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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verrückt. Glaubst du das? Ich bin es nicht .«
    »Ich glaube dir«, sagte sie schlicht, und Ralph spürte, wie ihm eine große Last von der Seele genommen wurde. Sie sagte die Wahrheit. Keine Frage; ihr Glaube leuchtete rings um sie herum auf.

    »Okay, hör zu. Hast du, seit es bei dir angefangen hat, gewisse Leute gesehen, die nicht aussehen, als hätten sie etwas in der Harris Avenue verloren? Leute, die aussehen, als gehörten sie gar nicht in die normale Welt?«
    Lois sah ihn verwirrt und verständnislos an.
    »Sie sind kahlköpfig, sie sind sehr klein, sie tragen weiße Kittel und sehen vor allem fast wie Zeichnungen von Außerirdischen aus, die man manchmal auf Seite eins der Klatschblätter sieht, die sie im Red Apple verkaufen. Hast du bei deinen Anfällen von Hyperrealität solche Gestalten zufällig gesehen?«
    »Nein, niemanden.«
    Er schlug sich frustriert mit der Faust auf den Oberschenkel, dachte einen Moment nach, dann sah er wieder auf. »Montagmorgen«, sagte er. »Bevor die Cops bei Mrs. Locher gewesen sind … hast du mich da gesehen?«
    Lois nickte sehr bedächtig mit dem Kopf. Ihre Aura war ein wenig dunkler geworden, scharlachrote Spiralen, so dünn wie Fäden, kreisten langsam in einer Diagonalen darin.
    »Dann könnte ich mir denken, dass du eine ziemlich gute Vorstellung davon hast, wer die Polizei angerufen hat«, sagte Ralph. »Oder nicht?«
    »Oh, ich weiß, dass du es warst«, sagte Lois mit leiser Stimme. »Ich hatte es die ganze Zeit vermutet, aber bis jetzt war ich mir nicht sicher. Bis ich es … du weißt schon, in deinen Farben gesehen habe.«
    In meinen Farben, dachte er. So hatte Ed sie auch genannt.
    »Aber du hast nicht zwei Miniaturversionen von Meister Proper aus ihrem Haus kommen sehen?«

    »Nein«, sagte sie, »aber das hat nichts zu sagen, weil ich Mrs. Lochers Haus von meinem Schlafzimmerfenster aus gar nicht sehen kann. Das Dach des Red Apple ist im Weg.«
    Ralph verschränkte die Hände auf dem Kopf. Natürlich, das hätte er wissen müssen.
    »Ich dachte mir, dass du die Polizei gerufen haben musstest, weil ich, kurz bevor ich duschen ging, gesehen habe, wie du etwas mit einem Fernglas beobachtet hast. Das habe ich dich noch nie tun sehen, dachte mir aber, vielleicht wolltest du dir nur den streunenden Hund genauer ansehen, der donnerstagmorgens die Mülleimer plündert.« Sie deutete den Hügel hinab. »Den da.«
    Ralph grinste. »Das ist kein Er, das ist die prächtige Rosalie.«
    »Oh. Wie auch immer, ich war ziemlich lange unter der Dusche, weil ich eine spezielle Spülung für mein Haar nehme. Keine Tönung «, sagte sie schneidend, als hätte er ihr das vorgeworfen, »nur Proteine und etwas, was es angeblich dicker aussehen lässt. Als ich herauskam, war überall Polizei. Ich habe einmal zu deinem Haus gesehen, konnte dich aber nicht mehr erkennen. Entweder warst du in ein anderes Zimmer gegangen oder hattest dich in deinem Sessel zurückgelehnt. Das machst du manchmal.«
    Ralph schüttelte den Kopf, als müsste er ihn freimachen. Er war in den ganzen Nächten nicht in einem leeren Theater gewesen; jemand anders hatte es ebenfalls besucht. Sie hatten nur in verschiedenen Logen gesessen.
    »Lois, der Streit, den Bill und ich hatten, drehte sich eigentlich gar nicht um Schach. Er drehte …«

    Unten am Hügel stieß Rosalie ein eingerostetes Bellen aus und rappelte sich auf die Füße. Ralph sah zu ihr herüber und spürte, wie sich ein Eiszapfen in seinen Bauch bohrte. Obwohl sie beide seit fast einer halben Stunde hier saßen und sich in dieser Zeit niemand den öffentlichen Toiletten unten auch nur genähert hatte, ging nun die Hartplastiktür des Portosan mit der Aufschrift MÄNNER langsam auf.
    Doc Nr. 3 kam heraus. McGoverns Panama mit dem sichelförmigen Biss am Rand der Krempe hatte er schräg auf den Kopf gesetzt, wodurch er auf unheimliche Weise so aussah wie McGovern, als Ralph ihn zum ersten Mal mit dem braunen Fedora gesehen hatte - wie ein Reporter in einem Kriminalfilm aus den Vierzigerjahren.
    Erhoben in der Hand hielt der kahlköpfige Fremde das rostige Skalpell.

Kapitel 13

1
    »Lois?« Ralph fand, seine Stimme hörte sich an, als würde sie aus einem langen, tiefen Canyon kommen. »Lois, siehst du das?«
    »Ich weiß nicht …« Sie verstummte. »Hat der Wind die Toilettentür aufgestoßen? Nein, oder? Ist jemand da? Macht der Hund deshalb so ein Theater?«
    Rosalie wich langsam vor dem kahlköpfigen Mann zurück; sie hatte die zottigen Ohren

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