Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
zur Kiesgrube wendete.
    »Wohin?«, fragte Lois. Sie saß mit Dorrance auf dem Rücksitz. Ralph saß vorn bei Joe Wyzer, der aussah, als wäre er sich nicht ganz sicher, wo er war oder wer er war. Ralph war ein Stück in die Höhe gestiegen - nur eine Winzigkeit, als er dem Apotheker die Hände geschüttelt hatte, weil er einen Blick auf Wyzers Aura werfen wollte. Aura und Ballonschnur waren da und sahen völlig gesund aus … aber ihm kam das helle Gelb-orange leicht gedämpft vor. Ralph vermutete, dass das wahrscheinlich auf den Einfluss des alten Dor zurückzuführen war.
    »Gute Frage«, sagte Wyzer. Er stieß ein kurzes, verwirrtes Lachen aus. »Ich habe wirklich nicht die geringste Ahnung. Das war der merkwürdigste Tag in meinem ganzen Leben. Daran kann absolut kein Zweifel bestehen.«
    Der Waldweg endete an einer zweispurigen, asphaltierten Straße. Wyzer hielt an, schaute, ob frei war, und bog dann links ab. Sie passierten ein Schild mit der Aufschrift ZUR I-95, und Ralph vermutete, dass Wyzer, sobald sie die Interstate erreichten, nach Norden abbiegen würde. Jetzt wusste er, wo sie waren - etwa zwei Meilen südlich der Route 33. Von hier aus konnten sie in weniger als
einer halben Stunde wieder in Derry sein, und Ralph hegte keine Zweifel, dass sie genau dorthin unterwegs waren.
    Ralph fing unvermittelt an zu lachen. »Nun sind wir also alle versammelt«, sagte er. »Drei glückliche Leutchen bei einer Spritztour. Besser gesagt vier. Willkommen in der wunderbaren Welt der Hyperrealität, Joe.«
    Joe warf ihm einen scharfen Blick zu, aber dann entspannte er sich und grinste. »Ist sie das?« Und ehe Ralph oder Lois antworten konnten, sagte er: »Ja, ich nehme an, dass sie es ist.«
    »Hast du das Gedicht gelesen?«, fragte Dorrance hinter Ralph. »Das anfängt: ›Was ich auch tue, ich tue es rasch, damit ich etwas anderes tun kann‹?«
    Ralph drehte sich um und sah, dass Dorrance immer noch sein breites, verklärtes Lächeln sehen ließ. »Ja, das habe ich. Dor …«
    »Ist das nicht ein Knüller? Es ist so gut. Stephen Dobyns erinnert mich an Hart Crane ohne das Prätentiöse. Vielleicht meine ich auch Stephen Crane, aber das glaube ich nicht. Selbstverständlich fehlt ihm das Melodische von Dylan Thomas, aber ist das wirklich so schlimm? Wahrscheinlich nicht. Die moderne Dichtung hat nichts mit Musik zu tun. Sie handelt von Mut - wer ihn hat und wer ihn nicht hat.«
    »O Mann«, sagte Lois. Sie verdrehte die Augen.
    »Er könnte uns wahrscheinlich alles sagen, was wir wissen müssen, wenn wir ein paar Ebenen aufsteigen würden«, sagte Ralph. »Aber das möchtest du nicht, Dor, oder? Weil die Zeit schneller vergeht, wenn man oben ist.«
    »Bingo«, antwortete Dorrance. Weiter vorn konnten sie die blauen Schilder der Interstate-Auffahrt sehen. »Ihr werdet
später aufsteigen müssen, nehme ich an, du und Lois, darum ist es wichtig, dass ihr jetzt so viel Zeit wie möglich spart. Zeit … spart.« Er machte eine seltsam sinnträchtige Geste, indem er mit dem knorrigen Daumen und dem Zeigefinger durch die Luft fuhr und sie dabei zusammenführte, als wollte er einen Durchgang andeuten, der immer schmaler wird.
    Joe Wyzer schaltete den Blinker ein, bog links ab und fuhr die nördliche Auffahrt in Richtung Derry hinauf.
    »Wie sind Sie in diese Sache hineingeraten, Joe?«, fragte Ralph ihn. »Warum hat Dorrance von allen Leuten in der West Side ausgerechnet Sie als Chauffeur ausgewählt?«
    Wyzer schüttelte den Kopf, und als das Auto den Highway erreicht hatte, fuhr es sofort auf die Überholspur. Ralph streckte rasch die Hand aus und nahm eine Kurskorrektur vor, wobei er sich daran erinnerte, dass Joe in letzter Zeit wahrscheinlich auch nicht viel Schlaf bekommen hatte. Glücklicherweise war der Highway zumindest so weit von der Stadt entfernt weitgehend verlassen. Das ersparte ihm immerhin eine Sorge, und weiß Gott, in dieser Abteilung würde er heute nehmen, was er bekommen konnte.
    »Wir sind alle durch den Plan verbunden«, sagte Dorrance unvermittelt. »Das ist Ka-tet , was bedeutet eines aus vielen. So, wie viele Reime ein einziges Gedicht bilden. Verstanden?«
    »Nein.« Ralph, Lois und Joe sagten es gleichzeitig, ein perfekter Chor, und dann lachten sie nervös. Die drei Schlaflosen der Apokalypse, dachte Ralph. Gott steh uns bei.
    »Schon gut«, sagte Dor mit seinem breiten Lächeln. »Glaubt es mir einfach. Du und Lois … Helen und ihre
kleine Tochter … Bill … Faye Chapin … Trigger Vachon

Weitere Kostenlose Bücher