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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gab ihr einen Kuss, und einen Augenblick war sein Kopf von einem angenehmen Durcheinander von Sinneswahrnehmungen erfüllt: der Geschmack von frischem Honig, eine Beschaffenheit wie gekämmte Wolle und der Geruch von Äpfeln. Ein Gedanke schoss ihm durch den Kopf
    (wie wäre es, hier oben Sex zu haben?)
    aber er verdrängte ihn sofort wieder. Er musste in den nächsten paar
    (Minuten? Stunden? Tagen?)
    klar denken und sprechen können, und wenn er an so etwas dachte, würde ihm das umso schwerer fallen. Er
drehte sich zu den kleinen kahlköpfigen Ärzten um und sah sie abschätzend an.
    [»Ich hoffe, es ist Ihr Ernst, denn wenn nicht, sollten wir dieses Stelldichein besser hier und jetzt abbrechen und getrennter Wege gehen.«]
    Diesmal ersparten es sich Klotho und Lachesis, Blicke zu wechseln; sie nickten beide eifrig. Als Lachesis das Wort ergriff, tat er es in unterwürfigem Tonfall. Mit diesen Burschen, überlegte sich Ralph, war weitaus besser Kirschen essen als mit Atropos, aber sie waren ebenso wenig daran gewöhnt, Fragen gestellt zu bekommen - auf den Prüfstand gestellt zu werden, wie Ralphs Mutter gesagt haben würde - wie er.
    [Alles, was wir euch gesagt haben, ist wahr, Ralph und Lois. Wir mögen zwar die Möglichkeit unerwähnt gelassen haben, dass Atropos mehr über die Situation wissen könnte, als uns lieb ist, aber …]
    Ralph: [»Und wenn wir uns nun weigern, uns noch mehr von diesem Unsinn anzuhören? Wenn wir uns einfach umdrehen und gehen?«]
    Keiner antwortete, aber Ralph sah etwas in ihren Augen, das ihn bestürzte: Sie wussten, dass Atropos Lois’ Ohrringe hatte, und sie wussten, dass er es ebenfalls wusste. Die Einzige, die es nicht wusste - hoffte er -, war Lois selbst.
    Sie zupfte jetzt an seinem Arm.
    [»Tu das nicht, Ralph - bitte nicht. Wir müssen sie zu Ende anhören.«]
    Er wandte sich wieder zu ihnen um und deutete mit einer knappen Geste an, dass sie fortfahren sollten.
    Lachesis: [Unter gewöhnlichen Umständen mischen wir uns nicht in Atropos’ Angelegenheiten ein, und er sich nicht
in unsere. Wir könnten uns nicht einmischen, selbst wenn wir es wollten; der Plan und der Zufall sind wie die schwarzen und weißen Felder eines Schachbretts, sie definieren einander durch den Kontrast. Aber Atropos will sich in das Wirken der Dinge einmischen - in einem durchaus realen Sinne wurde er dazu geschaffen, sich einzumischen -, und bei seltenen Anlässen bietet sich die Gelegenheit, in wirklich großem Maßstab einzugreifen. Selten gibt es Bemühungen, diese Einmischung zu unterbinden …]
    Klotho: [Die Wahrheit sieht in Wirklichkeit etwas drastischer aus, Ralph und Lois; soweit wir wissen, ist niemals ein Versuch unternommen worden, ihn zu kontrollieren oder an etwas zu hindern.]
    Lachesis: [… und sie finden nur statt, wenn die Situation, in die er sich einmischen will, eine äußerst prekäre ist, in der viele ernste Belange gegeneinander aufgewogen und ausbalanciert werden. Dies ist eine dieser Situationen. Atropos hat einen Lebensfaden durchgeschnitten, den er besser in Ruhe gelassen hätte. Das wird zu schrecklichen Problemen auf allen Ebenen führen, ganz zu schweigen von einem gravierenden Ungleichgewicht zwischen dem Zufall und dem Plan, wenn die Situation nicht bereinigt wird. Wir können nicht selbst erledigen, was getan werden muss; die Situation übersteigt unsere Fähigkeiten bei Weitem. Wir können nicht mehr deutlich sehen, geschweige denn handeln. Doch in diesem Fall spielt unser Unvermögen zu sehen kaum eine Rolle, denn letzten Endes können sich nur Kurzfristige dem Willen von Atropos widersetzen. Darum seid ihr beiden hier.]

    Ralph: [»Wollen Sie damit sagen, dass Atropos die Schnur von jemandem durchgeschnitten hat, der eines natürlichen Todes sterben sollte … oder eines planmäßigen Todes?«]
    Klotho: [Nicht direkt. Manche Leben - sehr wenige - unterliegen keiner klaren Zuordnung. Wenn Atropos solch ein Leben beeinflusst, besteht immer die Wahrscheinlichkeit, dass Schwierigkeiten entstehen. »Alles ist möglich«, wie man bei euch zu sagen pflegt. Solche unbestimmten Leben sind wie …]
    Klotho breitete die Arme aus, worauf ein Bild - wieder Spielkarten - zwischen ihnen aufblitzte. Eine Reihe von sieben Karten, die rasch, eine nach der anderen, von einer unsichtbaren Hand umgedreht wurden. Ein Ass; eine Zwei; ein Joker; eine Drei; eine Sieben; eine Dame. Die letzte Karte, die die unsichtbare Hand umdrehte, war leer.
    Klotho: [Hilft dieses Bild weiter?]
    Ralph

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