Schlaflos - Insomnia
Faye Chapin war draußen beim Picknickgelände, wo die alten Tattergreise normalerweise herumhängen, wenn es warm ist, und er hat mich zu einer Partie Schach eingeladen. Das ist vielleicht eine Marke, Ralph - er hält sich für die Reinkarnation von Ruy Lopez, dabei spielt er Schach mehr wie Soupy Sales … und hält nicht eine Sekunde lang den Mund.«
»Aber Faye ist in Ordnung«, sagte Ralph leise.
McGovern schien ihn nicht gehört zu haben. »Und dieser gruselige Dorrance Marstellar war auch dort«, fuhr er fort. »Wenn wir alt sind, dann ist der ein Fossil. Er steht einfach mit einem Gedichtband in der Hand am Zaun zwischen dem Picknickplatz und dem Flughafen und schaut den Flugzeugen beim Starten und Landen zu. Was meinst du, liest er die Bücher wirklich, die er herumträgt, oder sind sie nur Requisiten?«
»Gute Frage«, sagte Ralph, aber er dachte über das Wort nach, das McGovern benutzt hatte, um Dorrance zu beschreiben - gruselig . Er selbst hätte es nicht benutzt, aber es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass der alte Dor ein Original war. Er war nicht senil (jedenfalls glaubte Ralph das nicht); es war mehr, als wären seine wenigen Bemerkungen das Produkt eines leicht verschrobenen Geistes und einer leicht gekrümmten Wahrnehmung.
Er erinnerte sich, dass Dorrance letzten Sommer dabei gewesen war, als Ed mit dem Fahrer des Pick-ups aneinandergeraten
war. Damals hatte er geglaubt, dass Dorrance’ Ankunft den Festivitäten die Krone des Irrsinns aufsetzte. Und Dorrance hatte etwas Komisches gesagt. Ralph versuchte, sich daran zu erinnern, konnte es aber nicht.
McGovern sah wieder die Straße entlang, wo ein pfeifender junger Mann in einem grauen Overall gerade aus dem Haus gekommen war, vor dem der Kleinbus von Medical Services parkte. Dieser junge Mann, der aussah, als wäre er höchstens vierundzwanzig und hätte in seinem ganzen Leben noch keinen medizinischen Beistand gebraucht, schob einen Wagen, auf den eine lange grüne Flasche geschnallt war.
»Das ist die leere«, sagte McGovern. »Du hast verpasst, wie sie die volle reingebracht haben.«
Ein zweiter junger Mann, ebenfalls in einen Overall gekleidet, kam zur Eingangstür des kleinen Hauses heraus, das gelbe Farbe und dunkelrosa Verzierungen auf unschöne Weise miteinander verband. Er blieb einen Moment auf der Stufe stehen, Hand auf dem Türknauf, und sprach offenbar mit jemand im Inneren. Dann zog er die Tür zu und lief leichtfüßig den Fußweg entlang. Er kam gerade rechtzeitig, um seinem Kollegen zu helfen, den Wagen, auf dem noch die festgeschnallte Flasche lag, ins Heck des Kleinbusses zu heben.
»Sauerstoff?«, fragte Ralph.
McGovern nickte.
»Für Mrs. Locher?«
McGovern nickte wieder und sah zu, wie die Arbeiter von Medical Services die Tür des Kleinbusses zuschlugen und dann davor stehen blieben und sich im Dämmerlicht leise unterhielten. »Ich war in der Grundschule und der
Junior High mit May Locher zusammen. Drüben in Cardville, Heimat der Tapferen und Land der Kühe. Nur fünf von uns waren in der Abschlussklasse. Damals, in den alten Zeiten, galt sie als ein flotter Käfer, und Burschen wie mich nannte man ›ein klein wenig weibisch‹. In dieser amüsanten, alten Zeit nutze man den Ausdruck ›vom anderen Ufer‹ noch für Leute, die auf der anderen Flussseite wohnten.«
Ralph betrachtete nervös und befangen seine Hände. Er wusste selbstverständlich, dass McGovern homosexuell war, das wusste er schon seit Jahren, aber bis zum heutigen Abend hatte Bill es nie laut ausgesprochen. Er wünschte, er hätte es sich für einen anderen Tag aufgehoben … vorzugsweise einen, an dem Ralph selbst sich nicht fühlte, als wäre der größte Teil seines Gehirns durch Watte ersetzt worden.
»Das war vor schätzungsweise tausend Jahren«, sagte McGovern. »Wer hätte gedacht, dass wir einmal beide ans Ufer der Harris Avenue gespült werden würden.«
»Sie hat ein Emphysem, ist es nicht so? Habe ich jedenfalls gehört.«
»Jap. Eine dieser Krankheiten, von denen man immer etwas hat. Alt zu werden ist sicher nichts für Memmen, oder?«
»Ganz bestimmt nicht«, sagte Ralph, und dann erkannte sein Verstand die Wahrheit mit plötzlicher Wucht. Er dachte an Carolyn, an die Angst, die er verspürt hatte, als er in seinen durchnässten Converse-Turnschuhen ins Apartment geplatscht kam und sie halb in und halb außerhalb der Küche liegen sah … genau an der Stelle, wo er den größten Teil seines Gesprächs mit Helen
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