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Schlagmann

Schlagmann

Titel: Schlagmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evi Simeoni
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ging hinter die Hecke. Auf der Wiese lagen Bonbonpapierchen und eine herrenlose Colaflasche. Da lagen gemähte Grasreste und trockneten vor sich hin. Da lag ein abgebrochener Plastikrechen aus der Sandkiste. Da lag ein olivgrüner Bundeswehr-Matchsack neben einem blauen Handtuch. Und darauf lag Arne. Er hatte sich auf dem Rücken ausgestreckt und die Augen geschlossen. Ich sah ihn an und lachte.
    »Hallo, du? Was für ein Zufall.«
    Er schrak zusammen, öffnete die Augen und setzte sich ruckartig auf. Neben seiner linken Hand entdeckte ich das blinkende Feuerzeug.
    »Hallo«, sagte ich noch einmal.
    Arne blinzelte verwirrt. Er schien mich nicht zu erkennen. Plötzlich kam mir mein Bikini viel zu knapp vor, und ich verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Erinnerst du dich an mich? Du hattest eine Fahrradpanne.«
    Er sagte immer noch nichts.
    Ich zeigte mit dem Finger auf das Feuerzeug, bückte mich und hob es auf.
    »Ich hatte gehofft, du hättest Feuer gefangen«, sagte ich und kicherte über meinen plumpen Witz. So linkisch war ich sonst nicht, aber er brachte mich aus dem Konzept.
    Schließlich räusperte er sich und fragte: »Wie meinst du das?«
    »Ich meine, du könntest auf die andere Seite der Hecke kommen und dich zu mir setzen. Dein Name war Arne, richtig?«
    Er hatte nur ein paar weißblonde Haare unter den Achseln und einen kleinen struppigen Flecken auf der Brust. Ich glaubte schon jetzt zu wissen, wie er dort roch.
    Jetzt hoffte ich, dass er nicht in der Lage war, meinen Blick richtig zu deuten. Er wirkte so unbeholfen, genau wie beim ersten Mal, und ich beschloss, behutsam zu sein. Ich spürte den Impuls, ihm dabei zu helfen, mich ein bisschen anzumachen. Am liebsten hätte ich ihm Tipps gegeben. Schau, hätte ich dann ich zu ihm gesagt, es ist doch ganz einfach. Alle Türen sind bereits offen. Du musst nur den Mut haben, hindurchzugehen. Du siehst super aus. Also benimm dich auch so. Steh jetzt endlich auf von deinem dämlichen blauen Handtuch, beuge dich freundlich zu mir hinab und sieh mir einmal ganz gerade in dieAugen. Frag mich, ob ich öfter im Schwimmbad bin und warum wir uns trotzdem noch nicht hier getroffen haben. Und sag dann mit anzüglichem Grinsen, dass wir die Zukunft ja noch vor uns haben. Oder frage, was ich da für ein schickes Feuerzeug habe und kritisiere mich, weil Rauchen ungesund sei und für dich als Sportler unmöglich zu akzeptieren. Sag, dass du gehofft hättest, mich wiederzusehen und dass du mich diesmal nicht wieder aus den Augen verlieren wolltest. Oder wollte er das alles gar nicht? Wollte nur ich es?
    »Ich habe gehofft, dich wiederzusehen«, sagte ich stattdessen selbst. »Ich könnte auch zu dir herüberkommen.«
    Er blieb liegen. »Wenn du meinst. Gut.«
    Ich neige nicht zum Aufgeben, also reichte mir das »gut«. Ich ging, holte meine Sachen und breitete mein Handtuch neben ihm aus. Er sagte nichts. In seiner leicht gekrümmten Liegehaltung schien er sich nicht einmal mehr zu bewegen.
    Ich sagte: »Hej.«
    Er schwieg.
    Ich legte mich in etwa einem Meter Abstand neben ihn.
    Er reagierte nicht.
    Wir lagen eine kleine Ewigkeit so da. Zwischendurch cremte ich mich mit Sonnenmilch ein, aber er starrte die Bäume an. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte und kam mir von Minute zu Minute aufdringlicher vor. Es ärgerte mich, dass ich plötzlich so unattraktiv geworden sein sollte. Gefiel ich ihm denn nicht?
    Dann zogen Wolken auf. Erste Windstöße kündigten ein Gewitter an.
    »Und?«, fragte ich. »Wohin gehst du jetzt?«
    Endlich bewegte er sich. Er drehte sich sogar in meine Richtung, stützte den rechten Ellbogen auf und legte sein Ohr in seine Hand, hinter seinem Kopf sah ich die dunkelgrauen Wolken aufsteigen.
    »Zum Training«, sagte er.
    »Und danach?«
    »Nach Hause.«
    Ich entschied mich für einen letzten Versuch.
    »Wir könnten uns heute Abend treffen. Es gibt einen neuen Biergarten nicht weit von deiner Wohnung.«
    Er blinzelte mich an.
    »Na gut«, sagte er, stand auf, kratzte seinen Bauch und schaute verlegen grinsend zu mir herunter. »Lütt Deern.«
    Er holte ein zerknittertes T-Shirt und eine kurze Sporthose aus seinem Matchsack, rollte sein Handtuch ein und stopfte es hinein. Dann zog er sich eilig an.
    »Um wie viel Uhr?«, fragte ich.
    »Acht«, murmelte er.
    »Ich hol dich ab. Welche Hausnummer war das?«
    »Dreißig.«
    Er lief los, ohne sich noch einmal umzudrehen. Ich sah ihm hinterher und dachte: Ganz perfekt ist er doch nicht. Seine Waden

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