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Schlagschatten

Schlagschatten

Titel: Schlagschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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dass er nicht weiß, ob er den Kopf tiefer senken und sein Gesicht verbergen oder aufstehen und die Frau grüßen soll, die, wie er nun – mit einer Eindeutigkeit, die so plötzlich und unwiderruflich ist wie das Zuschlagen einer Tür – versteht, nie seine Frau sein wird. Es zeigt sich, dass er keines von beidem fertig bringt – zuerst duckt er den Kopf, aber eine Sekunde später will er, dass sie ihn erkennt, und als er sieht, dass sie ihn nicht erkennen wird, weil sie so sehr den Worten ihres Begleiters lauscht, steht Blue mit einem Ruck vom Pflaster auf, als die beiden nur noch zwei Meter von ihm entfernt sind. Es ist, als hätte plötzlich ein Geist vor ihr Gestalt angenommen, und die ehemalige zukünftige Mrs. Blue stößt einen kleinen Schrei aus, bevor sie überhaupt erkennt, wer der Geist ist. Blue sagt ihren Namen mit einer Stimme, die ihm fremd vorkommt, und sie bleibt wie erstarrt stehen. Der Schock steht ihr ins Gesicht geschrieben, bevor sie eine jähe Wut erfasst.
    Du!, sagt sie zu ihm. Du!
    Bevor er Gelegenheit hat, etwas zu sagen, macht sie sich vom Arm ihres Begleiters frei und schlägt mit den Fäusten auf Blues Brust, sie schreit ihn an wie eine Verrückte und wirft ihm ein gemeines Verbrechen nach dem anderen vor. Blue kann nichts anderes tun, als immer wieder ihren Namen zu wiederholen, so als versuchte er verzweifelt, zwischen der Frau, die er liebt, und dem wilden Tier, das ihn nun angreift, zu unterscheiden. Er fühlt sich völlig wehrlos, und während er weiter attackiert wird, beginnt er, jeden neuen Hieb als gerechte Strafe für sein Verhalten willkommen zu heißen. Der andere Mann macht dem Ganzen jedoch bald ein Ende. Obwohl Blue versucht ist, ihm einen Schlag zu versetzen, ist er zu überrascht, um schnell genug zu handeln, und ehe er es sich versieht, hat der Mann die weinende ehemalige zukünftige Mrs. Blue schon die Straße hinauf und um die Ecke geführt, und das ist das Ende.
    Diese kurze, so unerwartete und niederschmetternde Szene bringt Blue völlig durcheinander. Als er endlich seine Fassung wiedergewinnt und imstande ist, nach Hause zurückzukehren, erkennt er, dass er sein Leben weggeworfen hat. Es ist nicht ihre Schuld, sagt er sich; er will ihr Vorwürfe machen, aber er weiß, dass er es nicht kann. Sie musste ihn für tot gehalten haben, und wie kann er ihr verübeln, dass sie leben will? Blue spürt, wie ihm die Tränen in die Augen steigen, aber stärker als Kummer empfindet er Zorn auf sich selbst, weil er so ein Narr war. Was immer für eine Chance er hatte, glücklich zu sein, er hat sie vertan, und wenn das der Fall ist, wäre es nicht falsch zu sagen, dass dies wirklich der Anfang vom Ende ist.
    Blue kehrt zurück in sein Zimmer in der Orange Street, legt sich auf sein Bett und versucht, die Möglichkeiten abzuwägen. Schließlich dreht er sich mit dem Gesicht zur Wand, und sein Blick fällt auf die Fotografie des Leichenbeschauers aus Philadelphia, Gold. Er denkt an die traurige Leere des ungelösten Falles, an das Kind, das ohne Namen in seinem Grab liegt, und während er die Totenmaske des kleinen Jungen studiert, beginnt er, eine Idee in seinem Kopf hin und her zu wälzen. Vielleicht gibt es doch einen Weg, näher an Black heranzukommen, ohne dass er sich selbst dabei verraten muss. Gott weiß, es muss ihn geben. Maßnahmen, die ergriffen, Pläne, die ausgeführt werden können – vielleicht zwei oder drei gleichzeitig. Kümmere dich nicht um das Übrige, sagt er sich. Es ist Zeit, die Seite umzublättern.
    Sein nächster Bericht ist übermorgen fällig, und er macht sich daran, um ihn rechtzeitig abschicken zu können. In den letzten Monaten sind seine Berichte äußerst rätselhaft gewesen, nicht mehr als ein oder zwei Absätze lang, das bloße Gerüst und sonst nichts, und diesmal weicht er nicht von dem Schema ab. Unten auf der Seite fügt er jedoch eine dunkle Bemerkung hinzu, als eine Art Test, in der Hoffnung, aus White etwas mehr als Schweigen herauszulocken: Black scheint krank zu sein. Ich fürchte, er könnte sterben. Dann steckt er den Bericht in den Umschlag und sagt sich, dass dies erst der Anfang ist.
    Zwei Tage später eilt Blue früh am Morgen zum Postamt Brooklyn, einem schlossähnlichen Gebäude in der Nähe der Manhattan-Brücke. Alle seine Berichte waren an das Schließfach eintausendeins adressiert, und er geht nun wie zufällig darauf zu, schlendert daran vorbei und wirft einen unauffälligen Blick hinein, um zu sehen, ob der Bericht

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