Schlag auf Schlag
Und ich kann dir sagen, die hat uns 'ne Stange Geld gekostet. Weißt du, Valerie schien 'ne sichere Geldanlage zu sein. Sie war erst sechzehn, als wir sie unter Vertrag genommen haben, und hatte schon das Finale bei den French Open erreicht. Außerdem sah sie gut aus, war eine typische Amerikanerin und alles, was sonst noch so dazugehört. Und sie war schon voll entwickelt. Keins von diesen niedlichen jungen Mädchen, die im Lauf der Jahre zu Bestien werden. Wie Capriati. Valerie war ein Schatz.« »Und was ist passiert?«
Ned Tunwell zuckte die Achseln. »Sie hatte einen Nervenzusammenbruch. Scheiße, das stand doch in allen Zeitungen.«
»Und warum hatte sie den?«
»Ach, weiß der Geier. Es gab jede Menge Gerüchte.«
»Zum Beispiel?«
Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. »Hab ich vergessen.«
»Hast du vergessen?«
»Hör zu, Myron, die meisten dachten, dass es ihr einfach zu viel war, weißt du? Der ganze Druck. Valerie ist damit einfach nicht fertig geworden. Schäften die meisten von diesen Kids nicht. Weißt du, die kriegen alles, werden in riesige Höhen katapultiert und plötzlich, puff, ist die Luft raus. Du kannst dir nicht vorstellen, wie das ist, wenn man alles so... ääh...« Ned stammelte noch etwas weiter und verstummte. Dann senkte er den Kopf. »Oh, Mann.«
Myron sagte nichts.
»Wie konnte ich das nur sagen, Myron. Ausgerechnet zu dir.«
»Vergiss es.«
»Nein. Also, hör zu, ich könnte jetzt so tun als war ich nicht voll ins Fettnäpfchen getreten, aber...«
Myron winkte ab. »Eine Knie Verletzung ist kein Nervenzusammenbruch, Ned.«
»Yeah, ich weiß, aber trotzdem ...« Er brach wieder ab. »Als die Celtics dich gedraftet haben, warst du da bei Nike unter Vertrag?«
»Nein. Converse.«
»Haben die dich fallen lassen? Ich meine, sofort?«
»Ich kann mich nicht beklagen.«
Esperanza öffnete ohne :u klopfen die Tür. Das war normal. Sie klopfte nie. Ned Tunwells Lächeln war sofort wieder zur Stelle. Der Mann kam schnell wieder auf die Beine. Er starrte Esperanza
an. Wohlwollend. Auch das war nicht ungewöhnlich für einen Mann.
»Kann ich dich einen Augenblick sprechen, Myron?«
Ned winkte. »Hi, Esperanza.«
Sie drehte sich um und sah direkt durch ihn durch. Eine ihrer vielen Begabungen.
Myron entschuldigte sich und folgte ihr aus dem Zimmer. Auf Esperanias Schreibtisch standen nur zwei Fotos - eins von ihrem Hund, einem hinreißenden, struppigen Köter namens Chloe, als Sieger in einer Hundeschau. Esperanza mochte Hunde schauen - ein Sport, in dem die Großstadtbevölkerung lateinamerikanischer Abstammung keine sehr bedeutende Rolle spielte, in dem sie sich jedoch gut zu behaupten schien. Auf dem anderen Foto rang Esperanza mit einer anderen Frau. Kein Streit, sondern ein ProfiKampf. Die hübsche, zierliche Esperanza hatte einmal unter dem Namen »Little Pocahontas, die indianische Prinzessin« als Profi- Catcherin gearbeitet. Drei Jahre lang war Little Pocahontas bei den Fafciulous Ladys of Wrestling, die allgemein unter ihrem Akronym FLOW bekannt waren, ein Liebling der Massen, gewesen. (Jemand hatte einmal vorgeschlagen, sie die Beautiful Ladys of Wrestling zu nennen, doch die Medien hatten Probleme mit der Abkürzung geltend gemacht und das alte »Fließen« dem »Blasen« vorgezogen.) Esperanzas Little Pocahontas war eine spärlich (meist mit einem Wildlfeder-Bikmi) bekleidete Sexbombe, die von den Fans angefeuert und mit lüsternen Blicken bedacht wurde, während sie es Woche für Woche mit riesigen, bösen, verschlagenen Widersacherinnen aufnahm. Manche behaupteten, es handele sich dabei um ein Moralstück. Eine Adaption des klassischen Kampfes des Guten gegen das Böse. Myron erinnerte es eher an einen Frauenknast- Film. Esperanza spielte die hübsche, naive Insassin von Zellenblock C. Ihre Gegnerin war Olga, die sadistische Gefängnis Wärterin.
»Duane ist am Apparat«, sagte Esperanza.
Myron nahm das Gespräch an ihrem Schreibtisch entgegen. »Hey, Duane. Was liegt an?«
Er antwortete unverzüglich. »Komm her, Mann, Sofort.« »Was ist los?«
»Die Cops trampeln mir auf den Zehen mm. Sie fragen alles Mögliche.« »Worüber?«
»Das Mädel, das heute erschossen worden ist. Sie glauben, ich hab was damit zu tun.«
3
»Gib mir mal den Polizisten«, sagte Myron.
Er hörte eine andere Stimme. »Mordkommission, Detective Roland Dimonte«, bellte die Stimme in reinstem, ungeduldigem Polizistenton. »Wer zum Henker ist da?«
»Ich heiße Myron
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