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Schlagmann

Schlagmann

Titel: Schlagmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evi Simeoni
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Ehrungen und in Fernsehkulissen drückte ihnen jemand Bier und Sekt in die Hand, und Fans ließen sich mit ihnen fotografieren. Sie feierten und lächelten wie acht gutgebaute Partylöwen und genossen die Welt, die sie gerade erst erobert hatten. Sie waren so jung und smart und präsentabel. Sie waren der »Deutschlandachter«. Doch wenn man die Leute auf der Straße nach ihren acht Namen gefragt hätte, wären wohl nur spärliche Antworten gekommen. Selbst die meisten Sportreporter hätten sie wohl kaum gewusst. Nur einen kannten alle: den Schlagmann Arne Hansen. Den Chef der Truppe, den breitschultrigen, semmelblonden Athleten aus dem Norden. Wenn die Mannschaft eine Bühne betrat, waren die Blicke auf ihn gerichtet.
    Ich war ein paar Mal dabei, und erlebte, wie er sich manchmal anstellte. Er schirmte seine Augen mit den Händen gegen das Rampenlicht ab. Dann wieder versuchte er, sich hinter den anderen zu verstecken. Doch irgendwann hielt ihm doch wieder jemand ein Mikrofon hin, und er musste sprechen. Seine kurzen Antworten wurden zum Running Gag. Wann immer es passte, sagte er nur: »Ja, nech?«
    Arne war eben ein eigenwilliger Typ. Er passte sich nicht an. Die Mädchen fanden seine Schüchternheit süß. Und die sieben anderen Olympiasieger hatten einen Heidenrespekt vor ihm. Seinen Eigenwilligkeiten verdankten sie ihren Ruhm. Er war der Stärkste und musste sich von niemandem sagen lassen, wie er sich zu verhalten hätte. Sie wussten: Um so erfolgreich zu sein wie Hansen, musste man so sein wie er.

ANJA,
    Zusammenfassung einer Tonbandaufzeichnung, Montag, 14. April 2008
    Der große Kleiderschrank blieb bis auf weiteres zu. Es war ganz offensichtlich, dass ich ihn mit meinen Kostümierungen nicht beeindrucken konnte. Ich hatte keine Ahnung, worauf Arne stand. Ich wusste nur, dass ich etwas unternehmen musste, sonst würde er wieder aus meinem Leben verschwinden. Aber was?
    Ich fing schon an, mich nach den hiesigen Rudervereinen zu erkundigen, als ich ihn durch Zufall im Schwimmbad wiedersah. Es war ein extrem heißer Sommer, und ich traf mich wochenlang fast jeden Nachmittag dort mit ein paar Kommilitonen. Wir hatten eine feste Ecke hinter einer hüfthohen Buchsbaumhecke, auf der man praktischerweise die nassen Badeanzüge zum Trocknen auslegen konnte. Dahinter rauchten wir heimlich Zigaretten, denn das war auf der Wiese verboten. Eigenartige Vorstellung, dass ich einmal geraucht habe. Rauchen gehörte damals dazu, obwohl es mir nie wirklich geschmeckt hat. Damals benutzte noch jeder dieses aromatische Sonnenöl, das dem Freibad seinen typischen Geruch verlieh, ein bisschen fruchtig und ein bisschen chemisch und überhaupt nach Ferien. Dazu der Lärm der tobenden Kinder, das Aufrauschen und Zurückplatschen des Wassers, wenn jemand hineinsprang. Die selbst aufgenommene Musik aus den Kassettenrecordern. Die Selbstvergessenheit, mit der wir damals im Wasser herumpaddelten und uns Bälle zuwarfen. Wie wir uns die Nase zuhielten und untertauchten und Handstand machten und auf den Schultern von irgendeinem Kerl saßen, mit einer Mischung aus Verwunderung und Abenteuerlust, einer herrlichen Gefühlsmischung.
    Der Sommer roch nach Vorfreude.
    Ich dachte: Jetzt wird bald etwas ganz Entscheidendes mit mir passieren. Nicht mehr lange, und die Zukunft wird sich vor mir auftun. Endlich fühlte ich mich in der Lage, mich zu verlieben.
    Ich trug einen schwarzen Bikini. Winzig. Ich war jung und schlank und stolz auf meine tadellose Figur und ich registrierte, wie die Jungs mich ansahen. Und ich dachte, wenn er doch nur hier wäre. Stundenlang lag ich auf dem Handtuch, schloss die Augen halb und genoss den Strahlenkranz, den die Sonne rings um meine Wimpern produzierte. Ein langhaariger Kunststudent namens Daniel kam plötzlich angerannt, er troff vor Nässe, stellte sich neben mich und schüttelte wie ein irre gewordener Rockmusikfan seinen Kopf. Die kalten Tropfen regneten auf meine sonnenwarme Haut hinab, ich richtete mich wütend auf, griff nach dem nächstbesten Gegenstand und bewarf ihn damit. Es war das goldene Feuerzeug meines Vaters, das ich manchmal mitnahm, weil ich es schick fand. Daniel wich aus, ich sah das Feuerzeug durch die Luft fliegen, weiterfliegen, hinter die Buchsbaumhecke fliegen – dann war es weg.
    Ich schrie ihn an: »Du Blödmann!«
    Daniel lachte nur. Er hüpfte mit kindischen Bewegungen auf einem Bein davon.
    Es blieb mir nichts anderes übrig, als aufzustehen und nach dem Ding zu suchen. Ich

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