zusammengerollt, und nun klopfte er sich geistesabwesend damit ans Bein. Ralph verspürte den Drang, seine Frage noch unverhohlener zu stellen - Hältst du mich für verrückt, Bill? -, ließ es aber bleiben. Glaubte er wirklich, dass jemand auf eine solche Frage eine ehrliche Antwort gab - wenn man ihm vorher nicht eine gehörige Spritze Natriumpentathol verpasst hatte? Dass Bill sagen würde: Na klar, Ralphie-Baby, ich finde, du bist so verrückt wie eine Bettwanze, also warum rufen wir nicht gleich in Juniper Hill an und fragen, ob Sie ein Bett für dich frei haben? Unwahrscheinlich … und da eine Antwort von Bill nicht viel besagen würde, war es besser, die Frage zu vergessen.
    »Ich weiß nicht recht, was ich davon halten soll«, sagte Bill schließlich. »Jedenfalls noch nicht. Wie haben sie ausgesehen?«
    »Ihre Gesichter waren selbst mit dem Fernglas schwer zu erkennen«, sagte Ralph. Seine Stimme klang so fest wie gestern, als er bestritten hatte, den Notruf getätigt zu haben.
    »Wahrscheinlich hast du auch keine Ahnung, wie alt sie waren?«
    »Nein.«

    »Könnte einer von ihnen unser alter Freund aus dieser Straße gewesen sein?«
    »Ed Deepneau?« Ralph sah McGovern überrascht an. »Nein, keiner der beiden war Ed.«
    »Was ist mit Pickering?«
    »Nein. Ed nicht. Charlie Pickering auch nicht. Die hätte ich beide erkannt. Worauf willst du hinaus? Dass mein Unterbewusstsein einfach die beiden Typen, die mir in den letzten Monaten den größten Stress gemacht haben, auf May Lochers Veranda gezaubert hat,?«
    »Selbstverständlich nicht«, antwortete McGovern, aber das konstante Tap-tap-tap der Zeitung an seinem Bein hörte auf, und seine Augen flackerten. Ralph spürte ein Ziehen in der Magengrube. Ja; genau darauf hatte McGovern hinausgewollt, und eigentlich war das gar nicht so überraschend, oder?
    Vielleicht nicht, aber das änderte nichts an dem Ziehen in seiner Magengrube.
    »Und Johnny hat gesagt, alle Türen waren abgeschlossen?«
    »Ja.«
    »Von innen.«
    »Hmhm, aber …«
    McGovern stand so schnell von seinem Stuhl auf, dass Ralph einen irren Augenblick lang glaubte, er würde weglaufen und unterwegs möglicherweise schreien: Hütet euch vor Roberts! Er hat den Verstand verloren! Aber statt die Treppe hinunterzuspringen, drehte er sich zur Haustür um. Das fand Ralph in gewisser Weise noch beunruhigender.
    »Was hast du vor?«

    »Larry Perrault anrufen«, sagte McGovern. »Mays jüngeren Bruder. Er lebt immer noch draußen in Cardville. Ich denke, sie wird in Cardville begraben werden.« McGovern sah Ralph seltsam nachdenklich an. »Was hast du denn gedacht, was ich vorhabe?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Ralph nervös. »Einen Moment dachte ich, du würdest weglaufen wie der Pfefferkuchenmann.«
    »Nee.« McGovern streckte eine Hand aus und klopfte ihm auf die Schulter, aber Ralph kam die Geste kalt und trostlos vor. Oberflächlich.
    »Was hat Mrs. Lochers Bruder denn damit zu tun?«
    »Johnny hat gesagt, sie haben Mays Leichnam zu einer gründlicheren Autopsie nach Augusta geschickt, richtig?«
    »Nun, ich glaube, tatsächlich hat er den Ausdruck pathologisch …«
    McGovern winkte ab. »Glaub mir, das ist dasselbe. Wenn sich etwas Merkwürdiges herausstellen sollte - das darauf hindeutet, dass sie ermordet worden ist -, dann müsste Larry informiert worden sein. Er ist der einzige lebende Verwandte in der Nähe.«
    »Aber wird er sich nicht fragen, warum dich das interessiert?«
    »Oh, darüber müssen wir uns keine Gedanken machen, denke ich«, sagte McGovern. »Ich werde ihm sagen, die Polizei hat das Haus versiegelt und die Gerüchteküche der Harris Avenue brodelt. Er weiß, dass May und ich Schulfreunde waren und ich sie in den letzten Jahren regelmäßig besucht habe. Larry und ich sind keine Busenfreunde, aber wir kommen ganz gut miteinander aus. Er wird mir sagen,
was ich wissen will, und sei es nur, weil wir beide Überlebende von Cardville sind. Alles klar?«
    »Ich schätze schon, aber …«
    »Ich hoffe es«, sagte McGovern, und plötzlich sah er wie ein sehr altes und sehr hässliches Reptil aus - eine Gila-Krustenechse oder womöglich ein Basilisk. Er deutete

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