Schlamm, Schweiß und Tränen
der noch sechs Geschwister hatte.
Nevilles Vater Lionel war „Dean of York" - Dekan der Kathedrale von York Minster, der größten mittelalterlichen Kirche Englands - und Rektor der Harrow School, einer der bekanntesten Public Schools' für Jungen. Sein Bruder Richard - er war ein großes sportliches Ausnahmetalent und besuchte das Eton College - war ganz plötzlich und unerwartet einen Tag vor seinem 17. Geburtstag verstorben. Christopher, ein anderer Bruder von Neville, fiel auf tragische Weise während des Zweiten Weltkriegs in Anzio.
Doch Neville überlebte und er war sehr erfolgreich.
Er besuchte das Oriel College in Oxford, wo er zum attraktivsten Studenten gekürt wurde. Aber Neville sah nicht nur sehr gut aus, sondern er war auch ein fantastischer Sportler. Er spielte Cricket in der Profiliga der Grafschaft und die Presse feierte ihn als großartigen „Sechserschläger", da er aufgrund seiner Größe von 1,90 Meter und seiner kräftigen Statur Spieldurchgänge mit den höchsten Punktzahlen erzielte.
Dann heiratete er Patsie, die Liebe seines Lebens, denn ihr allein gehörte sein ganzes Herz.
Mit seiner frischgebackenen Ehefrau bezog er in der Grafschaft Cheshire ein Häuschen auf dem Land und war der glücklichste Mann der Welt. Er nahm eine Stelle in der Papierfabrik Wiggins Teape an und gründete mit Patsie in dieser ländlichen Idylle eine kleine Familie.
Was Neville jedoch beunruhigte war, dass Patsie sich in aller Öffentlichkeit dazu bekannt hatte, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten. Er wusste, dass sich durch diese Entscheidung das Leben der ganzen Familie dramatisch verändern würde. Aber dennoch gab er seine Zustimmung.
Doch der Glamourfaktor von Westminster war nicht nur für eine junge Ehefrau sehr berauschend, sondern auch in den Korridoren des Parlamentsgebäudes war man(n) in gleicher Weise berauscht von Patsies Intelligenz und Schönheit.
Neville saß im gemeinsamen Zuhause in Cheshire und wartete geduldig. Doch vergebens.
Es dauerte nicht lange, bis Patsie eine Liebschaft mit einem Parlamentsabgeordneten anfing. Der Abgeordnete versprach ihr, dass er
seine Frau verlassen würde, wenn sie sich von Neville trennte. Das war
eine typische Floskel, nichts weiter als ein leeres Versprechen. Doch zu
diesem Zeitpunkt war die junge Patsie schon tief in den gefährlichen
Strudel der Macht geraten. Sie beschloss, Neville zu verlassen.
Es war eine Entscheidung, die sie bis zu ihrem Lebensende tief bereut hat.
Natürlich hat dieser Parlamentsabgeordnete seine Frau nie verlassen. Doch nun, da Patsie alle Brücken hinter sich abgebrochen hatte,
musste ihr Leben ja schließlich weitergehen.
Doch unsere Familie litt sehr unter der Trennung; für Nevilles
und Patsies zwei junge Töchter (für Sally, meine Mutter, und ihre
Schwester Mary-Rose) war es eine Katastrophe, die ihre Welt ins
Wanken brachte.
Für Neville war es eine entsetzliche Tragödie.
Es dauerte nicht lange, da machte Nigel Fisher, ein anderer Politiker, Patsie den Hof und dieses Mal heiratete sie ihren Verehrer. Doch
schon zu Beginn ihrer Ehe ging Patsies Ehemann Nigel fremd.
Sie blieb jedoch bei ihm und ertrug den Kummer in der vagen
Überzeugung, dass dies wohl Gottes Strafe dafür war, dass sie Neville
- den einzigen Mann, der sie stets aufrichtig geliebt hat - verlassen
hatte.
Patsie zog Sally und Mary-Rose groß und hat in ihrem weiteren
Leben sehr viel geleistet und erreicht, darunter unter anderem die
Gründung einer der erfolgreichsten karitativen Einrichtungen in
Nordirland - den Women Caring Trust, der auch heute noch (unter
dem Namen Hope for Youth Northern Ireland, Anm. d. Übers.) mithilfe spendenfinanzierter Projekte, zum Beispiel mit Musik- und
Kunstworkshops oder Berg- und Wandertouren, ein friedliches und
kreatives Miteinander zwischen Katholiken und Protestanten in der
konfliktgebeutelten nordirischen Gesellschaft unterstützt. (Wandern
und Bergsteigen lag unserer Familie ja schon immer im Blut!)
Oma Patsie wurde von vielen geliebt und sie verfügte über jene
Charakterstärken, die schon ihr Vater und ihr Großvater besaßen. Allerdings hat sie die Scheidung von Neville in jungen Jahren zeitlebens
bereut und hat diesen Schmerz nie überwunden.
Als meine Schwester Lara zur Welt kam, hat sie ihr einen sehr bewegenden, gleichzeitig aber auch sehr schönen Brief über das Leben
geschrieben, der mit folgenden Worten endete:
Genieße und schätze die Augenblicke purer
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