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Schlagmann

Schlagmann

Titel: Schlagmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evi Simeoni
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kann?«
    Bei der Pizzeria handelte es sich eher um einen Imbiss als um ein Restaurant. Wir saßen einander gegenüber auf festgeschraubten Hockern an einem hohen weißen Sperrholztisch. Ich hatte eine Pizza mit Salami bestellt und eine Cola bereits vor mir stehen. Die Preisliste hing an der Wand.
    »Und du?«
    Arne sagte nichts, hob seinen Rucksack auf, öffnete den Reißverschluss und brachte eine Literflasche Cola zum Vorschein. Aus einem Papier wickelte er ein doppeltes Vollkornbrot, mit Schweizer Käse belegt.
    »Ich habe alles mit.«
    Arne biss in sein Brot, kaute und öffnete die zischende Flasche, die Cola darin musste warm sein.
    »Man bringt doch in eine Gaststätte nicht sein eigenes Zeug mit«, sagte ich.
    Arne kaute weiter, schluckte, fragte:
    »Wieso?«
    Ich schwieg.
    Er schwieg auch, aß und trank weiter und schaute mir anschließend zu, wie ich meine Pizza in dreieckige Stücke schnitt und verspeiste. Ich bot ihm sogar mit einer Geste ein Stück an, doch er schüttelte den Kopf. Es war ganz schön langweilig. Ich schaute durch die Glastür hinaus auf die Straße, wo manchmal Leute vorbeikamen. Der Kühlschrank hinter der Theke brummte, ein Deckenventilator rauschte. Von Zeit zu Zeit kamen Kunden, die meisten holten sich Pizza oder Salat zum Mitnehmen, warteten eine Weile auf den Hockern und waren dann schnell wieder weg. Luigi, der Mann hinter der Theke, blickteverwundert zu uns herüber. Arne blieb völlig gleichmütig. Zum Schluss tupfte er mit den Fingern Vollkornbrotkrümel auf und schob sie sich in den Mund.
    Ich weiß nicht mehr, wie lange wir stumm dagesessen haben, sicherlich eine halbe Stunde. Jedenfalls hatte ich keine Lust, bei diesem ersten Treffen den Entertainer zu spielen. Ich hätte die Stille noch viel länger durchgehalten, doch dann kam ein Mädchen herein, das ich flüchtig von der Uni kannte. Nichts Besonderes, aber nett. Vielleicht ein bisschen forsch. Sie begrüßte mich mit Küsschen auf die Wangen und wollte bei Arne gleich weitermachen, doch der wandte sein Gesicht ab. Er stand auf und griff nach seinem Rucksack.
    »Wohin des Wegs?«, fragte ich ihn.
    Er setzte sich noch einmal, schaute auf die Preisliste an der Wand, als wäre dort sein Text verborgen, und sagte:
    »Ich will Olympiasieger werden.«
    Ich gähnte und sagte:
    »Ich auch.«

ANJA,
    Zusammenfassung einer Tonbandaufzeichnung, Montag, 9. Juni 2008
    Kaum hatte ich meine Frage gestellt, machte sie sich selbständig. Ali schaute mich verdutzt an und schien nicht auf Anhieb verstanden zu haben, was ich meinte. Sollte das heißen, Arne kontrollierte sein Essen nicht, weil er musste, sondern weil er wollte? Ein bisschen kam es mir wie Verrat vor, dass ich Arnes Trainingspartner auf dem Parkplatz am Stützpunkt abgepasst hatte, um ihn über meinen Freund auszufragen.
    Meinen »Freund«. Dieser Begriff kann viele Bedeutungen haben. Wir sagten damals noch, dass ein Mädchen und ein Kerl »miteinander gehen«. Und der »Freund« war im Zweifelsfall der Typ, mit dem man herumhing und schlief – und öffentlich Händchen hielt, wenn es sich nicht gerade um einen wie Arne handelte. Er sagte nie: »Hallo, darf ich euch meine Freundin vorstellen?« Er stellte mich nicht vor. Mit der Zeit gab er mir zumindest das Gefühl, dass er mich in die Sammlung seiner Lieblingsgegenstände eingereiht hatte. Zu seiner Jacke, seinem Rucksack und seinem Lederarmband. Genau wie diese legte er auch mich vor dem Schlafengehen meistens ab.
    Das war neu für mich. Ich legte mich mit einem Mann ins Bett – und der fasste mich nicht an. Meistens trug er ein T-Shirt und Boxershorts, wenn er sich in seine Decke rollte. Ich lag daneben und zerbrach mir den Kopf, wie ich ihn auf mich aufmerksam machen sollte.
    Eines Abends kamen wir – wieder einmal – vom Kino zurück, wir hatten einen witzigen Film mit Eddie Murphy gesehen, und ich hätte gerne noch irgendwo ein Bier getrunken, aber Arne sagte, er müsse am nächsten Morgen früh raus. Ich dachte,das sei nun endlich einmal ein Vorwand, um mich schneller ins Bett zu kriegen, lachte und ging mit ihm, obwohl es gerade mal halb zehn war. Er schloss schweigend die Tür auf und ging sofort ins Bad, um seine Zähne zu putzen.
    Ich blieb wartend unter seiner Drahtgarderobe stehen. Vom Bad ging Arne direkt ins Schlafzimmer und legte sich hin. Ich stand immer noch da wie ein vergessener Schirm, als ich hörte, wie er die Nachttischlampe ausknipste. Nach einer Weile zog ich mich aus und legte mich zu ihm. Als

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