Schlangen im Paradies
einschlägigen Zeitschrift erscheinen. Filme von Ihnen hat er doch nicht gedreht, oder?»
«Nein, ich glaub’s wenigstens nicht.»
«Immerhin etwas. Von jetzt ab manage ich Sie und buche Ihre Termine.»
Betäubt verabschiedeten sie sich. Leila hatte für den nächsten Tag mehrere Termine in einem Schönheitssalon. Danach war sie mit der Frau von der Agentur beim Fotografen verabredet.
«Nennen Sie mich Min», hatte die Frau gesagt. «Und machen Sie sich keine Gedanken wegen der Kleider. Ich bringe alles mit, was Sie brauchen.»
Elizabeth war so glücklich, daß sie wie auf Wolken schwebte, Leila dagegen blieb auffallend still. Sie gingen die Madison Avenue hinunter. Gutangezogene Menschen hasteten vorüber; die Sonne schien hell; fast an jeder Ecke gab es Stände, an denen Hot dogs oder Salzbrezeln feilgeboten wurden; Autos und Busse hupten sich gegenseitig an; die meisten Fußgänger schlängelten sich durch das Verkehrsgewühl, ohne sich um die roten Ampeln zu kümmern. Elizabeth fühlte sich glücklich und zu Hause. «Mir gefällt’s hier», erklärte sie.
«Mir auch, Spatz. Und du hast mir den Tag gerettet. Ich weiß wahrhaftig nicht, wer von uns auf wen aufpaßt. Und Min ist ein prima Kerl. Aber eins haben sie mir endgültig beigebracht, Spatz – mein Widerling von Vater, das Pack, mit dem sich Ma-ma eingelassen hat, oder dieser Lump gestern: Nie wieder trau ich einem Mann über den Weg.»
2
Elizabeth schlug die Augen auf. Der Wagen glitt geräuschlos am Pebble Beach Goldin Club vorbei über die mit Bäumen gesäum-te Straße, von der man hinter Hecken aus Bougainvillea und Azaleen die Landhäuser sehen konnte. Er drosselte das Tempo, als er eine Kurve nahm und der Baum, dem Cypress Point Spa seinen Namen verdankte, ins Blickfeld kam.
Schlaftrunken strich sie sich das Haar aus der Stirn und sah sich um. Neben ihr lächelte Alvirah Meehan verklärt. «Sie müssen fix und fertig sein, Kindchen», sagte sie. «Sie haben praktisch die ganze Strecke verschlafen.» Sie schaute hinaus und schüttelte den Kopf. «Ist das ’ne Wucht!» Der Wagen fuhr durch den prachtvollen schmiedeeisernen Toreingang zum Hauptgebäude hinauf, einer weiträumigen, dreistöckigen elfenbeinfarben verputzten Villa mit hellblauen Fensterläden. Mehrere Schwimmbecken waren über das Gelände verteilt, jeweils in Reichweite der verschiedenen Bungalow-Gruppen. Am Nordende des Grundstücks befand sich eine Terrasse, davor ein fünfzig Meter langes Schwimmbecken, das an beiden Seiten von Tischen mit Sonnenschirmen flankiert wurde. Dahinter erhoben sich zweistöckige, lavendelfarben gestrichene Zwillingsbauten.
«Das sind die Kurzentren für Männer und Frauen», erklärte Elizabeth.
Die rechts vom Hauptgebäude gelegene Klinik war dessen verkleinertes Ebenbild. Eine Reihe von mit hohen, blühenden Hecken gesäumten Wegen führte zu verschiedenen Eingängen, durch die man in die Behandlungsräume gelangte. Diese waren jeweils so weit voneinander entfernt, daß die Gäste nicht zu-sammentrafen.
Als die Auffahrt eine Biegung machte, beugte sich Elizabeth schwer atmend vor. Zwischen Haupthaus und Klinik war ein eûtes Stück weiter hinten ein riesiger Neubau zu sehen, dessen durch wuchtige Säulen akzentuierte schwarze Marmorfassade an einen drohend aufragenden Vulkan erinnerte, der jeden Augenblick ausbrechen konnte. Oder an ein Mausoleum, dachte Elizabeth.
«Was ist denn das?» erkundigte sich Alvirah Meehan.
«Die Kopie eines römischen Bades. Als ich vor zwei Jahren hier war, wurde gerade der Grund ausgehoben. Ist es schon er-
öffnet, Jason?»
«Noch nicht fertig, Miss Lange. Die bauen endlos weiter.»
Leila hatte sich unverhohlen lustig gemacht über dieses Projekt. «Wieder so eins von Helmuts bombastischen Hirngespin-sten, um Min ihr Geld abzuknöpfen», lautete ihr Kommentar.
«Der ist doch erst glücklich, wenn Mins Bankrott amtlich besiegelt wird.»
Der Wagen hielt vor der Treppe des Haupthauses. Jason war mit einem Satz draußen und riß die Tür auf. Alvirah Meehan zwäng-te sich wieder in ihre Schuhe und wuchtete sich aus den Pol-stern. «Vom Fußboden kommt man auch nicht schwerer hoch», meinte sie. «Sehen Sie mal, da ist ja Mrs. von Schreiber. Ich kenn sie von Fotos. Soll ich sie mit Baronin anreden?»
Elizabeth antwortete nicht. Sie streckte die Arme aus, als Min rasch, aber dennoch würdevoll die Verandastufen hinabkam.
Leila hatte diese unnachahmliche Bewegungstechnik immer mit der Queen Elizabeth
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